§ 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB: Kein Kraftfahrzeug

31. Mai 2025

5 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T nimmt im Zuge eines e-Bike-Festivals an einem Rennen teil, das mit handelsüblichen Pedelecs ausgetragen wird. Die dafür nötigen Straßen hat der Veranstalter gesperrt.

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Einordnung des Falls

§ 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB: Kein Kraftfahrzeug

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Rennen fand im „öffentlichen Straßenverkehr“ statt (§ 315d Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Der Täter muss die Tat im öffentlichen Straßenverkehr begehen. An der Öffentlichkeit fehlt es, wenn die betroffene Verkehrsfläche lediglich einem engen, genau umschriebenen Personenkreis offensteht, indem mit einer eindeutigen, äußerlich manifestierten Handlung des Verfügungsberechtigten unmissverständlich erkennbar ist, dass ein öffentlicher Verkehr nicht (mehr) geduldet wird. Eine der Allgemeinheit gewidmete Straße bleibt jedoch auch dann öffentlich, wenn sie vom Veranstalter oder den Teilnehmern eines Rennens gesperrt wird. Der Veranstalter hat zwar die für das Rennen nötigen Straßen gesperrt. Da diese jedoch der Allgemeinheit gewidmet sind, bleiben sie trotz Sperrung öffentlich. Der Öffentlichkeit ist genügt.
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2. T hat an einem „Kraftfahrzeugrennen“ teilgenommen (§ 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Erforderlich für § 315d Abs. 1 StGB sind Kraftfahrzeuge. Dies sind mit Maschinenkraft angetriebene, zur Beförderung von Personen im Straßenverkehr geeignete Fortbewegungsmittel. Die Antriebsart (Benzin, Gas, Batterie) ist ohne Belang. Ein Pedelec ist ein Fahrrad mit elektrischer Tretunterstützung, wobei der Motor bei maximal 25 km/h abschaltet. Da § 315d StGB auf den tradierten Begriff des Kraftfahrzeuges rekurriert, bleibt ein Rückgriff auf § 1 Abs. 3 StVG erlaubt. Deshalb werden Pedelecs nach h.M. - aufgrund der „führenden“ Muskelkraft - nicht den Kraftfahrzeugen, sondern den Fahrrädern zugeordnet. Radrennen wurden jedoch bewusst ausgeklammert. T nutzt ein Pedelec. Er hat somit nicht an einem Kraftfahrzeugrennen teilgenommen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ISA

isa_hh

26.4.2023, 17:50:08

Ich verstehe in der Erklärung nicht ganz, wieso genau der Rückgriff auf § 1 Abs. 3 StVG möglich ist.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

27.4.2023, 13:25:58

Hallo , danke für deine Frage. In § 1 Abs. 3 StVG findet sich eine Legaldefinition für Kraft

fahrzeug

e. Diese wäre grundsätzlich nicht auf andere Gesetze anzuwenden, wenn diese nicht selber Bezug darauf nehmen. Durch die Wortwahl und die althergebrachte Konnotation wird der § 315 d StGB so gelesen, dass er ein Kraft

fahrzeug

im Sinne des § 1 Abs. 3 StVG meint. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Kind als Schaden

Kind als Schaden

13.11.2023, 15:56:12

Bedeutet das nicht auch, dass jede Rallye (die regelmäßig auf öffentlichen Straßen stattfindet) unter den Tatbestand fallen? Ist im Fällen des erlaubten Motorsports die "Einwilligung" der Gemeinde dann auf Rechtfertigungsebene zu prüfen?

Kind als Schaden

Kind als Schaden

13.11.2023, 16:07:42

*sry, sehe gerade, dass der Gesetzgeber ja "nicht erlaubt" in § 315d hineingeschrieben hat. Wobei es mich natürlich nach wie vor nicht überzeugt, dass ein vollständig abgesperrtes Stück Asphalt als "Straßenverkehr" gilt, aber ein LKW Rastplatz auf dem eine klapprige Schranke den Eingang "sperrt" nicht mehr tatbestandlich erfasst sein soll :D

Sege

Sege

22.5.2025, 15:17:38

Die Begründung, dass trotz der Sperrung noch der öffentliche Straßenverkehr vorliegt halte ich für nicht ausreichend. Wenn die Straßen extra für ein Rennen abgesperrt werden, in der Regel auch mit Genehmigung der zuständigen

Behörde

, ist die Straße ja offensichtlich für diesen Zeitraum nicht mehr für den öffentlichen Straßenverkehr zugänglich. Man kann meiner Meinung nach durchaus sagen, dass hier eine (temporäre) Entwidmung vorliegt. Ich meine mich erinnern zu können, dass tagsüber öffentlich zugängliche Betriebsparkplätze nach Betriebsschluss und Absperrung auch nicht mehr zum öffentlichen Straßenverkehr zählen.

Schutzzweck

des § 315d ist ja auch der öffentliche Straßenverkehr und nicht die spezielle Straße. Wenn also durch Absperrungen der Zugang für Veranstaltungs

fremd

e verhindert wird, verstehe ich nicht, wie man die Straße trotzdem als schutzwürdigen Bereich i.S.d. § 315d ansehen kann. Ginge man trotzdem von einem öffentlichen Straßenverkehr aus, stellt sich mir die Frage, wie dann damit umgegangen wird, dass sich bei einem Kfz-Rennen alle Rennfahrer höchstwahrscheinlich im Laufe des Rennens mindestens einmal nach § 315d I Nr. 3 strafbar machen würden. Scheitert es dann an der groben Verkehrswidrigkeit oder

Rücksichtslos

igkeit?


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