Beschuldigteneigenschaft

25. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Aus der Kasse der Cafeteria des Juridicums werden €1000 gestohlen. Auf der Überwachungskamera ist zu sehen, wie Jurastudent J das Geld entwendet, weshalb die Universität Strafantrag gegen J stellt. Staatsanwältin S will J daraufhin formell vernehmen.

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Einordnung des Falls

Beschuldigteneigenschaft

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. J ist Beschuldigter.

Ja!

Für die Beschuldigteneigenschaft sind erforderlich 1) ein objektiver Tatverdacht und (2) ein Verfolgungswille . (1) Tatverdacht bedeutet, dass als Beschuldigter nur derjenige in Betracht kommt, gegen den zumindest ein Anfangsverdacht besteht. (2) Verfolgungswille meint, dass zum Tatverdacht noch ein Willensakt der Strafverfolgungsbehörde hinzutreten muss, das Verfahren gegen den Verdächtigen als Beschuldigten zu führen. Dieser Willensakt liegt schon dann vor, wenn eine Maßnahme getroffen wird, die erkennbar der Strafverfolgung einer bestimmten Person dient. Es besteht ein Anfangsverdacht gegen J und es erfolgt eine Vernehmung auf Grund einer gegen den Vernommenen ergangenen Anzeige, womit die Staatsanwaltschaft zu erkennen gibt, dass sie das Verfahren gegen J als Beschuldigten betreibt.
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2. J muss als Beschuldigter nicht zur Vernehmung erscheinen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Beschuldigte muss zwar nicht aktiv zur Sachaufklärung beitragen, ihn treffen jedoch Duldungs- und Mitwirkungspflichten. Unter anderem muss der Beschuldigte zu den Beschuldigtenvernehmungen vor Ermittlungsrichter und dem Staatsanwalt (§§ 133, 163a Abs. 3 S. 1 StPO) und später auch zur Hauptverhandlung erscheinen (§§ 230 StPO). Dies gilt selbst dann, wenn er zuvor erklärt hat, nicht zur Sache aussagen zu wollen. Einer Ladung der Polizei braucht er dagegen nicht nachzukommen (Umkehrschluss aus § 163a Abs. 3 gegenüber Abs. 4 StPO). Es handelt sich um eine Beschuldigtenvernehmung durch die Staatsanwaltschaft, weshalb J erscheinen muss.

3. S muss J belehren.

Ja, in der Tat!

Dem Beschuldigten stehen besondere Rechte zu. Insbesondere verfügt er über ein Aufklärungsrecht. Der Beschuldigte hat das Recht, dass ihm zu Beginn der ersten Vernehmung eröffnet wird, welche Tat ihm zu Last gelegt wird. Außer bei polizeilichen Vernehmungen (wo § 163a Abs. 4 StPO nicht auf § 136 Abs. 1 S. 1 StPO verweist) muss ihm auch dargelegt werden, welche Strafvorschriften in Betracht kommen (§ 136 Abs. 1 S. 1 StPO). Zudem muss er über sein Schweigerecht aufgeklärt und darauf hingewiesen werden, dass er jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen Verteidiger beauftragen kann (§ 136 Abs. 1 S. 2 StPO). Dies gilt dabei über § 163a Abs. 3 und 4 StPO auch für die Staatsanwaltschaft und Polizei. Da S den J in amtlicher Eigenschaft vernehmen will, muss sie ihn über seine Rechte belehren. Ansonsten verstößt sie gegen § 136 StPO.
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