Statthaftigkeit: gegen Maßnahmen; nicht gegen gerichtliche Entscheidungen


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G verklagt S erfolgreich auf Zahlung von €10.000. S hat eine Forderung in dieser Höhe gegen A. G beantragt beim Vollstreckungsgericht, diese Forderung zu pfänden und an ihn zu überweisen. Das Gericht hört S an und entscheidet dann antragsgemäß zugunsten von G.

Einordnung des Falls

Statthaftigkeit: gegen Maßnahmen; nicht gegen gerichtliche Entscheidungen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Für die Pfändung und Überweisung einer Forderung ist das Vollstreckungsgericht zuständig.

Genau, so ist das!

Die Pfändung einer Forderung des Schuldners gegen einen Dritten und die Überweisung dieser Forderung an den Gläubiger geschieht in der Praxis durch einen einheitlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (kurz: PfÜB) (§§ 829, 835 ZPO). Zuständig ist das Vollstreckungsgericht (§ 828 ZPO). Sachlich zuständig ist das Amtsgericht (§ 828 Abs. 2 ZPO). Funktionell zuständig ist aber nicht der Richter, sondern ein Rechtspfleger (§ 20 Nr. 17 RPflG).

2. Die Vollstreckungserinnerung ist statthaft, wenn sie sich gegen eine Maßnahme des Vollstreckungsorgans wegen formeller Fehler richtet.

Ja, in der Tat!

Die Vollstreckungserinnerung ist statthaft (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO), wenn der Erinnerungsführer gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Vollstreckungsorgans mit der Rüge der Verletzung formellen Rechts vorgeht. Das Vollstreckungsgericht kann sowohl Maßnahmen als auch Entscheidungen treffen. Die Statthaftigkeit der Erinnerung ist nur gegeben, wenn der Beschluss eine Maßnahme darstellt. Bei Maßnahmen findet keine Interessenabwägung statt, bei Entscheidungen hingegen schon. Mit der Erinnerung (§ 766 ZPO) hat der Erinnerungsführer erstmals die Möglichkeit, sich rechtliches Gehör zu verschaffen, während er das bei Entscheidungen bereits vor deren Erlass hatte.

3. Hier ist gegen den Beschluss des Vollstreckungsgerichts die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) der statthafte Rechtsbehelf.

Nein!

Die Erinnerung (§ 766 ZPO) ist dann statthaft, wenn der Beschluss eine Maßnahme darstellt. Hier hat das Gericht den S bereits angehört. Damit hatte S als Erinnerungsführer bereits die Möglichkeit, sich rechtliches Gehör zu verschaffen und das Gericht konnte die unterschiedlichen Interessen gegeneinander abwägen. Das Gericht hat also eine Entscheidung getroffen, keine Maßnahme. Damit ist die Erinnerung (§ 766 ZPO) nicht statthaft.

4. Statthafter Rechtsbehelf für S ist die sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO).

Genau, so ist das!

Der richtige Rechtsbehelf gegen Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts ist die sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO). Sofern ein Beschluss wegen der Interessenabwägung und Anhörung des Schuldners als Entscheidung ergeht, muss der Schuldner dagegen die sofortige Beschwerde erheben. Hier stellt der Beschluss eine Entscheidung dar, sodass die sofortige Beschwerde statthaft ist (§ 793 ZPO).

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Entenpulli

5.7.2023, 13:46:51

Woher weiß ich, dass die erfolgte Anhörung nicht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung erfolgt ist? Denn sonst wäre § 793 ZPO nicht anwendbar.

MLENA

MLena

7.2.2024, 17:59:30

Nach dem Wortlaut des 793 geht es darum, dass die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen KANN, nicht MUSS. Für die Entscheidung darf also eine mündliche Verhandlung nicht notwendig sein (Also keine sofortige Beschwerde gegen Urteile). Auch falls die Anhörung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung erfolgt wäre, wäre 793 meines Wissens nach anwendbar :)


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