Zivilrecht

Examensrelevante Rechtsprechung ZR

Entscheidungen von 2019

Berücksichtigung von Großkundenrabatten bei fiktiver Schadensabrechnung

Berücksichtigung von Großkundenrabatten bei fiktiver Schadensabrechnung

23. November 2024

4,7(3.987 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Ein Auto von Autovermieter B wird durch K beschädigt. B lässt das Auto nicht reparieren, sondern verlangt Zahlung von €1.400 auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens. K zahlt nur €1.200. Er meint, B würde bei einer Reparatur einen Großkundenrabatt in Höhe von €200 erhalten.

Diesen Fall lösen 69,3 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Berücksichtigung von Großkundenrabatten bei fiktiver Schadensabrechnung

Dieser Fall lief bereits im 1./2. Juristischen Staatsexamen in folgenden Kampagnen
Examenstreffer Bremen 2024
Examenstreffer Schleswig-Holstein 2024
Examenstreffer Hamburg 2024

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B kann von K die Zahlung der restlichen €200 verlangen, wenn ihm ein Schaden in dieser Höhe entstanden ist (§§ 823, 249 BGB).

Genau, so ist das!

Ein Anspruch des B ergibt sich aus § 823 Abs. 1 BGB. Voraussetzung ist neben einer Rechtsgutsverletzung (hier: Eigentum des B), der Rechtswidrigkeit und dem Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) ein ersatzfähiger Schaden des K nach §§ 249ff. BGB.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. B kann die Zahlung nur verlangen, wenn er das Auto tatsächlich reparieren lässt.

Nein, das trifft nicht zu!

§ 249 Abs. 1 BGB enthält den Grundsatz der Naturalrestitution. Danach hat der Schädiger grundsätzlich den Zustand herzustellen, der vor dem schädigenden Ereignis bestand. Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Geschädigte bei der Beschädigung einer Sache aber auch den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag als Schadensersatz verlangen. In der Verwendung dieses Geldes ist der Geschädigte jedoch frei - B muss das Geld also nicht für die Reparatur verwenden. Er kann daher auf Basis eines Gutachtens fiktiv abrechnen. Ihm stehen dann die erforderlichen Reparaturkosten zu, unabhängig davon, ob er den Schaden tatsächlich reparieren lässt.

3. Auch bei fiktiver Abrechnung, ohne tatsächliche Reparatur, muss B sich seine Großkundenrabatte anrechnen lassen.

Ja!

Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann B nur den zur Herstellung "erforderlichen" Geldbetrag verlangen. Was erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Eigentümer in der Lage des B verhalten hätte, wobei auf seine individuellen Einflussmöglichkeiten Rücksicht zu nehmen ist. BGH: Diese "subjektbezogene Schadensbetrachtung" gelte auch bei fiktiver Abrechnung. Es sei nicht allein der ortsübliche Aufwand für eine Reparatur zugrunde zu legen, sondern auch individuelle Erleichterungen wie ein Großkundenrabatt. Auch bei fiktiver Abrechnung gelte das Verbot, sich am Schadensersatz zu bereichern (RdNr. 11ff.).

4. K muss seinen Einwand, dass B bei einer Reparatur von Rabatten profitieren würde, im Prozess beweisen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Grundsätzlich hat im Prozess derjenige eine Tatsache zu beweisen, für den sie sich günstig auswirkt. Auf den ersten Blick wäre das K, weil sich durch seinen Einwand, B komme ein Rabatt zugute, der Schadensersatzanspruch gegen ihn reduzieren würde. BGH: B obliege die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des Schadens und damit auch für die Erforderlichkeit des Herstellungsaufwands (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB). Er müsse daher auch Einwände des K bezüglich eines Rabatts überzeugend ausräumen. Andernfalls müsse er sich die Rabatte anrechnen lassen. Nicht K, sondern B trage daher die Beweislast für das (Nicht-)Vorliegen von Rabatten (RdNr. 13).
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Unberechtigter Untervermieter

Unberechtigter Untervermieter

9.6.2021, 14:23:55

Wieso soll K gegen B einen Anspruch aus § 7 I StVG haben? K wird hier selbst Halter sein. Zudem differenziert das Gesetz zwischen dem Kraftfahrzeug und der beschädigten Sache.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.7.2021, 20:07:42

Danke für den Hinweis! In der Tat kommt hier die Halterhaftung nur gegen B in Betracht, einen Anspruch kann er daraus nicht ableiten. Und auch die Fahrerhaftung (§ 18 StVG) scheidet hier aus, da es sich bei der beschädigten Sache um das Fahrzeug selbst handelt und damit kein taugliches Objekt. Wir haben das entsprechend im Antworttext korrigiert. Beste Grüße, Lukas

FABI

fabiogrk

4.2.2024, 20:59:12

s.o.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.2.2024, 16:43:21

Herzlichen Dank für den Hinweis, fabiogrk! Das haben wir entsprechend getagged! Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen