+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Ein Auto von Autovermieter B wird durch K beschädigt. B lässt das Auto nicht reparieren, sondern verlangt Zahlung von €1.400 auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens. K zahlt nur €1.200. Er meint, B würde bei einer Reparatur einen Großkundenrabatt in Höhe von €200 erhalten.
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Einordnung des Falls
Berücksichtigung von Großkundenrabatten bei fiktiver Schadensabrechnung
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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B kann von K die Zahlung der restlichen €200 verlangen, wenn ihm ein Schaden in dieser Höhe entstanden ist (§§ 823, 249 BGB).
Genau, so ist das!
Ein Anspruch des B ergibt sich aus § 823 Abs. 1 BGB. Voraussetzung ist neben einer Rechtsgutsverletzung (hier: Eigentum des B), der Rechtswidrigkeit und dem Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) ein ersatzfähiger Schaden des K nach §§ 249ff. BGB.
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2. B kann die Zahlung nur verlangen, wenn er das Auto tatsächlich reparieren lässt.
Nein, das trifft nicht zu!
§ 249 Abs. 1 BGB enthält den Grundsatz der Naturalrestitution. Danach hat der Schädiger grundsätzlich den Zustand herzustellen, der vor dem schädigenden Ereignis bestand. Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Geschädigte bei der Beschädigung einer Sache aber auch den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag als Schadensersatz verlangen. In der Verwendung dieses Geldes ist der Geschädigte jedoch frei - B muss das Geld also nicht für die Reparatur verwenden. Er kann daher auf Basis eines Gutachtens fiktiv abrechnen. Ihm stehen dann die erforderlichen Reparaturkosten zu, unabhängig davon, ob er den Schaden tatsächlich reparieren lässt.
3. Auch bei fiktiver Abrechnung, ohne tatsächliche Reparatur, muss B sich seine Großkundenrabatte anrechnen lassen.
Ja!
Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann B nur den zur Herstellung "erforderlichen" Geldbetrag verlangen. Was erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Eigentümer in der Lage des B verhalten hätte, wobei auf seine individuellen Einflussmöglichkeiten Rücksicht zu nehmen ist. BGH: Diese "subjektbezogene Schadensbetrachtung" gelte auch bei fiktiver Abrechnung. Es sei nicht allein der ortsübliche Aufwand für eine Reparatur zugrunde zu legen, sondern auch individuelle Erleichterungen wie ein Großkundenrabatt. Auch bei fiktiver Abrechnung gelte das Verbot, sich am Schadensersatz zu bereichern (RdNr. 11ff.).
4. K muss seinen Einwand, dass B bei einer Reparatur von Rabatten profitieren würde, im Prozess beweisen.
Nein, das ist nicht der Fall!
Grundsätzlich hat im Prozess derjenige eine Tatsache zu beweisen, für den sie sich günstig auswirkt. Auf den ersten Blick wäre das K, weil sich durch seinen Einwand, B komme ein Rabatt zugute, der Schadensersatzanspruch gegen ihn reduzieren würde. BGH: B obliege die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des Schadens und damit auch für die Erforderlichkeit des Herstellungsaufwands (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB). Er müsse daher auch Einwände des K bezüglich eines Rabatts überzeugend ausräumen. Andernfalls müsse er sich die Rabatte anrechnen lassen. Nicht K, sondern B trage daher die Beweislast für das (Nicht-)Vorliegen von Rabatten (RdNr. 13).