Grundfall: Begriff der Niederlassung

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Tschechin B betreibt in Luxemburg ganzjährig eine eigene Landschaftsgärtnerei. Sie mietet dafür ein Lager an, kauft die notwendigen Gerätschaften und ist allein für die gesamte Organisation verantwortlich. Finanziell lohnt sich das Geschäft für B bisher jedoch nicht.

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Einordnung des Falls

Grundfall: Begriff der Niederlassung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Eröffnung des sachlichen Schutzbereichs des Art. 49 AEUV setzt voraus, dass es sich bei der Landschaftsgärtnerei der B um eine Niederlassung handelt.

Ja!

Der Begriff der Niederlassung ist im Normtext des Art. 49 AEUV nicht näher definiert. Vielmehr ergibt sich die Bedeutung durch den systematischen Kontext zu den anderen Grundfreiheiten und durch die Rechtsprechung des EuGH. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Niederlassung jede feste Einrichtung oder Infrastruktur, die der tatsächlichen Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit auf unbestimmte Zeit dient oder zu dienen bestimmt ist. Die Niederlassungsfreizügigkeit zählt neben der Arbeitnehmerfreizügigkeit zur Personenfreizügigkeit.
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2. Bei der Tätigkeit als Landschaftsgärtnerin handelt es sich um keine Erwerbstätigkeit, da sich das Geschäft für B nicht auszahlt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Begriff der Erwerbstätigkeit wird weit ausgelegt. Erwerbstätigkeiten sind alle wirtschaftlichen Aktivitäten, wobei eine Gewinnerziehlungsabsicht oder die Kostendeckung im Einzelfall nicht erforderlich sind. Es reicht aus, dass die Tätigkeit auf einen Erwerbszweck gerichtet ist und am Wirtschaftsleben teilnimmt. Als Landschaftsgärtnerin bietet B ihre Leistungen auf dem Markt und verfolgt somit einen Erwerbszweck. Die bisher fehlende Kostendeckung ändert nichts daran, dass ihre Tätigkeit wirtschaftlicher Natur ist.

3. Der Betrieb der Landschaftsgärtnerei stellt eine selbstständige Tätigkeit dar.

Ja, in der Tat!

Die Niederlassungsfreiheit schützt nur weisungsfrei handelnde Personen, sofern sie das Unternehmerrisiko tragen, d. h. unter eigenem Namen und auf eigene Rechnung agieren. B ist in ihrer eigenen Gärtnerei tätig und übernimmt die gesamte Organisation. Beim Betrieb der Gärtnerei ist sie daher nicht weisungsgebunden für jemand anderen tätig, sondern agiert auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die Niederlassungsfreiheit lässt sich über das Merkmal der Selbstständigkeit von der Arbeitnehmerfreizügigkeit abgrenzen.

4. Die Tätigkeit der B ist ferner für eine unbestimmte Zeit auf der Grundlage einer festen Einrichtung angelegt.

Ja!

Die Niederlassungsfreiheit schützt nur die dauerhafte Teilnahme am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaats. An das Erfordernis einer festen Einrichtung werden keine hohen Anforderungen gestellt. Erforderlich ist nur, dass die feste Einrichtung die Möglichkeit zur tatsächlichen Teilnahme am Wirtschaftsleben in stabiler und kontinuierlicher Weise schafft. B nimmt mit ihrer Landschaftsgärtnerei ganzjährig am Wirtschaftsverkehr in Luxemburg teil. Das angemietete Lager und die dortigen Gerätschaften stellen feste Einrichtungen dar, die ihr diese Teilnahme ermöglichen. Die Niederlassungsfreiheit lässt sich über das Merkmal der Dauerhaftigkeit von der Dienstleistungsfreiheit abgrenzen.
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