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Klassisches Klausurproblem

T bringt P um. Ps Freund O hat die Tötung beobachtet und T hat nun Angst, dass O sie bei der Polizei verpfeift. T will O als Zeugen ausschalten und würgt O. O stirbt. Der Anwalt des T behauptet, T habe den O mit bedingtem Tötungsvorsatz getötet.

Einordnung des Falls

Dolus Eventualis und Verdeckungsabsicht 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bedingter Tötungsvorsatz und Verdeckungsabsicht schließen sich von vornherein aus.

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Nein, das trifft nicht zu!

Der BGH geht seit 1995 davon aus, dass sich Verdeckungsabsicht und bedingter Tötungsvorsatz (dolus eventualis) grundsätzlich nicht von vornherein ausschließen. Zwar verlangt das Absichtsmerkmal ein zielgerichtetes Anstreben des Verdeckungserfolges. Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass der Täter den Tod funktional zur Verdeckung einsetzen muss. Davon wird eine Ausnahme gemacht, wenn der Täter sein Verdeckungsziel nur durch die Tötung sicher erreichen kann. T kommt es auf den Tötungserfolg als Mittel zum Zweck an. In dieser Konstellation sieht der BGH Verdeckungsabsicht und Eventualvorsatz als miteinander unvereinbar an.

2. T hat den O mit bedingtem Tötungsvorsatz getötet.

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Nein!

Wie bereits festgestellt, schließen sich bedingter Tötungsvorsatz und die Verdeckungsabsicht gegenseitig aus, wenn der Täter den Tod des Opfers als Mittel zur Verdeckung braucht. Der Tod des O war das Mittel zur Verdeckung. Bezüglich der Tötung war demnach auch ein zielgerichteter Wille notwendig. Die Behauptung des Anwalts steht den Darstellungen im Sachverhalt entgegen und ist entsprechend mit Rechtsfehlern behaftet.

3. T hat O in "Verdeckungsabsicht" getötet (§ 211 Abs. 2 Gr. 3 Var. 2 StGB).

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Genau, so ist das!

Mit Verdeckungsabsicht tötet, wem es darauf ankommt, durch die Tötung entweder die Aufdeckung der Vortat in einem die Strafverfolgung sicherstellenden Umfang oder die Aufdeckung seiner Täterschaft zu verbergen. T kam es auf darauf an, den O als Zeugen seiner Vortat zu töten, sodass dieser keine belastende Aussage gegen ihn tätigen kann.

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Johannes Nebe

Johannes Nebe

11.1.2023, 08:56:47

Problematisch ist hier doch gar nicht, ob sich Verdeckungsabsicht und bedingter Tötungsvorsatz ausschließen (seit BGH 23.11.1995 nicht mehr), sondern dass T nicht nur mit bedingtem Vorsatz getötet hat. Durch die Vermischung der beiden Probleme bei der Darstellung entsteht Unklarheit, finde ich.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

11.1.2023, 12:19:18

Hallo Johannes Nebe, danke für deine Rückmeldung. Genau darauf läuft die Aufgabe ja hinaus. Alle weiteren Fragen nach der ersten dienen der Ermittlung des Grades des Vorsatzes des T bei der Tötung des O. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

YI

yive1dyk

11.4.2024, 21:08:09

s.o.

MEP

Mephisto

31.5.2024, 16:22:14

Ist die Regel, dass Eventualvorsatz und die Verdeckungsabsicht grundsätzlich miteinander vereinbar sind, außer der Täter kann sein Verdeckungsziel nur durch die Tötung sicher erreichen, spiegelbildlich auf die Ermöglichungsabsicht übertragbar oder gilt hier ein anderer Maßstab?


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