[...Wird geladen]

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die hochbetagte O übersieht beim Betreten des Ostseehotels des H am vierten Tag ihres Aufenthalts, dass sich die gläserne Drehtür nicht auf voller Breite öffnet. Sie stößt gegen die gläserne Einfassung und stürzt schwer. § 38 Abs. 2 LBO verlangt für bodentiefe Glaswände eine Kennzeichnung auf Augenhöhe.

Einordnung des Falls

Der Salatblattfall (BGHZ 66, 51) ist ein absoluter Klassiker im BGB / Schuldrecht. Der BGH hat ihn bereits 1976 entschieden. Dennoch ist der Fall heute noch richtungsweisend. Der BGH musste sich u.a. mit der Frage auseinandersetzen, ob sich die beiden Figuren "Culpa in Contrahendo" (Verschulden bei Vertragsverhandlungen) und "Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter" (VSD) kombinieren lassen.

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da die Türanlage baurechtlich bestandskräftig genehmigt war, hat H die Pflichtverletzung nicht zu vertreten.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB). Das Vertretenmüssen des H wird im Rahmen des Schadensersatzanspruchs aus Vertrag vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). H könne die Verschuldensvermutung aber nicht unter Verweis darauf widerlegen, dass die Türanlage baurechtlich genehmigt war. denn er werde durch die baurechtliche Genehmigung nicht davon befreit, seine vertragliche Schutzpflicht bzw. allgemeine Verkehrssicherungspflicht einzuhalten (RdNr. 26). Das Schutzbedürfnis der Vertragspartner des H besteht unabhängig vom Vorliegen einer Genehmigung.

2. O fällt ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) zur Last.

Ja!

Lässt der Geschädigte diejenige Sorgfalt außer Acht, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich vor Schaden zu bewahren, ist ein Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB gegeben. OLG Schleswig: Jeder, der sich einer Drehtür nähert, müsse schon wegen der beweglichen Teile besonders vorsichtig sein. Besondere Vorsicht gelte zudem bei Unübersichtlichkeit der räumlichen Situation (RdNr. 27). Vorliegend kam hinzu, dass O sich bereits den vierten Tag im Hotel aufhielt, vorher also drei Tage unfallfrei geblieben war. Das OLG Schleswig nahm aus diesen Gründen einen Mitverschuldensanteil der O von 1/3 an.

3. Der Unfall geschah auf dem Weg zum Hotel und damit außerhalb des vertraglichen Pflichtenkreises von H.

Nein, das ist nicht der Fall!

O und H haben einen Beherbergungsvertrag geschlossen. Dabei handelt es sich um einen typengemischten Vertrag mit schwerpunktmäßig mietvertraglichem Gepräge. Bestandteil ist nicht nur die Zimmervermietung, sondern auch die Nebenpflicht, den gefahrlosen Zutritt zum Raum zu ermöglichen. Das OLG prüft deshalb vorrangig einen vertraglichen Schadensersatzanspruch (§ 280 Abs. 1 BGB).

4. H hat eine Pflichtverletzung begangen (§ 280 Abs. 1 BGB), weil er die gläserne Einfassung nicht auf Augenhöhe gekennzeichnet hat.

Ja, in der Tat!

§ 241 Abs. 2 BGB verpflichtet H dazu, wichtige Rechtsgüter der O bei Vertragsausführung nicht zu verletzen. OLG Schleswig: H habe seine Schutz-/Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem er die Glaseinfassung der Drehtür nicht auf Augenhöhe so gekennzeichnet hat, dass sie deutlich wahrnehmbar war (RdNr. 18ff.). Diese vertragliche Schutzpflicht spiegele sich in öffentlich-rechtlichen Kennzeichnungspflichten wider: Anhand der Normierung der Kennzeichnungspflicht in der BauO (hier § 38 Abs. 1 LBO) werde das spezifische Schutzbedürfnis bei der Nutzung solcher Türen deutlich (RdNr. 25).

5. § 38 Abs. 2 LBO Schleswig-Holstein ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

Ja!

Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 S. 1 BGB sind Normen, die zumindest auch bezwecken, einzelne Personen vor Verletzungen bestimmter Rechtsgüter zu schützen. Die Pflicht zur hinreichend deutlich wahrnehmbaren Kennzeichnung von Glastüren und Glasflächen in der einschlägigen BauO (hier § 38 Abs. 2 LBO) lasse sich als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB einordnen (RdNr. 20), denn sie diene dem Schutz der Nutzer von Gebäuden vor der Gefahr einer Kollision mit schwer wahrnehmbaren Hindernissen (RdNr. 25). H haftet auch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 38 Abs. 2 LBO.

Jurafuchs kostenlos testen


MAFUB

Markus FUB

27.1.2022, 08:48:50

Kommt eine Haftung nach 823 I nicht auch in Betracht?

VIC

Victor

27.1.2022, 13:17:39

Ja genau! In Betracht käme die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht.


© Jurafuchs 2024