PayPal-Käuferschutz und nochmaliger Kaufpreiszahlungsanspruch des Verkäufers


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der Unternehmer K kauft von V auf eBay ein Smartphone. K bezahlt wie vereinbart über den Zahlungsdienst PayPal. V versendet das Päckchen wie vereinbart. Es kommt bei K nicht an. PayPal bucht den gezahlten Kaufpreis an K zurück ("Käuferschutzverfahren"). V verlangt von K erneut Kaufpreiszahlung.

Einordnung des Falls

PayPal-Käuferschutz und nochmaliger Kaufpreiszahlungsanspruch des Verkäufers

Dieser Fall lief bereits im 1./2. Juristischen Staatsexamen in folgenden Kampagnen
Examenstreffer 2021

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V und K haben einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen (§ 433 BGB).

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Ja, in der Tat!

Der Kaufpreiszahlungsanspruch des V (§ 433 Abs. 2 BGB) setzt voraus, dass zwischen V und K ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen wurde und dem Anspruch keine Einwendungen und Einreden entgegenstehen. BGH: V und K haben einen wirksamen Kaufvertrag über den Kauf des auf der Internet-Plattform eBay angebotenen Smartphones abgeschlossen (RdNr. 1). Dem Wortlaut der PayPal-Nutzungsbedingungen zufolge tritt PayPal nicht als Vertreter von Käufer, Verkäufer oder Zahlungsempfänger auf (RdNr. 2).

2. Die Vereinbarung, den Kaufpreis über PayPal zu zahlen, stellt eine bei Abschluss des Kaufvertrags getroffene Nebenabrede dar.

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Ja!

Bei Zahlungen über den Online-Zahlungsdienst PayPal wird dem PayPal-Konto des Verkäufers E-Geld gutgeschrieben und das Käuferkonto belastet. Um PayPal nutzen zu können, müssen die Nutzungsbedingungen (AGB) akzeptiert werden. Diese enthalten die Käuferschutzrichtlinie: Auf Antrag erstattet PayPal dem Käufer bei bestimmten Leistungsstörungen unter Belastung des Verkäufer-Kontos den Kaufpreis. Laut AGB berühre der Käuferschutz aber nicht die gesetzlichen und vertraglichen Rechte zwischen den Kaufvertragsparteien, sondern stehe neben diesen (RdNr. 2, 16). BGH: Die Vereinbarung, über PayPal zu zahlen, sei eine Nebenabrede (RdNr. 16). Von Dir wird nicht erwartet, die Paypal-AGB auswendig zu kennen. Im Klausurfall wären die wesentlichen Bestimmungen abgedruckt.

3. V und K haben bei Vertragsschluss stillschweigend vereinbart, dass im Fall der Rückbuchung durch PayPal die Erfüllungswirkung der Kaufpreiszahlung rückwirkend entfällt (auflösende Bedingung, § 158 Abs. 2, 159 BGB).

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Nein, das ist nicht der Fall!

Die Auswirkung der Rückbuchung auf die Geldschuld im Valutaverhältnis zwischen V und K ist durch Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) mit Blick auf die PayPal-Nutzungsbedingungen zu ermitteln (RdNr. 31). V und K könnten konkludent vereinbart haben, dass bei Rückbuchung die Erfüllung rückwirkend entfällt. BGH: V und K hätten keine auflösende Bedingung vereinbart. Eine solche hätte der Erfüllungswirkung von Anfang an entgegen gestanden. Eine nur vorübergehende Erfüllungswirkung sei nicht möglich (Theorie der realen Leistungsbewirkung) (RdNr. 23ff.).

4. V und K haben bei Vertragsschluss stillschweigend vereinbart, dass im Fall der Rückbuchung durch PayPal der Kaufpreisanspruch wiederbegründet wird (§ 311 Abs. 1 BGB).

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Ja, in der Tat!

Zur Wiederherstellung eines Schuldverhältnisses bedarf es einer vertraglichen Neubegründung. BGH: Die Wiederherstellung des Schuldverhältnisses ergebe sich aus der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung der Nebenabrede, PayPal zu nutzen. Ausweislich der Nutzungsbedingungen blieben die gesetzlichen und vertraglichen Rechte zwischen V und K unberührt. Stehe dem Käufer trotz erfolglosem Käuferschutzantrag offen, die staatlichen Gerichte zu beanspruchen, sei es allein interessengerecht, auch dem Verkäufer das Recht zuzugestehen, nach Rückbuchung den Kaufpreisanspruch gerichtlich durchsetzen zu können (RdNr. 30ff.).

5. K hat den Anspruch des V auf Kaufpreiszahlung erst erfüllt, wenn der Betrag vom Paypal-Konto des V auf Vs Bankkonto weiterüberwiesen und gutgeschrieben ist.

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Nein!

Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung bewirkt wird (§ 362 Abs. 1 BGB). Bei Banküberweisungen tritt Erfüllung mit Gutschrift auf dem Konto ein. BGH: Die Überweisung auf das Bankkonto werde bei einer vereinbarten PayPal-Zahlung vom Zahler gerade nicht geschuldet. Hier führe bereits die vorbehaltlose Gutschrift auf das PayPal-Konto von V dazu, dass dieser den Betrag endgültig zur freien Verfügung erhalte. Die nur im Ausnahmefall mögliche Rückbuchung ändere diese generelle Bewertung nicht. Damit sei Erfüllung eingetreten und der Kaufpreisanspruch erloschen (RdNr. 17ff.).

6. Der Kaufpreiszahlungsanspruch des V ist wegen Unmöglichkeit der Leistung (§ 275 Abs. 1 BGB) erloschen (§ 326 Abs. 1 BGB).

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Nein, das ist nicht der Fall!

Braucht der Sachleistungsschuldner wegen Unmöglichkeit nicht zu leisten, entfällt sein Gegenleistungsanspruch (§ 326 Abs. 1 BGB). Bei Vereinbarung eines Versendungskaufs geht die Gefahr des zufälligen Untergangs (Gegenleistungsgefahr) mit Auslieferung an die Transportperson auf den Käufer über (§ 447 Abs. 1 BGB). Das Smartphone ist ohne Verschulden von V und K untergegangen. BGH: V und K hätten einen Versendungskauf vereinbart. Es liege kein Verbrauchsgüterkauf (§§ 474, 475 Abs. 2 BGB) vor. Auch die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 320 Abs. 1 BGB) stünde K nicht zu. V könne folglich von K den Kaufpreis verlangen (RdNr. 47ff.).

7. Die Annahme einer stillschweigend vereinbarten Wiederbegründung widerspricht den berechtigten Erwartungen des Käufers an die Wirksamkeit des Käuferschutzverfahrens.

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Nein, das trifft nicht zu!

BGH: Auch wenn der Zahlungsanspruch des Verkäufers nach Rückbuchung wiederbegründet werde, bleibe der erfolgreiche Käuferschutzantrag für den Käufer vorteilhaft. Dieser erhalte den vorgeleisteten Kaufpreis zurück, ohne den Verkäufer auf Rückzahlung, gegebenenfalls im Klageweg, in Anspruch nehmen zu müssen. Die Prozessführungslast treffe somit den Verkäufer (RdNr. 40f.). Argumentiere wie der BGH mit den grundlegenden zivilrechtlichen Instrumentarien und benenne die von den gesetzlichen Regelungen und den vertraglichen Vereinbarungen Interessen der Vertragsparteien. Dann regnet es Punkte.

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