Zivilrechtliche Nebengebiete

Erbrecht

Gewillkürte Erbfolge

Erbvertrag - vetragsmäßige Verfügung (Fall)

Erbvertrag - vetragsmäßige Verfügung (Fall)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E hat seinen Lebensgefährten L in einem formgültigen Erbvertrag als Erben eingesetzt. Daneben hat er in dem Vertrag noch den T zum Testamentsvollstrecker ernannt und der Nichte N ein Vermächtnis an seiner teuren Münzsammlung eingeräumt. In letzter Zeit kriselt es jedoch in der Beziehung und auch der Kontakt zu T und N hat sich verlaufen.

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Einordnung des Falls

Erbvertrag - vetragsmäßige Verfügung (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Kann E die Erbeinsetzung des L einseitig durch Testament widerrufen?

Nein, das trifft nicht zu!

Alle Verfügungen von Todes wegen, die in einem Testament zulässig sind, können auch in einem Erbvertrag getroffen werden. Die vertragsmäßigen Verfügungen entfalten dabei eine Bindungswirkung. Nach § 2278 Abs. 2 BGB können nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse, Auflagen und das anzuwendende Erbrecht vertragsmäßig angeordnet werden. Die Erbeinsetzung des L stellt eine vertragsmäßige Verfügung dar und entfaltet somit Bindungswirkung. E kann diese daher nicht einseitig widerrufen Die vertragsmäßigen Verfügungen des Erbvertrags sind nach § 2290 Abs. 1 BGB nur durch einen Aufhebungsvertrag der Parteien des Erbvertrags aufhebbar.
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2. Kann E die Ernennung des T zum Testamentsvollstrecker einseitig durch Testament widerrufen?

Ja!

Von der Bindungswirkung des Erbvertrags sind nur die vertragsmäßigen Verfügungen umfasst. Nach § 2278 Abs. 2 BGB können daher nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse, Auflagen und das anzuwendende Erbrecht vertragsmäßig angeordnet werden. Für alle anderen Verfügungen gilt nach § 2299 Abs. 2 BGB das gleiche, wie wenn sie durch Testament getroffen worden wären. Sie sind daher frei widerruflich. Die Einsetzung des T als Testamentsvollstrecker stellt keine vertragsmäßige Verfügung dar. T kann sie daher durch ein Testament einseitig widerrufen.

3. Kann E das Vermächtnis der N einseitig durch Testament widerrufen?

Genau, so ist das!

Nach § 2299 Abs. 1 BGB darf jede Verfügung, die durch Testament erfolgen kann, auch einseitig im Erbvertrag getroffen werden. Die im Erbvertrag enthaltenen Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen können dabei vertragsmäßige Verfügungen sein, sie müssen es aber nicht. Sofern es sich im Einzelfall durch Auslegung um eine einseitige Verfügung handelt, besteht keine Bindungswirkung. Mit N wird eine Dritte Person bedacht wird, die keine Verwandtschaft oder sonstige nahe Verbindung zu L hat. Daher ist davon auszugehen, dass E keine Bindungswirkung gegenüber L beabsichtigt hat und es sich somit um eine einseitige, testamentarische Verfügung handelt. Aus dem Gesetz lässt sich hierfür keine Auslegungsregel entnehmen. Mangels anderer Anhaltspunkte wird man daher darauf abstellen müssen, ob der Vertragspartner des Erblassers ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Verfügung und der Bindung des Erblassers gehabt hat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Martin

Martin

6.8.2023, 23:05:02

Liebe Jurafüchse, Wie erkennt man, ob die Verfügung einseitig vertragsmäßig oder nicht-vertragsmäßig ist. Ist das anhand des Rechtsbindungswilles zu erkennen? LG

QUAR

Quarklo

15.7.2024, 21:47:41

Die Unterscheidung erfolgt anhand der Interessen des Vertragspartners. Entscheidend ist die Frage, ob der Vertragspartner ein Interesse an der Bindungswirkung der Verfügung hat. Wenn, wie hier, ein Dritter begünstigt ist, zu dem der Vertragspartner keinerlei Beziehung hat, ist nicht davon auszugehen

DIAA

Diaa

16.10.2023, 12:10:50

Ich glaube, in der letzten Antwort der letzten Frage habt ihr euch verschrieben. Da ste 2 mal "L". Eigentlich sollte es einmal "N" und einmal "E" heißen.


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