Wegfall des Eigenbedarfs
31. Mai 2025
27 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

V hat M eine Wohnung in Bonn auf unbestimmte Zeit vermietet. Als sich Vs Tochter T für das Jurastudium an der Uni Bonn einschreibt, kündigt V dem M unter Berufung auf den Eigenbedarf hinsichtlich T. Nach Ablauf der Kündigungsfrist entscheidet sich T anders und studiert stattdessen in Hamburg. V erzählt M davon nichts; sie will die Wohnung jetzt lieber neu vermieten. Der Umzug kostet den M, der gerne in seiner Wohnung geblieben wäre, €2.000.
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Einordnung des Falls
Wegfall des Eigenbedarfs
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Kündigung ist ursprünglich wirksam erklärt worden.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Kündigung ist unwirksam geworden, als der Eigenbedarf der V nachträglich weggefallen ist.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Weil V den M nicht vom Wegfall des Eigenbedarfs unterrichtet hat, ist sie dem M zum Schadensersatz verpflichtet.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Skywalker
24.7.2022, 15:42:34
Eine Frage, die nur indirekt
was mit dem Thema zu tun hat: Bei der ordentlichen Kündigung (z.B wegen Eigenbedarf) muss der Vermieter ja gem. 573c I eine Kündigungsfrist einhalten, die sich nach der Mietdauer bestimmt. Endet diese "Mietdauer" mit Zugang der Kündigung oder erst nach Ablauf der Frist? Beispiel: Mietvertrag auf unbestimmte Zeit wurde am 31.1.2000 geschlossen und wird am 30.1.2005 gekündigt. Muss der Vermieter hier eine Kündigungsfrist von 3 oder 6 Monaten einhalten? Und was bedeutet gem 573c I "seit dem Überlassen des Wohnraums" z.B wenn sich der Vermieter in der Zwischenzeit gewechselt hat - das Überlassen durch den ersten Vermieter oder durch den letzten Vermieter?

Lukas_Mengestu
3.8.2022, 13:07:51
Hallo Skywalker, maßgeblich für die Verlängerung sind a) der Tag der Überlassung und b) der Tag des Kündigungszugangs. Zu a): In der Regel werden Mietverträge vor dem Tag der Übergabe der Mietsache geschlossen. Hier wird klarsgestellt, dass das Überlassungsdatum relevant ist. Auch der Zeitpunkt des vereinbarten Mietbeginns ist irrelevant. Überlässt der Vermieter die Wohnung früher, so ist auf diesen Zeitpunkt abzustellen. b) Maßgeblich ist der Kündigungszugang, nicht der Ablauf der Kündigungsfrist. In Deinem Beispiel würde also am 30.1.2005 noch die normale 3-monatige Frist gelten (in Deinem Beispiel ist der Überlassungszeitpunkt nicht klar. Selbst wenn am 31.1.2000 direkt die Wohnung überlassen wurde, wäre die 5-Jahresfrist noch nicht erreicht (erst mit Ablauf des 31.1.2005). Der Wechsel des Vermieters hat keine Auswirkung auf die Verlängerung der Frist (vgl. § 566 BGB). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Vanilla Latte
3.10.2023, 23:26:09
Eine Frage: die Mehrkosten für die neue Miete kann er verlangen. Gilt das nur für die erstmalige Miete oder wie lange geht der Anspruch? Ich bin mir sicher, dass ich dazu mal etwas gelesen hatte, dass dieser für mehrere Mieten gilt, jedoch finde ich es leider nicht mehr wieder.
petruvia
1.9.2024, 19:16:40
Wo nimmst du es her, dass er das Delta zur alten Miete vom alten Vermieter verlangen kann?
Vanilla Latte
21.2.2024, 17:03:01
Ihr lieben Füchse, kann bitte jemand die Fragen darüber beantworten (hinsichtlich der Wirksamkeit)? Ich glaube, als Antwort kann man euch nicht markieren. Daher versuche ich es so einmal.

Nora Mommsen
1.3.2024, 14:26:00
Hallo Vanilla Latte, danke für deine Beharrlichkeit :) Wir haben die Frage beantwortet und die Aufgabe entsprechend überarbeitet. Tatsächlich wird die Kündigung unwirksam wenn der Eigenbedarf vor Ablauf der Kündigungsfrist entfällt. Entfällt er hingegen nach Ablauf der Kündigungsfrist besteht lediglich eine schadensersatzbewehrte Hinweispflicht des Vermieters. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

DerChristoph
12.3.2024, 09:00:33
Hallo zusammen, meiner Meinung nach stimmt hier immer noch etwas nicht – oder ich stehe auf dem Schlauch. In der Antwort auf die letzte Frage wird die "Anbietepflicht" nur für den Zeitraum Kündigung bis Ende Kündigungsfrist bejaht. In den übrigen Antworten und dem Kommentar von Nora wird die "Anbietepflicht" aber gerade für die Zeit NACH Ende der Kündigungsfrist dargestellt, oder?

Burumar🐸
8.7.2024, 16:38:36
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Phil
29.4.2024, 14:48:09
Die letzte Frage und Antwort scheint nicht so ganz mit der Darstellung der Ja/Nein-Antwort zu passen. Könnt ihr das nochmal prüfen? Hier haben wir doch einen Fall von Hinweis
pflichtverletzungNACH Ablauf der Kündigungsfrist. Die letzte Antwort stellt es aber so dar, als wäre diese noch während der Kündigungsfrist erfolgt. lg
Phil
30.4.2024, 08:45:07
Okay ich korrigiere meine Frage: in der Erklärung zur letzten Frage wird behauptet, dass bei Wegfall des Kündigungsgrundes VOR der Kündigungsfrist eine Informationspflicht seitens des Vermieters besteht. In der Frage zuvor wird diese Pflicht jedoch nur NACH Wegfall des KüGr. angenommen. Könnte das nochmal jemand erklären?

Burumar🐸
8.7.2024, 16:39:17
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petruvia
1.9.2024, 19:14:16
*push

0815jurafuchs
24.9.2024, 08:54:07
@[Phil](125811) die Antwort auf die letzte Frage ist m.E. korrekt, die Begründung dafür eher nicht. Vorher wird erläutert dass eine
Pflichtverletzungdes Vermieters vorliegt wenn der Eigenbedarf nach Ablauf der Kündigungsfrist entfällt (2. Konstellation). Entsprechend besteht eine Hinweisspflicht des Vermieters. Verletzt der Vermieter diese, macht er sich schadensersatzpflichtig. In der letzten Frage geht es beim Maßstab aber überwiegend um den Fall dass der Eigenbedarf vor Ablauf der Kündigungsfrist entfällt und der Vermieter daher seine Anbietpflicht verletzt hätte, was hier aber gar nicht der Fall ist. Korrekterweise liegt hier eine Verletzung der Hinweispflicht vor, die Schadensersatzansprüche auslöst.
Amelie7
6.11.2024, 16:29:25
Ich finde das hier auch widersprüchlich formuliert! Sollte bitte angepasst werden
Michael
11.11.2024, 17:20:47
@[0815jurafuchs](237790) aber der Eigenbedarfsgrund ist doch erst nach Ablauf der Kündigungsfrist entfallen. Die Informationspflicht besteht nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (MüKoBGB/Häublein, 9. Aufl. 2023, BGB § 573 Rn. 110), danach entfällt diese und es kann kein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden. Im Fall steht doch, dass die T sich erst nach Ablauf der Kündigungsfrist anders entschieden hat, d.h. er hatte keine Informationspflicht. Entweder stehe ich auf dem Schlauch oder die Aufgabe ist falsch.
benjaminmeister
18.4.2025, 15:11:27
Schließe mich den Vorpostern an, die letzten zwei Fragen-Antworten sind komisch. Ich glaube man muss den Text so lesen: "Beim nachträglichen Wegfall des Eigenbedarfs müssen zwei Konstellationen unterschieden werden: (1) Wegfall des Eigenbedarfs vor Ende der Kündigungsfrist (2) Wegfall des Eigenbedarfs nach Ende der Kündigungsfrist. Der nachträgliche Wegfall des Eigenbedarfs NACH [bisher:vor]Ablauf der Kündigungsfrist führt nach der Rechtsprechung des BGH NICHT [bisher fehlt die Verneinung] dazu, dass die wirksam erklärte Kündigung wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) nachträglich unwirksam wird. Entfällt der Eigenbedarf VOR [bisher:nach]Ablauf der Kündigungsfrist, entsteht für den Vermieter NUR [fehlte bisher] eine Hinweispflicht. Behält der Vermieter den Wegfall für sich, kann dies demzufolge eine
Pflichtverletzungdarstellen. Diese spätere
Pflichtverletzungbeseitigt jedoch nicht das wirksam ausgeübte
Gestaltungsrecht– die Kündigung –." Die letzte Frage-Antwort ist dann auch falsch, außer man ändert den Sachverhalt (-> Wegfall vor Ende der Kündigungsfrist). Das würde am meisten Sinn ergeben, weil der Wegfall nach Ende der Kündigungsfrist eigentlich unproblematisch sein sollte. Der Vermieter könnte in so einem Fall überhaupt nicht die Entstehung des Schadens verhindern und hat auch nicht gegen Treu und Glaube verstoßen.
Peter im Pech
11.5.2025, 11:44:33
ja hier ist was faul.
Peter im Pech
11.5.2025, 12:53:29
Hierzu in
Schuldrecht, Besonderer Teil, Looschelders, Dirk, 18. Aufl., 2023 auf S. 236 : "Hatte der Vermieter von vornherein nicht die Absicht, die Wohnung selbst zu nutzen oder liegt sonst ein Fall des Rechtsmissbrauchs vor, so steht dem Mieter ein Anspruch auf Ersatz des durch die unberechtigte Kündigung entstandenen Schadens aus § 280 I zu; gegebenenfalls kann auch die Wiedereinräumung der Besitz- und
Mietrechte an der Wohnung verlangt werden. Entfällt der Eigenbedarf nach der Kündigung, aber vor Ablauf der Kündigungsfrist, so muss der Vermieter den Mieter hierüber informieren und ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses anbieten. Das Gleiche gilt, wenn dem Vermieter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist im selben Haus oder in derselben Wohnanlage eine andere, vergleichbare Wohnung zur Verfügung steht, die vermietet werden soll. Die Verletzung der Anbietpflicht durch den Vermieter hat nach der neuen Rechtsprechung des BGH allerdings nicht zur Folge, dass eine berechtigt ausgesprochene Eigenbedarfskündigung nachträglich rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam wird. Dem Mieter steht vielmehr lediglich ein Anspruch auf Schadensersatz in
Geldaus §§ 280 I, 241 II zu." Damit hat @[benjaminmeister](216712) hat recht. Damit bestehen drei Konstellationen mit jeweils unterschiedlichen Rechtsfolgen: 1. Unberechtigte Kündigung ohne jemals die Nutzungsabsicht für den Eigenbedarf gehabt zu haben 2. Wegfall des Eigenbedarfs nach der Kündigung und vor Ende der Kündigungsfrist 3. Wegfall des Eigenbedarfs nach Ende der Kündigungsfrist

Lota Coffee
21.5.2025, 10:19:50
Ich schließe mich den Vorrednern an. Da hier der Fall des Wegfalls des Eigenbedarfs NACH Ablauf der Kündigungsfrist vorliegt, verwirrt es, dass die letzte Box auf genau den anderen Fall des Wegfalls VOR Ablauf der Kündigungsfrist eingeht. Ich denke richtig wäre, vorliegend die Box anzupassen und zu schließen, dass die V ihre Hinweispflicht nicht erfüllt hat und deshalb dem M schadensersatzpflichtig sein könnte.

Teddy
10.1.2025, 08:43:33
Vielleicht könnten noch weitere Fälle (oder Hinweise) zum vorgetäuschten Eigenbedarf ergänzt werden. In der Rechtsprechung ist hier gerade viel im Fluss, was namentlich für das zweite Examen (
Stufenklage!) interessant werden dürfte. Nachweise finden sich bei Selk, Vorgetäuschter Eigenbedarf: Geht die höhere Miete an den Ex-Mieter? (becklink 2032726).

Dodo S.
25.3.2025, 18:07:24
Hallo Teddy, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Dodo Shi, für das Jurafuchs-Team