Wegfall des Eigenbedarfs
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V hat M eine Wohnung in Bonn auf unbestimmte Zeit vermietet. Als sich Vs Tochter T für das Jurastudium an der Uni Bonn einschreibt, kündigt V dem M unter Berufung auf den Eigenbedarf hinsichtlich T. Noch vor Ablauf der Kündigungsfrist entscheidet sich T anders und studiert stattdessen in Hamburg. V erzählt M davon nichts; sie will die Wohnung jetzt lieber neu vermieten. Der Umzug kostet den M, der gerne in seiner Wohnung geblieben wäre, €2.000.
Einordnung des Falls
Wegfall des Eigenbedarfs
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Kündigung ist ursprünglich wirksam erklärt worden.
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Genau, so ist das!
2. Die Kündigung ist unwirksam geworden, als der Eigenbedarf der V nachträglich weggefallen ist.
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Nein, das trifft nicht zu!
3. Weil V den M nicht vom Wegfall des Eigenbedarfs unterrichtet hat, ist sie dem M zum Schadensersatz verpflichtet.
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Ja!
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Skywalker
24.7.2022, 15:42:34
Eine Frage, die nur indirekt was mit dem Thema zu tun hat: Bei der ordentlichen Kündigung (z.B wegen Eigenbedarf) muss der Vermieter ja gem. 573c I eine Kündigungsfrist einhalten, die sich nach der Mietdauer bestimmt. Endet diese "Mietdauer" mit Zugang der Kündigung oder erst nach Ablauf der Frist? Beispiel: Mietvertrag auf unbestimmte Zeit wurde am 31.1.2000 geschlossen und wird am 30.1.2005 gekündigt. Muss der Vermieter hier eine Kündigungsfrist von 3 oder 6 Monaten einhalten? Und was bedeutet gem 573c I "seit dem Überlassen des Wohnraums" z.B wenn sich der Vermieter in der Zwischenzeit gewechselt hat - das Überlassen durch den ersten Vermieter oder durch den letzten Vermieter?

Lukas_Mengestu
3.8.2022, 13:07:51
Hallo Skywalker, maßgeblich für die Verlängerung sind a) der Tag der Überlassung und b) der Tag des Kündigungszugangs. Zu a): In der Regel werden Mietverträge vor dem Tag der Übergabe der Mietsache geschlossen. Hier wird klarsgestellt, dass das Überlassungsdatum relevant ist. Auch der Zeitpunkt des vereinbarten Mietbeginns ist irrelevant. Überlässt der Vermieter die Wohnung früher, so ist auf diesen Zeitpunkt abzustellen. b) Maßgeblich ist der Kündigungszugang, nicht der Ablauf der Kündigungsfrist. In Deinem Beispiel würde also am 30.1.2005 noch die normale 3-monatige Frist gelten (in Deinem Beispiel ist der Überlassungszeitpunkt nicht klar. Selbst wenn am 31.1.2000 direkt die Wohnung überlassen wurde, wäre die 5-Jahresfrist noch nicht erreicht (erst mit Ablauf des 31.1.2005). Der Wechsel des Vermieters hat keine Auswirkung auf die Verlängerung der Frist (vgl. § 566 BGB). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
evanici
4.9.2023, 09:32:14
Das wäre dann aber wiederum ein Anspruch, der der regelmäßigen Verjährung unterliegt, oder?
Fuller at H(e)art
25.9.2023, 12:35:20
Die Lösung ist m.E. falsch. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein Festhalten an der Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter bei Wegfall des Eigenbedarfes vor Fristablauf als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Mithin ist die Eigenbedarfskündigung in diesem Fall unwirksam. Nichts anderes ergibt sich aus der angegebenen Entscheidung. Vielmehr arbeitet der BGH darin heraus, dass sich die Verletzung der Anbietepflicht mit dem Wegfall des Eigenbedarfs vor Fristablauf gerade nicht vergleichen lässt (BGH, NJW 2017, 547 (556) Rn.60ff.).
Vanilla Latte
3.10.2023, 23:17:04
"Hat der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum wegen Eigenbedarfs wirksam gekündigt und fällt der geltend gemachte Grund nachträglich weg, so ist dies nur dann zu berücksichtigen, wenn sich der Wegfall vor dem Ablauf der Kündigungsfrist ereignet hat. In diesem Fall ist der Vermieter zu einer entsprechenden Mitteilung an den Mieter verpflichtet. Unterbleibt die Mitteilung, wird die Kündigung nachträglich wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam."
ahimes
28.11.2023, 18:29:39
Was sagt jurafuchs dazu? Mir kam das ohne die Ehescheidung zu kennen, schon suspekt vor.
Vanilla Latte
28.11.2023, 23:35:08
Ihr lieben Jurafüchse, könnt ihr uns bitte helfen?
Vanilla Latte
3.10.2023, 23:26:09
Eine Frage: die Mehrkosten für die neue Miete kann er verlangen. Gilt das nur für die erstmalige Miete oder wie lange geht der Anspruch? Ich bin mir sicher, dass ich dazu mal etwas gelesen hatte, dass dieser für mehrere Mieten gilt, jedoch finde ich es leider nicht mehr wieder.