Öffentliches Recht

Europarecht

Warenverkehrsfreiheit, Art. 34 AEUV

Ausnahme: Grenzüberschreitender Sachverhalt ohne Grenzüberschreitung

Ausnahme: Grenzüberschreitender Sachverhalt ohne Grenzüberschreitung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Nach französischem Recht dürfen nach Genehmigung nur französische Produkte die Bezeichnung "Montagne" nutzen, um die Herkunft aus einer Gebirgsregion anzuzeigen. P, französischer Wursthersteller, hat keine Genehmigung und sieht in dem Gesetz einen Verstoß gegen das EU-Recht.

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Einordnung des Falls

Ausnahme: Grenzüberschreitender Sachverhalt ohne Grenzüberschreitung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein grenzüberschreitender Sachverhalt ist vorliegend gegeben.

Nein, das ist nicht der Fall!

Alle Grundfreiheiten setzen ein besonderes transnationales Element voraus. Die Warenverkehrsfreiheit ist daher nur anwendbar, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Voraussetzung ist, dass grenzüberschreitende Warenströme zwischen den Mitgliedstaaten betroffen sind. Vorliegend geht es um eine nationale Maßnahme und ihre Auswirkungen auf einen Hersteller, der nationale Produkte vertreibt. Grenzüberschreitende Warenströme sind insoweit nicht betroffen. Es handelt sich vielmehr um einen Inlandssachverhalt.
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2. Der Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit ist bei einem Inlandssachverhalt dann eröffnet, wenn dieser zumindest potenziell innergemeinschaftliche Warenströme beeinträchtigt.

Ja, in der Tat!

Die Warenverkehrsfreiheit ist nicht auf reine Inlandssachverhalte anwendbar. Allerdings werden Inlandssachverhalte dann anhand der Warenverkehrsfreiheit geprüft, wenn sie sich auch ohne grenzüberschreitendes Element auf den freien Warenverkehr auswirken. Das französische Gesetz begünstigt den Vertrieb inländischer Produkte gegenüber dem Vertrieb eingeführter Waren, indem nur erstere die Bezeichnung "Montagne" führen dürfen. Zwar ist im konkreten Fall nur ein Hersteller inländischer Waren betroffen. Es reicht aber aus, dass hypothetisch eingeführte Waren betroffen sein könnten. Das Gesetz schafft eine Rechtslage, welche eingeführte Waren grundsätzlich gegenüber inländischen Waren benachteiligt und somit den Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten potenziell beeinträchtigt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Spyce

Spyce

14.10.2023, 11:03:14

Im ersten Fall mit dem CBD Öl müsste doch dann auch ein grenzüberschreitender Fall angenommen werden oder? Die Regelung, nur Apotheken dürften diese vertreiben, benachteiligt zB auch ausländische CBD Versandhändler, die nach Deutschland liefern. Theoretisch hat dann fast jede Regelung irgendwie einen potentiellen grenzüberschreitenden Bezug.

ON

onlyjura

9.7.2024, 13:28:13

Bei dem CBD-Öl hat ein deutscher Hersteller mit dem ausschließlichen Vertrieb in seinem Berliner Café keinen grenzüberschreitenden Bezug. Nach ausländischen Händlern bzw. einem potentiellen Verkauf seiner Produkte in andere Mitgliedsstaaten war nicht gefragt. Ansonsten stimme ich dir zu. Der Anwendungsbereich ist dann sehr oft eröffnet. Vermutlich lassen sich viele Fälle aber über den Prüfungspunkt Beschränkung oder Rechtfertigung wieder aussortieren.

CR7

CR7

8.8.2024, 13:00:15

@[Spyce](156540) Meines Erachtens ist es nur eine vertriebsbezogene Regelung und keine produktbezogene Regelung. Du darfst verkaufen, niemand sagt "Nein", aber halt nur in Apotheken. Das ist bei dem deutschen klassischen Bier-Beispiel anders, denn denn dort wird der Vertrieb gänzlich untersagt. Und verstehe nicht, warum @[onlyjura](188741) einen Disslike bekommt, obwohl ich die Antwort vertretbar finde.


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