Zivilrecht
Sachenrecht
Erwerb und Verlust von Grundstücksrechten
Fehlende Verfügungsberechtigung beim Eigentumserwerb an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB – Maßgeblicher Zeitpunkt
Fehlende Verfügungsberechtigung beim Eigentumserwerb an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB – Maßgeblicher Zeitpunkt
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B ist Bucheigentümer eines Grundstücks, wahrer Eigentümer ist E. B lässt das Grundstück an G auf, der den Eintragungsantrag stellt. E erwirkt panisch eine einstweilige Verfügung, aufgrund derer noch vor Eintragung des G ein Widerspruch im Grundbuch eingetragen wird.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Fehlende Verfügungsberechtigung beim Eigentumserwerb an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB – Maßgeblicher Zeitpunkt
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. G hat Eigentum nach §§ 873, 925 BGB erlangt.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das Grundbuchamt hat gegen den Prioritätsgrundsatz verstoßen, indem es den später eingegangen Eintragungsantrag des E zuerst behandelt hat.
Ja, in der Tat!
3. Der Verstoß gegen den Prioritätsgrundsatz macht die Eintragung des Widerspruchs unwirksam.
Nein!
4. G hat Eigentum nach §§ 873, 925, 892 Abs. 1 BGB erlangt.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Bioshock Energy
5.8.2024, 11:36:06
Ich dachte, dass man für den Zeitpunkt der Gutgläubigkeit auf den Zeitpunkt der Antragsstellung des Erwerbers abstellt, was dem Wortlaut des § 892 II entspricht. Fehler oder Verzögerungen des Grundbuchamtes sollen nämlich nicht zulasten des Erwerbers gehen. Hier wird auf den Zeitpunkt des Rechtserwerbs abgestellt, was dem Wortlaut des § 892 I S. 1 entspricht. Woher weiß ich welcher Zeitpunkt derjenige ist auf welchen es ankommt. Wieso wird vorliegend nicht auf § 892 II abgestellt? Für den Erwerb des Eigentumsrechts ist die Eintragung erforderlich, weshalb meiner Ansicht nach § 892 II passt und daher der Zeitpunkt der Antragsstellung des Erwerbers einschlägig ist. Bei Antragsstellung war jedoch noch kein Widerspruch eingetragen, weshalb der Käufer hier gutgläubig ist und das Grundstück gutgläubig erworben sein müsste. Vielleicht kann mir jemand auf die Sprünge helfen.
Leonie
9.8.2024, 20:04:00
Für die (positive) Kenntnis wird in der Tat gem. § 892 II auf den Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt. Das gilt aber nur für den Zeitpunkt der Kenntnis und eben nicht für (den Zeitpunkt) des Widerspruchs. Auch im Verbindung mit der vorherigen Aufgabe ist es in so einem Fall nicht möglich, den Zeitpunkt aus § 892 II analog für den Zeitpunkt des Widerspruchs heranzuziehen. G hatte im Ergebnis also keine
positive Kenntnisvon der Unrichtigkeit des Grundbuchs (Gutgläubigkeit). Der Erwerb vom Nichtberechtigten nach § 892 scheitert aber an anderer Stelle und zwar der Eintragung des Widerspruchs. Damit scheidet ein Eigentumserwerb aus (auch wenn G denkt, es wäre alles „in Ordnung“)
Tobias Krapp
27.8.2024, 08:44:00
Hallo Bioshock Energy, danke für deine Nachfrage und danke an @[Leonie](232117) für die vollkommen richtige Antwort! Du kannst ergänzend hierzu, auch was die Details zur Frage der analogen Anwendbarkeit angeht, gern noch in diesem Thread nachlesen: https://applink.jurafuchs.de/1FWRWgkCoMb Viele Grüße - für das Jurafuchsteam - Tobias