Öffentliches Recht

Verwaltungsrecht AT

Verwaltungsvollstreckung

Grundverfügung, gegen die ein eingelegter Rechtsbehelf ex lege keine aufschiebende Wirkung entfaltet

Grundverfügung, gegen die ein eingelegter Rechtsbehelf ex lege keine aufschiebende Wirkung entfaltet

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Polizeivollzugsbeamte P klingelt an As Tür und fordert A auf, ihr Auto von der öffentlichen Straße zu entfernen, da aus diesem Öl ausläuft. A hat dazu keine Lust und macht die Tür wieder zu.

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Einordnung des Falls

Grundverfügung, gegen die ein eingelegter Rechtsbehelf ex lege keine aufschiebende Wirkung entfaltet

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ps mündliche Aufforderung ist ein wirksamer Verwaltungsakt.

Ja, in der Tat!

Ein Verwaltungsakt ist jede eine hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 35 S. 1 VwVfG). Ein Verwaltungsakt kann auch mündlich ergehen (§ 37 Abs. 2 VwVfG). P handelte für die Polizeibehörde auf dem Gebiet des Gefahrenabwehrrechts (= öffentlich-rechtlich). Die Aufforderung ist auf die unmittelbare Rechtsfolge nach außen gerichtet, dass A verpflichtet wird, ihr Auto zu entfernen (= Regelung). Durch mündliche Bekanntgabe gegenüber A ist der Verwaltungsakt wirksam geworden. Bei einer polizeilichen Maßnahme zur Gefahrenabwehr kannst und solltest Du den Verwaltungsakt in der Regel in einem Satz bejahen.
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2. P kann den Verwaltungsakt zwangsweise durchsetzen, wenn die Voraussetzungen des § 6 VwVG vorliegen.

Ja!

Ein Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann gem. § 6 Abs. 1 VwVG mit den Zwangsmitteln nach § 9 VwVG durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO) oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 - 3a VwGO). P kann ein Zwangsmittel nach § 9 VwVG einsetzen, wenn eine Alternative des § 6 Abs. 1 VwVG erfüllt ist.

3. Der Verwaltungsakt ist unanfechtbar.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Verwaltungsakt wird unanfechtbar, wenn er nicht mehr mit Rechtsmitteln angegriffen werden kann. Wann dies der Fall ist, richtet sich nach den Vorschriften der VwGO (§§ 70, 74 VwGO). Der gerade erst durch P erlassene Verwaltungsakt ist noch nicht unanfechtbar geworden. Verwechsel nicht die Unanfechtbarkeit mit dem Wegfall der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 2 VwGO. Liegt ein Fall des § 80 Abs. 2 VwGO vor, ist der Verwaltungsakt immer noch anfechtbar. Das Rechtsmittel entfaltet lediglich keine aufschiebende Wirkung.

4. Der Verwaltungsakt ist sofort vollstreckbar, weil P den sofortigen Vollzug angeordnet hat.

Nein, das trifft nicht zu!

Auch ein Verwaltungsakt, der noch nicht bestandskräftig (= unanfechtbar) geworden ist, kann in Ausnahmefällen sofort vollstreckbar sein. Dies ist der Fall, wenn eine Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit durch die Behörde (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO) vorliegt. Zudem können Verwaltungsakte sofort zwangsweise durchgesetzt werden, wenn ein Rechtsmittel aufgrund eines Gesetzes die Wirksamkeit des Verwaltungsakts nicht suspensiert (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 - 3a VwGO). P hat die sofortige Vollziehbarkeit zwar nicht angeordnet. Weil es sich aber um eine unaufschiebbare Maßnahme eines Polizeivollzugsbeamten im Sinne von § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VwGO handelt, kann P die Zwangsvollstreckung des Verwaltungsakts sofort einleiten. In diesem Fall wäre an eine Vollstreckung im Sofortvollzug gem. § 6 Abs. 2 VwVG zu denken, sodass z.B. eine Androhung des Zwangsmittels entbehrlich wäre (§ 13 Abs. 1 S. 1 VwVG).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

VER

Vermouth

24.7.2023, 21:19:20

Wären hier nicht die lex specialis des PolG NRW einschlägig, statt des VwVG?

Charliefux

Charliefux

4.9.2024, 14:17:31

Ja ist es auch. Anwendbare Vorschrift wäre dann im

Sofortvollzug

§ 50 II PolG NRW, sofern es keine vorrangige Standardmaßnahme mit Vollstreckungselement gibt. Einschlägig wäre nach hM hier wegen des Austretenden Öls eine Sicherstellung nach § 43 PoLG NRW. (In Abschleppfällen ist str. ob es sich um eine Ersatzvornahme oder eine Sicherstellung handelt.) Aber die Aufgabe hier befindet sich im Kapitel des Verwaltungsrechts des Bundes. Deswegen wird hier nicht auf landesrechtliche Vorschriften eingegangen.

ISAB

Isabelle.Sophie

28.12.2023, 10:43:30

Ist die sofortige Vollziehbarkeit nicht ein Fall eines „Rechtsbehelfs, der keine aufschiebende Wirkung hat“, da sich beides aus § 80 II VwGO ergibt? Im Landesrecht SH wird bei der Zulässigkeit des Vollzugs von VAs nämlich nur die Unanfechtbarkeit und die mangelnde aufschiebende Wirkung aufgezählt. Nun frage ich mich, ob der Vollzug von VAs nicht auch zulässig ist, wenn der sofortige Vollzug angeordnet wird, auch wenn es nicht explizit in der Norm genannt wird, weil der sofortige Vollzug eben unter § 80 II VwGO (fehlende aW) zählt?

HAN

Hannah

3.2.2024, 14:29:37

Weshalb ist in diesem Fall an

Sofortvollzug

zu denken, dieser setzt doch gerade voraus, dass kein vorausgehender VA besteht?

AMA

Andeutungstheorie merken sowie Vertreter mit gebundener Marschroute

15.2.2024, 11:51:53

Ich glaube, dass es daran liegt, dass der Polizeibeamtin unmittelbar nach Aussprache des

Verwaltungsakt

s die Tür vor der Nase zugemacht wurde. Somit konnte sie keine An

drohung

und Festsetzung des Zwangsmittels vornehmen. Das Gestreckte Verfahren scheidet also aus. Deshalb ist an ein Ausweichen auf den

Sofortvollzug

zu denken.


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