Öffentliches Recht

VwGO

Verpflichtungsklage

Abgrenzung Verpflichtungsklage - Leistungsklage: Standardfall

Abgrenzung Verpflichtungsklage - Leistungsklage: Standardfall

24. November 2024

4,8(14.103 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B muss ein Bußgeld zahlen. Beim Ausfüllen des Überweisungsträgers trägt er aus Versehen €100 statt €10 ein. Die zuständige Behörde weigert sich, B das Geld zurückzuerstatten. B lässt sich das nicht bieten und geht zum Verwaltungsgericht. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet.

Diesen Fall lösen 91,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Abgrenzung Verpflichtungsklage - Leistungsklage: Standardfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Statthafte Klageart ist die Verpflichtungsklage, wenn B den Erlass eines Verwaltungsakts begehrt.

Ja, in der Tat!

Die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) ist statthaft, wenn das Klagebegehren des Klägers gerichtet ist auf den Erlass eines abgelehnten Verwaltungsakts (Versagungsklage) oder eines unterlassenen Verwaltungsakts (Untätigkeitsklage). Sie ist damit eine besondere Form der Leistungsklage. Ein Verwaltungsakt ist eine (1) hoheitliche Maßnahme einer (2) Behörde auf dem (3) Gebiet des öffentlichen Rechts (4) zur Regelung (5) eines Einzelfalls (6) mit Außenwirkung.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren.

Ja!

Zu prüfen ist, mit welcher Klageart der Kläger sein Vorhaben (= sein Klagebegehren) verfolgen will. Als verwaltungsgerichtliche Klagearten kommen in Betracht: (1) Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO), (2) Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO), (3) Feststellungsklage (§ 43 VwGO), (4) Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO), (5) allgemeine Leistungsklage, (6) Normenkontrollantrag (§ 47 VwGO). Daneben treten Anträge des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80 Abs. 5, 123 Abs. 1, 47 Abs. 6 VwGO). Formulierungsbeispiel: "Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (§§ 88, 86 Abs. 3 VwGO)."

3. Die Rückzahlung des Geldes ist ein Verwaltungsakt. Die Verpflichtungsklage ist statthaft.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die von B begehrte Rückzahlung des Geldes ist eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Es fehlt ihr jedoch an der Regelungswirkung, denn die Rückzahlung hat nicht die Begründung, Änderung oder Feststellung von Rechten und Pflichten zum Gegenstand. Die begehrte Rückzahlung des Geldes ist daher kein Verwaltungsakt, sondern rein tatsächliches Handeln (Realakt). Anderes gilt nur, wenn das Gesetz eine Festsetzung der Leistungshöhe vor Zahlung voraussetzt (z.B. § 48 Abs. 3 S. 4 VwVfG). Mangels Verwaltungsakts ist die Verpflichtungsklage nicht statthaft. Statthaft ist die allgemeine Leistungsklage.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

frausummer

frausummer

19.2.2022, 11:13:38

Könnte man hier auch an einen öfftl-rechtl. Erstattungsanspruch denken? Einen Rechtsgrund für die Zahlung von eben 100€ gab es ja nicht.

VIC

Victor

19.2.2022, 20:21:45

Wurde ein Rückerstattungsanspruch überhaupt angesprochen? Ich hätte das aber auch als den klassischen Fall angesehen, da mM keine speziellere AGL greift. Ein Teil der Zahlung ist ja immerhin rechtmäßig.

Juraluchs

Juraluchs

1.9.2022, 13:44:28

Ja, aber dieser wird ja dann mit der allg.

Leistungsklage

geltend gemacht.

HGWrepresent

HGWrepresent

26.10.2024, 18:31:38

Müsste die

Behörde

nicht eine Auszahlung verfügen?

LUC1502

luc1502

15.11.2024, 16:38:05

Hi @[HGWrepresent](149544), so wie ich es verstehe, geht es dem Kläger hier nur darum, die Auszahlung des Geldes zu erwirken (und die Auszahlung ist schlicht-hoheitliches Handeln); anders wäre es m.E., wenn die

Behörde

zuerst eine Leistung festsetzen muss, bevor sie die entsprechende Leistung dann auszahlen kann. Dann wäre die Festsetzung der Leistung ein VA iSd §35 S.1 VwVfG. Schoch/Schneider/Pietzcker/Marsch VwGO § 42 Abs. 1 Rn. 152 sieht in dem reinen Auszahlen von Geld auch nur ein schlicht-hoheitliches Handeln. Ich hoffe, das hilft dir weiter!


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community

Weitere für Dich ausgwählte Fälle

Jurafuchs

Untätigkeitsklage

R hat schon vor vier Monaten einen Antrag auf Erlass einer Baugenehmigung bei der zuständigen Behörde eingereicht. Gerührt hat sich seitdem niemand. R tobt. Nun möchte er die Behörde gerichtlich zum Erlass der Baugenehmigung zwingen.

Fall lesen

Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen