Öffentliches Recht
VwGO
Verpflichtungsklage
Statthaftigkeit der VK bei Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen
Statthaftigkeit der VK bei Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
R möchte neben seinem Wohnhaus einen Pferdestall errichten. Er beantragt eine Baugenehmigung für einen Stall mit Flachdach. Die zuständige Behörde genehmigt den Bau eines Stalls unter der Maßgabe, dass ein Satteldach statt des Flachdachs gebaut wird.
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Einordnung des Falls
Statthaftigkeit der VK bei Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (§§ 68ff. VwGO) klagt R. Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren. Vorliegend sind Anfechtungsklage und Verpflichtungsklage voneinander abzugrenzen.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Verwaltungsakte können mit sog. Nebenbestimmungen erlassen werden.
Genau, so ist das!
3. Nebenbestimmungen müssen von Inhaltsbestimmungen des Verwaltungsakts abgegrenzt werden.
Ja, in der Tat!
4. Die behördliche Maßgabe, dass R ein Satteldach bauen muss, ist eine Nebenbestimmung in Form einer Auflage (§ 36 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG).
Nein!
5. R begehrt den Erlass eines Verwaltungsakts. Statthaft ist die Verpflichtungsklage.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
simon175
10.6.2022, 21:31:45
Lukas_Mengestu
21.6.2022, 11:33:14
Hallo Simon175, bei echten
Nebenbestimmungen kommt eine isolierte Anfechtung der
Nebenbestimmungin Betracht. Schau Dir hierzu gerne den folgenden Fall an: Diesen Jurafuchs-Fall empfehle ich Dir https://applink.jurafuchs.de/MWkOoj6l2qb beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Paul
15.11.2023, 13:26:50
Hi zusammen, ich verstehe nicht so ganz, wieso hier keine Auflage vorliegen können soll. Wäre, im Rahmen des hier geschilderten Sachverhalts, nicht wenigstens auch denkbar, dass eine Genehmigung ohne Bestimmung zur Dachart eine Baugenehmigung, wie sie ursprünglich beantragt war, darstellt? Dass ein Fehlen einer Bestimmung zur Dachart zwingend zu einer Genehmigung „ohne Dach“ führen müsste, erschließt sich mir nicht so ganz. In dem zitierten BVerwG-Urteil wird, wenn ich das richtig verstanden habe, darauf abgestellt, dass die Bestimmungen des VA so eng miteinander verbunden sind, dass die
Behörde, die eine (Abbruchgenehmigung) zwingend nicht ohne die andere (Ausgleichszahlung) erlassen hätte, also eine einheitliche Ermessensentscheidung vorliege. Getrennt werden könne nur, wenn für die Auflage eigenes Ermessen ausgeübt wurde. Das ist im Sachverhalt für die dort geschilderte Situation aber mE nicht wirklich angelegt. Oder habe ich da etwas einfach komplett falsch verstanden, oder Rspr. oder Normdetails übersehen? Vielen Dank und beste Grüße, Paul
BigLebowski
14.7.2024, 16:42:58
Hi! Hier muss man mMn unterscheiden zwischen einer echten und einer sog. modifizierenden Auflage, die keine Auflage iSd § 36 II Nr. 4 VwVfG ist. Letztere, die hier vorliegt, ist keine
Nebenbestimmung. Daher ist sie nicht isoliert anfechtbar. Hierzu ausf. Steffen Detterbeck, VerwR AT, 21. Auflage, 2023; S. 224, Rn. 651 ff.: Eine echte Auflage ist ein Gebot oder Verbot, das zur Vergünstigung HINZUTRITT. Die Auflage muss erst dann befolgt werden, wenn der Adressat des VA die Vergünstigung nutzen will. Beispiel: "In einer Aufenthaltserlaubnis, Geld für die Rückfahrt in das Heimatland zu sparen (BVerwGE 64, 285)." "Von sog. modifizierenden Auflagen ist dann die Rede, wenn die
Behördedem erlassenen Verwaltungsakt Zusätze, Bestimmungen oder Maßgaben beifügt, die den INHALT des Verwaltungsakts betreffen. Es wird deshalb ein Verwaltungsakt erlassen, der INHALTLICH vom Antrag ABWEICHT. Kennzeichnend für derartige modifizierende Auflagen ist, dass die behördlichen Zusätze, Bestimmungen u. s. w. nicht selbständig durchsetzbar sind [...] Verstößt der Bürger gegen eine modifizierende Auflage, verstößt er nicht gegen ein Gebot oder Verbot, sondern handelt ohne Genehmigung." Beispiel: Dieser Sachverhalt. Die
Behördeweicht vom Beantragten (Sattel- statt Flachdach, bzw. umgekehrt) ab und verändert die Genehmigung inhaltlich. Würde der Adressat den Stall mit der von ihm gewünschten Dachform bauen, würde er ohne Genehmigung handeln und nicht gegen eine Auflage verstoßen. LG