Zivilrecht

Kreditsicherungsrecht

Fehlende Valutierung des Darlehens

Nicht-akzessorische Realsicherheiten: Möglichkeiten des Sicherungsgebers 1

Nicht-akzessorische Realsicherheiten: Möglichkeiten des Sicherungsgebers 1

4. Juli 2025

6 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S nimmt bei der B-Bank einen Kredit auf. B verlangt eine Sicherheit für den künftigen Rückzahlungsanspruch. Als Sicherheit bestellt S eine Sicherungsgrundschuld an seinem Grundstück zugunsten der B-Bank. Bevor es zur Auszahlung kommt, ist B schon insolvent. Bs Insolvenzverwalter möchte in das Grundstück vollstrecken.

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Einordnung des Falls

Nicht-akzessorische Realsicherheiten: Möglichkeiten des Sicherungsgebers 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist zwischen S und der B-Bank ein wirksamer Sicherungsvertrag zustande gekommen?

Ja, in der Tat!

Inhaltlich beinhaltet die Sicherungsabrede primär die Verpflichtung zur Bestellung der Sicherheit und kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande, §§ 145 ff. BGB. Hiervon zu abstrahieren ist die Bestellung der Sicherheit als Erfüllungsgeschäft.B verlangte zur Absicherung des zukünftigen Rückzahlungsanspruchs eine Sicherheit. S zeigte sich hiermit einverstanden. Unwirksamkeitsgründe sind nicht ersichtlich.
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2. Die Sicherungsgrundschuld ist unabhängig von der Valutierung wirksam.

Ja!

Die Sicherungsgrundschuld ist ein nicht-akzessorisches Sicherungsmittel und damit in ihrem Entstehen unabhängig von der zu sichernden Forderung. In der Konsequenz können derartige Sicherheiten entstehen, auch wenn die künftig zu sichernde Forderung dem Grund nach nicht bestimmbar ist. Die Wirksamkeit der Sicherungsgrundschuld ist unabhängig von der Entstehung des Rückzahlungsanspruchs und mithin der Auszahlung des Darlehens zu beurteilen.

3. S könnte ein bereicherungsrechtlicher Herausgabeanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zustehen.

Genau, so ist das!

Im Falle der fehlgeschlagenen Valutierung (verfehlter Zweck) billigt ein Teil der Literatur dem Sicherungsgeber einen Rückübertragungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zu (Zweckverfehlungskondiktion). Argumentiert wird damit, dass er Sicherungsgeber nicht zur Erfüllung der Verbindlichkeit leistet, sondern den Abschluss des forderungsbegründenden Schuldverhältnisses bezweckt. S übereignet die Maschinen als Sicherheit, um die B-Bank zur Auszahlung des Darlehens zu bewegen. Insofern könnte ihr ein Rückübertragungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zustehen.

4. Nach der hM ist die Zweckverfehlungskondiktion subsidiär zu vertraglichen Rückübertragungsansprüchen?

Ja, in der Tat!

Nach der herrschenden Gegenauffassung ist die Zweckverfehlungskondiktion dagegen ausgeschlossen, soweit bereits ein vertraglicher Rückübertragungsanspruch besteht. Ein Anspruch auf Rückübertragung kann sich nach dieser Auffassung insbesondere aus der Sicherungsabrede ergeben. Zu prüfen ist, ob der zwischen S und der B-Bank geschlossene Sicherungsvertrag eine taugliche Anspruchsgrundlage bildet.

5. Steht S ein vertraglicher Rückübertragungsanspruch zu?

Ja!

Die herrschende Auffassung nimmt eine Rückübertragungspflicht aus der Sicherungsabrede an, sofern die Nichtvalutierung endgültig ist. Sofern die Parteien den Umstand nicht bedacht haben, ist die Lücke im Wege der ergänzenden Auslegung der Sicherungsabrede zu schließen (§ 157 BGB). Denn die Parteien hätten bei beiderseitiger Interessenabwägung nach Treu und Glauben eine vertragliche Rückübereignungspflicht vereinbart, wenn sie den Fall der Nichtvalutierung bedacht hätten. Da der Sicherungsvertrag die fehlende Valutierung nicht regelt, ist er ergänzend dahingehend auszulegen, dass ein Rückübertragungsanspruch im Falle der endgültigen Nichtvalutierung besteht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Im🍑nderabilie

Im🍑nderabilie

22.6.2023, 16:37:09

Hier stimmt irgendwas nicht, plötzlich geht es um Maschinen statt um die Grund

schuld

?

CR7

CR7

6.8.2024, 14:42:37

Hi, ich habe es mal nachgesehen. In Wellenhofer, 2023, § 28 Rn. 25ff. wird davon gesprochen. Zwar sind die Maschinen hier sicher nicht richtig, aber die Aufgabe stimmt insgesamt.

LS2024

LS2024

11.7.2024, 14:50:39

Auf den Wellenhofer Sachenrecht hat meine Universität nur online Zugriff. Da sehe ich aber nur die Randnummern und keine Seitenzahlen. Insofern kann ich nicht nachschauen wie diese Aufgabe richtig lautet. Bitte immer auch Randnummern angeben und diese Aufgabe verbessern.

CR7

CR7

6.8.2024, 14:48:05

Siehe Wellenhofer, SachenR, 2023, § 28 Rn. 25 ff. Aufgabe zwar nicht ganz richtig (Maschinen gehören hier nicht her), vom Inhaltlichen jedoch insoweit richtig. Wellenhofer sagt, für den Fall der Nichtvalutierung (wie hier) werden zwei Ansichten vertreten: Medicus sagt: Anspruch aus § 346 I BGB nach ausgeübten Rücktritt (hier wird nicht erwähnt, ob Rücktritt vom DarlehensV oder SicherungsV, jedenfalls entfällt für einen der beiden die Geschäftsgrundlage, so dass es zwangsläufig über § 313 III auf § 346 I hinaus läuft) Wellenhofer schließt sich der anderen Ansicht an (in JuS 2016, 776 ff.). Diese sagt: Anspruch folgt aus dem SicherungsV, wird einredeweise geltend gemacht, wenn der Gläubiger trotz fehlender Valutierung aus dem SicherungsV vorgeht.

LS2024

LS2024

30.8.2024, 15:54:50

Ah super, danke Dir :)

G0d0fMischief

G0d0fMischief

20.1.2025, 11:44:36

Sicherungsvertrag

: Verpflichtungsgeschäft, kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Beinhaltet die

Sicherungsabrede

, die zur Bestellung der Sicherheit verpflichtet.

Grund

schuld

: Erfüllungsgeschäft, die Bestellung der Grund

schuld

(Sicherheit aus dem

Sicherungsvertrag

) erfolgt aufgrund des

Sicherungsvertrag

s (Verpflichtungs- bzw. Kausalgeschäft). Ich hab das hier mal zum Verständnis aufgeschrieben, weil ich selbst ein Problem damit hatte, dadurch dass die Grund

schuld

nichtakzessorisch ist. Weil nur, weil die Grund

schuld

nichtakzessorisch ist, heißt es NICHT, dass diese in luftleeren Raum gestellt werden kann. Wie jedes Erfüllungsgeschäft (oder

Verfügungsgeschäft

) braucht auch die Grund

schuld

ein Kausalgeschäft (oder Verpflichtungsgeschäft). Denn ohne dieses würde der Grund

schuld

ein Rechtsgrund i.S.v. §§ 812 ff. BGB fehlen. Nichtakzessorisch heißt also nur, dass die Grund

schuld

auch zu sichernde Forderung bestehen kann. ABER im

Sicherungsvertrag

wird üblicherweise vereinbart, dass die Grund

schuld

zur Sicherung der Forderung X besteht. Und damit muss diese auch zurückübertragen werden, wenn die Forderung nicht mehr besteht oder nicht entstanden ist. Dennoch ist dieser Rückübertragung ja „nur“ ein vertraglicher Anspruch (aus dem

Sicherungsvertrag

) und damit natürlich schwächer als die

Akzessorietät

der Hypothek, durch welche in solchen Fällen kraft Gesetz eine

Eigentümergrundschuld

entsteht.


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