Gebrauchtwagenkauf – Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts (§ 144 BGB)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V verkauft K sein Auto. Dabei verschweigt V, dass er den Kilometerzähler „zurückgeschraubt“ hat. Als K davon erfährt, mindert er den Kaufpreis (§ 441 BGB). V verweigert jedoch die Rückzahlung. Daraufhin ficht K den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an.
Einordnung des Falls
Gebrauchtwagenkauf – Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts (§ 144 BGB)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der manipulierte Kilometerzähler stellt einen Mangel dar, der K zur Minderung berechtigt (§§ 437 Nr. 2, 441 BGB).
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Ja!
2. Indem K die Minderung erklärt hat, hat er zum Ausdruck gebracht, den anfechtbaren Kaufvertrag endgültig als wirksam gelten zu lassen (Bestätigung, § 144 BGB).
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Nein, das ist nicht der Fall!
3. V hat K arglistig getäuscht, indem er K die Manipulation des Kilometerzählers verschwiegen hat (§ 123 Abs. 1 BGB).
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Ja, in der Tat!
4. K hat den Kaufvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten (§ 123 Abs. 1 BGB).
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Ja!
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Kate
17.11.2021, 14:48:17
Müsste man nicht wegen der ex tunc Wirkung erst die Anfechtung prüfen? Dies entnimmt der Minderung dann das Schuldverhältnis, weswegen die nicht mehr erklärt werden kann. Oder gibt es einen bestimmten Grund hier chronologisch zu prüfen? Ich dachte, dass das Gewährleistungsrecht nur dann Vorrang genießt, wenn es spezieller ist und so zB den Eigenschaftsirrtum ausschließt.

Lukas_Mengestu
17.11.2021, 19:49:42
Hallo Kate, in der Tat ist im Falle der arglistigen Täuschung die Anfechtung nicht durch das Kaufmängelgewährleistungsrecht ausgeschlossen. Allerdings gibt es insoweit auch keinen Vorrang, sondern der Käufer kann wählen, welches Recht er geltend macht. Wir haben uns hier an der Chronologie des Sachverhaltes orientiert. Aber Du kannst die Minderung ebensogut inzident ansprechen im Rahmen der Anfechtung. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
14.3.2022, 15:35:13
Könnte man hier hinsichtlich der Täuschung anstelle der unterlassenes Aufklärung nicht auch auf das “Zurückschrauben” durch den V als aktives Tun abstellen?
Victor
14.3.2022, 19:20:24
Für die Täuschungshandlung kommt es tatsächlich auf das Unterlassen der Aufklären an. Beim „zurückschrauben“ wird gegenüber keiner Person eine Tatsache als wahr vorgespiegelt. Das geschieht erst konkludent durch das Nichtaufklären. Daher muss man auf den unterlassenen Hinweis abstellen.
QuiGonTim
15.3.2022, 08:24:16
Die Laufleistung ist zweifelsfrei eine Tatsache. Durch das Zurückschrauben wird die Laufleistungsanzeige verändert. Diese ist für jeden, der den Motor anlässt, was üblicherweise bei einer Besichtigung im Rahmen der Vertragsanbahnung getan wird, ersichtlich. V erzeugte folglich gegenüber jedem, also auch gegenüber K, einen Irrtum über die Laufleistung des Fahrzeugs.

Lukas_Mengestu
15.3.2022, 11:01:05
Hallo QuiGonTim, hier erscheint es durchaus vertretbar auch auf das Zurückschrauben abzustellen. In der Praxis wird man zwar häufig nur auf das Verschweigen abstellen. Dies liegt aber in erster Linie daran, da es schwerer zu beweisen sein wird, dass der Verkäufer die Manipulation selbst begangen hat. Dieses Problem stellt sich hier nicht, da uns der Sachverhalt diese Information gibt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

GilgameshTG
5.8.2022, 20:47:55
Das Zurückschrauben an sich ist mE noch keine Täuschungshandlung, da der Verkäufer jederzeit sagen könnte "Ach übrigens, ich hab den Zähler zurückgeschraubt." Er hält sich nur die Option offen, den Käufer zu täuschen, indem er eben diese Erklärung ggf unterlässt.
Strand Spaziergang
22.3.2023, 10:50:06
Nach der ersten Frage kommt in der Erklärung der Satz: „A konnte aus §441 iVm §326 V den Kaufpreis mindern. Dem Wortlaut nach bezieht sich §326 V aber auf den Rücktritt- wie kommt man hier zur Minderung?

Nora Mommsen
23.3.2023, 14:47:05
Hallo Strand Spaziergang, danke für deine Frage. Der Verweis auf § 326 Abs. 5 BGB ergibt sich aus § 441 BGB, der davon spricht, dass eine Minderung "statt Rücktritt" möglich ist. Eine Minderung ist also nur möglich, wenn die Rücktrittsvoraussetzungen vorliegen. Es kommt also auf den einschlägigen Rücktrittstatbestand an i.V.m. § 441 BGB als Minderungsnorm. Vorliegend liegen die Voraussetzungen eines Rücktritts nach § 326 Abs. 5 BGB vor. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Strand Spaziergang
25.3.2023, 11:53:38
Danke :-)