Zivilrecht

Deliktsrecht

Haftung nach StVG

Brennendes Auto (Haltereigenschaft / "bei Betrieb")

Brennendes Auto (Haltereigenschaft / "bei Betrieb")

8. April 2025

13 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A parkt das Auto ihrer Oma O in einer Tiefgarage. Dort entzündet es sich nach kurzer Zeit selbst und beschädigt das Auto des B. O hatte der A das Auto vor langer Zeit überlassen, da sie es nicht mehr bedienen kann. Dabei trug A ebenfalls die Kosten des Autos.

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Einordnung des Falls

Brennendes Auto (Haltereigenschaft / "bei Betrieb")

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B hat eine Rechtsgutsverletzung erlitten (§ 7 Abs. 1 StVG).

Ja, in der Tat!

Bei der eingetretenen Rechtsgutsverletzung muss es sich um eine Beeinträchtigung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder des Eigentums handeln. Ebenso ist das Besitzrecht umfasst. Das Auto des B wurde beschädigt. Eine Eigentumsverletzung liegt vor. Eine Beeinträchtigung der anderweitigen in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter ist hingegen nicht ausreichend.
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2. O ist Halterin des Fahrzeugs (§ 7 Abs. 1 StVG).

Nein!

Halter ist, wer das Kfz nicht nur vorübergehend für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Kfz besitzt. Somit umfasst der Halterbegriff zwei Elemente: die Kostentragung und die tatsächliche Verfügungsgewalt. Fallen beide Elemente auseinander, erfolgt eine wertende Betrachtung. O hatte weder die Verfügungsgewalt noch trug sie die Kosten. Damit ist sie keine Halterin. Die Eigentumsverhältnisse und die Frage, auf wen der Wagen zugelassen ist, sind für die Haltereigenschaft nicht entscheidend.

3. A ist Halterin des Fahrzeugs (§ 7 Abs. 1 StVG).

Genau, so ist das!

A besaß im Zeitpunkt der Entzündung seit langer Zeit die Verfügungsgewalt und trug ebenfalls die Kosten. Damit ist sie Fahrzeughalterin.

4. Der Schaden wurde auch "bei Betrieb" des Fahrzeugs verursacht (§ 7 Abs. 1 StVG).

Ja, in der Tat!

Beim Betrieb eines Fahrzeuges hat sich der Unfall ereignet, wenn sich eine Gefahr realisiert, die mit dem Fahrzeug als Verkehrsmittel verbunden ist. Nach der sog. verkehrstechnischen Auffassung ist ein Kfz oder Anhänger in Betrieb, solange es sich im Verkehr befindet und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Ausreichend ist, dass bei einer wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug zumindest mitgeprägt worden ist. Der Brand stand in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Betrieb des Fahrzeugs von A. Somit ist davon auszugehen, dass sich eine Betriebsgefahr des Autos realisiert hat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

IUS

iustus

1.2.2021, 19:08:31

Nach Hemmer fällt ein „in Betrieb“ raus, wenn wenn das Fz abgestellt wurde und aus dem normalen Verkehr abgesondert auf einem (öffentlichen) Parkplatz ist. Hier steht das Fz ja im Parkhaus und ist folglich nicht mehr in Betrieb, die richtige Antwort ist aber „ja“. Kann es sein, dass die Frage da einen Fehler hat?

Speetzchen

Speetzchen

1.2.2021, 22:04:04

Die Antwort ist richtig, hier besteht ein zeitliche und räumliche Nähe zwischen dem Fahren und dem Abstellen. Die Respr. neigt dazu, den Begriff 'bei Betrieb' sehr weit auszulegen und folgt der hier dargestellten verkehrstechnischen Auffassung. Lg

IUS

iustus

1.2.2021, 22:16:29

Danke für die flotte Antwort. Ich habe es auch nochmal nachgelesen, finde die Argumentation etwas inkonsequent und bin daher aA als die Rspr.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

2.2.2021, 00:22:02

Das Thema ist auch beliebt in mündlichen Prüfungen! Mit der richtigen Begründung ist da auch eine aA als die des BGH sehr gut vertretbar. Kann ich beides aus eigener Erfahrung sagen. ;)

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

8.1.2022, 18:41:15

In meinen Hemmer-Unterlagen wird ebenfalls die hier von Jurafuchs dargestellte Ansicht vertreten...

CR7

CR7

17.2.2023, 09:24:15

Ich bin auch bei Hemmer und mein Kursleiter vertritt auch diese Ansicht. Ich denke a.A ist vertretbar

AME

Amelie7

31.10.2024, 11:35:34

Finde das auch etwas unschlüssig, das einzige Argument ist also die zeitliche und räumliche Nähe? Ab welchem Zeitraum besteht dieser Zusammenhang nicht mehr? Hätte sich das Auto nach einem Tag, einer Woche entzündet,..? Das führt doch zu Zufallsentscheidungen.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

21.1.2025, 17:42:50

Hallo @[iustus](89260), hinsichtlich Deiner Frage kann ich mich @[Speetzchen](38882) nur anschließen und bei vertieftem Interesse zB auf BeckOGK-StVG/Walter, Stand 1.1.2022, § 7 Rn 89 ff verweisen, der den Betriebsbegriff, dessen Elemente und Entwicklung in der Rspr genau seziert. Zu Deinem Beitrag, @[Amelie7](262107): Ich würde nicht sagen, dass das zu "Zufallsentscheidungen" führt. Es führt aber zweifelsfrei zu weniger Vorhersehbarkeit bei gerichtlichen Entscheidungen und zu mehr Rechtsunsicherheit. Das eben der trade off für mehr Einzelfallgerechtigkeit, die man nur durch Bewertung der konkreten Umstände erzielen kann. Einzelfallgerechtigkeit auf der einen und Vorhersehbarkeit/Rechtssicherheit auf der anderen Seite lässt sich nur in gewissem Umfang miteinander vereinbaren. Wann die Grenze in die eine oder andere Richtung überschritten ist, lässt sich natürlich nicht abstrakt beantworten. Es ist eben eine wertende Betrachtung anhand der Umstände des Einzelfalls. Das gehört bei Jura (leider oder zum Glück, je nach Betrachtungswinkel) dazu: Wann ist eine Anfechtung noch "unverzüglich", wann ist ein Verhalten im Strafrecht nicht mehr (grob) fahrlässig, sondern schon vorsätzlich, und ist der durch ein Gesetz erfolgende

Eingriff

in die Berufsfreiheit noch verhältnismäßig oder schon nicht mehr? All das können wir eben nicht (ganz) pauschal beantworten. So ist es nach der Rspr auch hier beim Betriebsbegriff, wobei sich der BGH hier in der Tat ein hohes Maß an Spielraum behält. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

AME

Amelie7

21.1.2025, 18:19:53

Danke für die Antwort @[Sebastian Schmitt](263562), ist es denn tatsächlich so, dass würde sich das Auto nach einer Woche oder einem Monat auf dem Parkplatz entzünden kein Betrieb mehr angenommen werden würde? Mittlerweile habe ich es tatsächlich so verstanden, dass das generell auch ohne zeitlichen Zusammenhang als bei Betrieb gelten würde.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

21.1.2025, 18:35:00

Hallo @[Amelie7](262107), auch das lässt sich nicht so leicht pauschal beantworten. Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, StraßenverkehrsR, 28. Aufl 2024, § 7 StVG Rn 5, 7 sprechen zB immer noch vom Kriterium eines (nahen) "zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs". Nach BeckOGK-StVG/Walter, Stand 1.1.2022, § 7 Rn 95 soll die "Dauer des Stillstands" dagegen "kein Kriterium (mehr)" sein. Ich persönlich halte den Betriebsbegriff der derzeitigen Rspr ebenfalls für sehr weit und gehe davon aus, dass der BGH dem zeitlichen Abstand in Deinem Beispiel keine all zu große Bedeutung zumessen würde, wenn überhaupt. Ganz klar ist das aber eben nicht, deswegen auch die sich etwas widersprechenden Aussagen im Schrifttum. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

QUEERS

QueerSocialistLawyer

27.1.2025, 15:58:16

in den ersten Fragen wird das verletzte Eigentum als das Schutzgut von § 7 genannt. Es ist dort aber nur von „Sache beschädigt“ die Rede

NEN

Neni808

2.2.2025, 15:41:33

In ein paar Fragen davor wurde gesagt, dass das Fahrzeug an sich nicht beschädigt werden kann iSv § 7 I StVG, es liegt nur eine Beschädigung der Sache vor, wenn eine vom Fahrzeug verschiedene Sache beschädigt wurde, nicht dagegen das Fahrzeug selbst. In diesem Fall wird aber darauf abgestellt, dass das Fahrzeug als Eigentum des B beschädigt wurde und dementsprechend eine Rechtsgutsverletzung vorliegt. Worin unterscheiden sich diese beiden Fälle?

LELEE

Leo Lee

3.2.2025, 11:15:56

Hallo Neni808, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Du hast zunächst völlig Recht damit, dass 7 StVG nicht das Fahrzeug selbst erfasst, denn mit dem Fahrzeug wird ja gerade der Unfall begangen! Achte allerdings darauf, dass 7 StVG hiermit meint, dass das Fahrzeug des UNFALLVERURSACHERS nicht selbst Gegenstand der RGV (etwa ggü. dem Leasinggeber) sein kann. Autos Dritter (etwa hier des B) können dagegen sehr wohl erfasst werden, da es keinen Unterschied für B - als Dritter - macht, ob sein Auto, Fahrrad oder Gesundheit verletzt wird. Achte also darauf, dass der Ausschluss nur für das Auto, WOMIT der Unfall gebaut wird, ausgenommen wird. Alle anderen "Dritt-Rechtsgüter" werden also völlig normal erfasst; ansonsten wäre ja 7 StVG insofern sinnlos, als der häufigste Fall des Sach

schaden

s innerhalb des Anwendungsbereichs - und zwar die Beschädigung von fremden Autos - nicht erfasst würde. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom BeckOK-GK StVG, Walter § 7 Rn. 29 f. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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