Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Streitgenossenschaft

Klage gegen zwei einfache Streitgenossen, einer säumig, der andere anwesend

Klage gegen zwei einfache Streitgenossen, einer säumig, der andere anwesend

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Autos von K und B sind im Straßenverkehr zusammengestoßen. K gibt B die alleinige Schuld. Er erhebt Schadensersatzklage gegen ihn und seine Haftpflichtversicherung H. Zum Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint jedoch nur ein Vertreter der H. B ist nicht anwesend. ‌

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Einordnung des Falls

Klage gegen zwei einfache Streitgenossen, einer säumig, der andere anwesend

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B und H sind einfache Streitgenossen.

Genau, so ist das!

Mehrere Personen können als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn sie (1) hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen (§ 59 Alt. 1 ZPO), (2) aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt und verpflichtet sind (§ 59 Alt. 2 ZPO) oder (3) wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden (§ 60 ZPO). Beide Ansprüche beruhen auf demselben Unfall. Die Ansprüche sind zumindest gleichartig und beruhen auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund.
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2. Da zumindest ein Vertreter der H anwesend ist, liegt keine Säumnis des B vor.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten setzt nach § 331 Abs. 1 ZPO dessen Säumnis voraus. Säumnis liegt in der mündlichen Verhandlung vor, wenn eine Partei nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint und auch keinen Vertreter schickt bzw. nicht postulationsfähig ist. Anders als bei einer notwendigen Streitgenossenschaft (§ 62 Abs. 1 ZPO) wird bei einer einfachen Streitgenossenschaft ein säumiger Streitgenosse nicht durch einen anwesenden Streitgenossen vertreten. B und H sind einfache Streitgenossen. B ist nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen und wird auch nicht durch H bzw. deren Vertreter vertreten. B ist säumig, sodass bei Schlüssigkeit der Klage ein Versäumnisurteil gegen ihn ergehen kann.

3. Wenn gegen B ein Versäumnisurteil ergeht, muss auch gegen H ein Versäumnisurteil ergehen.

Nein!

Bei einer notwendigen Streitgenossenschaft muss aus prozessrechtlichen (§ 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO) oder materiell-rechtlichen Gründen (§ 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO) eine einheitliche Entscheidung ergehen. Bei einer einfachen Streitgenossenschaft bestehen die einzelnen Prozessrechtsverhältnisse dagegen unabhängig voneinander (sog. Trennungsprinzip, §§ 61, 63 ZPO) und können dementsprechend auch unterschiedlich entschieden werden. B und H sind einfache Streitgenossen. Es ist möglich, dass gegen B ein Versäumnisurteil und gegen H ein Endurteil ergeht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Teddy

Teddy

2.5.2024, 18:03:18

Vielleicht könnte in der Erläuterung noch auf § 124 VVG eingegangen werden, der ja prima facie ein anderes Ergebnis nahelegt. ✨

TI

Timurso

2.5.2024, 23:24:09

Inwieweit legt 124 VVG denn ein anderes Ergebnis nahe? Oder meinst du, man sollte einfach ganz generell darauf eingehen, weil er eine gewisse Verbindung zwischen diesen Rechtsverhältnissen schafft?

Teddy

Teddy

3.5.2024, 09:12:16

Soweit durch rechtskräftiges Urteil festgestellt wird, dass dem Dritten ein Anspruch auf Ersatz des Schadens nicht zusteht, wirkt das Urteil, wenn es zwischen dem Dritten und dem Versicherer ergeht, auch zugunsten des Versicherungsnehmers, wenn es zwischen dem Dritten und dem Versicherungsnehmer ergeht, auch zugunsten des Versicherers, § 124 I VVG. § 124 I VVG ordnet somit zwar eine (einseitige) Rechtskrafterstreckung an. Der Versicherer kann allerdings Risikoausschlussgründe geltend machen, weswegen die Sachentscheidung nicht zwingend einheitlich ausfallen muss. Halter und Haftpflichtversicherer sind wegen ihrer gesamtschuldnerischen Haftung (§ 115 I 4 VVG) deshalb nur einfache Streitgenossen (§ 59 Alt. 1 ZPO). In den übrigen Aufgaben wir dieser Besonderheit auch erwähnt. ✨


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