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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Magazine A und B verbreiten anlässlich eines Artikels in der „Bild“ unzulässige „News“ über S. S beauftragt Anwältin C, die von A und B Unterlassungserklärungen erwirkt. C rechnet das Vorgehen gegen A und B getrennt ab (je €500). A zahlt €500 an S. S will auch von B Ersatz der Anwaltskosten.

Einordnung des Falls

Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S kann von B grundsätzlich Schadensersatz verlangen.

Ja, in der Tat!

Der Schadensersatzanspruch folgte im BGH-Fall aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG). Die Berichterstattung war unzulässig, weil es sich um Verdachtsberichtserstattung über Bagatellkriminalität handelte. Da kein erkennbares Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestand, sah das erstinstanzliche Gericht die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach als erfüllt an (näher AG Charlottenburg, Urteil vom 15.12.2016 - 205 C 225/16).

2. S‘ Schadensersatzanspruch erfasst grundsätzlich auch die an C zu zahlenden Rechtsanwaltsgebühren.

Ja!

Grundsätzlich muss der Schädiger dem Geschädigten auch außergerichtliche Rechtsanwaltskosten ersetzen, wenn der Geschädigte anwaltliche Hilfe für erforderlich halten durfte. Das ist in der Regel der Fall, wenn der Sachverhalt nicht ausnahmsweise besonders einfach gelagert und dem Geschädigten die eigenständige Durchsetzung seiner Rechte ohne Weiteres möglich ist (vgl. Oetker, in: MüKoBGB, 8.A. 2019, § 249 RdNr. 180ff.). Die Erwirkung von Unterlassungserklärungen ist einem Rechtslaien nicht ohne Weiteres möglich. S durfte anwaltliche Hilfe für erforderlich halten und kann deshalb auch grundsätzlich von B Erstattung verlangen.

3. Zu ersetzen sind stets die gezahlten Rechtsanwaltsgebühren. Unerheblich ist, ob die Gebühren auch tatsächlich entstanden sind.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Schädiger darf natürlich nicht für sämtliche Zahlungen an den Anwalt in Regress genommen werden, sondern nur für solche, auf die auch ein Anspruch des Anwalts bestand. Der Anwalt muss also im Innenverhältnis einen Anspruch gegen den Geschädigten haben, damit dieser im Außenverhältnis vom Schädiger Erstattung verlangen kann (BGH NJW 2011, 3167). Die Höhe der im Außenverhältnis erstattungsfähigen Kosten ist dabei grundsätzlich an die gesetzlichen Gebühren gekoppelt; nur in Ausnahmefällen sind auch höhere Kosten erstattungsfähig (vgl. BGH NJW 2015, 3447).

4. In welcher Höhe die von S für das Vorgehen gegen B abgerechneten Gebühren tatsächlich entstanden sind, richtet sich unter anderem nach § 15 Abs. 2 RVG.

Ja, in der Tat!

Gemäß § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Für Cs Gebührenanspruch bedeutet das Folgendes: War das Vorgehen gegen A und B „dieselbe Angelegenheit“, hätte sie die Gebühren nur einmal abrechnen dürfen. Die „einheitliche Angelegenheit“ hätte dann zwar einen doppelt so hohen Gegenstandswert. Da die Gebühren mit dem Gegenstandswert aber degressiv steigen, hätte C so deutlich weniger als insgesamt €1.000 abrechnen dürfen (schätzungsweise etwa €650).Achtung Terminologie: Im außergerichtlichen Verfahren spricht man von Gegenstandswert (vgl. § 2 Abs. 1 RVG), bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung vom Streitwert (vgl. § 3 GKG).

5. Das Vorgehen von C gegen A und B war „dieselbe Angelegenheit“ im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG.

Ja!

Dieselbe Angelegenheit liegt in der Regel vor, wenn zwischen zwei Leistungen ein innerer Zusammenhang besteht und sie in ihrer Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass man von einem einheitlichen Rahmen anwaltlicher Tätigkeit sprechen kann. Nicht erforderlich ist, dass jeweils dieselbe Anspruchsgrundlage einschlägig ist oder ein einheitliches Anschreiben genügt. BGH: Die anwaltlichen Leistungen seien zwei gleichartige Anschreiben mit demselben Zweck. Auch die Schädigungshandlungen seien weitgehend identisch und beruhten auf derselben Quelle. Somit handele es sich, auch wenn die Anspruchsgegner verschiedene Rechtssubjekte seien, um dieselbe Angelegenheit. Etwas anderes könne nur gelten, wenn sich herausstelle, dass S die C nicht einheitlich beauftragt habe.

6. S kann von B Zahlung von €500 verlangen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Handelt es sich um dieselbe Angelegenheit, kann C nur eine einheitliche Gebühr für den doppelten Gegenstandswert abrechnen. Wegen des degressiven Gebührenanstiegs läge die einheitliche Gebühr zwischen €500 und €1.000, schätzungsweise etwa bei €650. A und B sind Nebentäter gemäß § 840 Abs. 1 BGB und haften deshalb als Gesamtschuldner, §§ 421ff. BGB. A hat bereits €500 gezahlt. Legt man eine einheitliche Gebühr von €650 zugrunde, kann S also nur noch €150 € von B verlangen.

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