§ 49 Abs. 1 VwVfG
19. Mai 2025
6 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Behörde B untersagt Immobilienmaklerin I die Ausübung ihres Gewerbes, weil I die erforderliche Erlaubnis fehlt. Der rechtmäßige Untersagungsbescheid wird bestandskräftig. I bittet B, den Bescheid aufzuheben, weil sie einen Antrag auf Erlaubnis gestellt hat, das Verfahren aber andauert.
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Einordnung des Falls
§ 49 Abs. 1 VwVfG
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Es ist unmöglich, einen rechtmäßigen, bestandskräftigen Verwaltungsakt aufzuheben.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Untersagungsbescheid ist ein begünstigender Verwaltungsakt. Der Widerruf richtet sich nach § 49 Abs. 2 VwVfG.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Rechtmäßige, belastende Verwaltungsakte kann die Behörde gemäß § 49 Abs. 1 VwVfG ausnahmslos widerrufen.
Nein!
4. B müsste nach einem Widerruf nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 S. 1 GewO der I erneut die Ausübung ihres Gewerbebetriebs untersagen.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jotus
3.12.2024, 16:01:20
§ 15 II 1 GewO ist zwar eine Ermessensentscheidung, aber es handelt es sich ja um einen Fall des intendierten Ermessens. Müsste dies nicht mit in die Wertung eingehen, sodass eine Untersagung zu erteilen ist oder liegen durch die Beantragung der Gewerbezulassung Umstände vor, die vom Normalfall abweichen?

Sebastian Schmitt
25.4.2025, 10:17:50
Hallo @[Jotus](244613), vielen Dank für Deinen guten Hinweis. Einen Fall des "wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste" iSd § 49 I VwVfG haben wir nur dann, wenn wir eine gebundene Entscheidung der Verwaltung haben, einschließlich des Falls der
Ermessensreduzierung auf Null(Schoch/Schneider/Schoch, VerwR, Werkstand 5. EL Juli 2024, § 49 Rn 79). Selbst wenn der
Behördenur ein ganz enger Entscheidungsspielraum bleibt, ist ein Widerruf nach § 49 I VwVfG möglich (Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, VwVfG, 10. Aufl 2023, § 49 Rn 23). Bei § 15 II 1 GewO und Fällen des intendierten Ermessens kann man darüber sicherlich nachdenken und wir haben jetzt einen entsprechenden Vertiefungshinweis aufgenommen. Ob wir wirklich eine gebundene Entscheidung haben, ist allerdings sehr einzelfallabhängig, insbesondere in Fällen wie unserem, in dem wir "nur" formelle, aber wohl keine materielle Illegalität haben (näher Ennuschat/Wank/Winkler, GewO, 9. Aufl 2020, § 15 Rn 27 ff). Wir wollen darauf an dieser Stelle nicht im Einzelnen eingehen und haben deswegen die letzte Frage sprachlich angepasst, möchten es aber für den Moment dabei und bei dem kurzen Vertiefungshinweis belassen. Diesen Thread lassen wir gerne zur Erläuterung stehen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team