§ 49 Abs. 1 VwVfG

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Behörde B untersagt Immobilienmaklerin I die Ausübung ihres Gewerbes, weil I die erforderliche Erlaubnis fehlt. Der rechtmäßige Untersagungsbescheid wird bestandskräftig. I bittet B, den Bescheid aufzuheben, weil sie einen Antrag auf Erlaubnis gestellt hat, das Verfahren aber andauert.

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Einordnung des Falls

§ 49 Abs. 1 VwVfG

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es ist unmöglich, einen rechtmäßigen, bestandskräftigen Verwaltungsakt aufzuheben.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Behörde kann einen rechtmäßigen Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft aufheben (§ 49 VwVfG). Dies bezeichnet man als Widerruf (in Abgrenzung zur Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts). Das Gesetz stellt unterschiedliche Bedingungen für den Widerruf auf, abhängig davon, ob es sich um einen belastenden Verwaltungsakt (§ 49 Abs. 1 VwVfG) oder einen begünstigenden Verwaltungsakt (§ 49 Abs. 2 VwVfG bzw. § 49 Abs. 3 VwVfG) handelt. B könnte den rechtmäßig erlassenen Untersagungsbescheid grundsätzlich widerrufen, obwohl dieser bereits bestandskräftig ist.
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2. Der Untersagungsbescheid ist ein begünstigender Verwaltungsakt. Der Widerruf richtet sich nach § 49 Abs. 2 VwVfG.

Nein, das trifft nicht zu!

Möchte die Behörde einen rechtmäßigen, bestandskräftigen begünstigenden Verwaltungsakt widerrufen, so ist dies eine besonders hohe Belastung des Bürgers, der grundsätzlich auf den Fortbestand seiner Begünstigung vertrauen darf. Aus Gründen des Vertrauensschutzes enthalten § 49 Abs. 2 VwVfG und § 49 Abs. 3 VwVfG daher einschränkende Voraussetzungen für den Widerruf begünstigender Verwaltungsakte. Ein begünstigender Verwaltungsakt liegt dann vor, wenn dieser dem Bürger einen (rechtlichen) Vorteil gewährt, also seinen Rechtskreis erweitert. Der Bescheid untersagt es I, sein Gewerbe weiterhin auszuüben. Dieses Verbot schränkt Is Rechte ein. Es handelt sich um einen belastenden Verwaltungsakt.

3. Rechtmäßige, belastende Verwaltungsakte kann die Behörde gemäß § 49 Abs. 1 VwVfG ausnahmslos widerrufen.

Nein!

Grundsätzlich kann die Behörde einen rechtmäßigen belastenden Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen (§ 49 Abs. 1 VwVfG). Ihr steht bei dieser Entscheidung ein grundsätzliches Ermessen zu. Dieses ist nur insoweit eingeschränkt, als dass der Verwaltungsakt nicht widerrufen werden kann, wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist (§ 49 Abs. 1 HS. 2 VwVfG). B kann die Untersagung widerrufen, sofern sie danach nicht einen Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen müsste oder der Widerruf aus anderen Gründen unzulässig ist.

4. B müsste nach einem Widerruf erneut eine Untersagung gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 GewO erlassen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Widerruf käme nicht in Betracht, wenn die Behörde gesetzlich verpflichtet wäre, einen Verwaltungsakt mit gleichen Inhalt erneut zu erlassen. Denn dann wäre ein Widerruf sinnfrei und unökonomisch. Außerdem würde es auch der Rechtssicherheit und dem Vertrauen in die Verwaltung schaden, wenn der Bürger erst einen Widerruf erhält und sodann die widerrufene Entscheidung erneut ergeht. Ist ein gesetzlicher Tatbestand erfüllt, muss die Verwaltung handeln, sofern die Norm eine zwingende Rechtsfolge enthält (= gebundene Entscheidung). Ist dies nicht der Fall, kann die Behörde eine Ermessensentscheidung im Rahmen des vorgegebenen Handlungsspielraums treffen. Die Untersagung des Gewerbebetriebs nach § 15 Abs. 2 S. 1 GewO ist eine Ermessensvorschrift. Selbst, wenn I noch immer keine Erlaubnis für ihr Gewerbe hat, muss die Behörde keine erneute Untersagung erlassen. Die Behörde könnte die Untersagung daher nach § 49 Abs. 1 VwVfG widerrufen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DO

DosBros

19.5.2023, 02:29:15

"Rechtmäßige, begünstigende

Verwaltungsakt

kann die Behörde gemäß § 49 Abs. 1 VwVfG ausnahmslos widerrufen." Ich glaube, bei dieser Erläuterung liegen Fehler vor. Zum einen ein Rechtschreibfehler: "begünstigende

Verwaltungsakt

(e)" Zum anderen bezieht sich § 49 I auf *nicht* begünstigende

Verwaltungsakt

e. Liebe Grüße


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