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Gesetzgebungskompetenzen

Grundfall: Ausschließliche Gesetzgebungskompetenz (Art. 71, 73 Abs. 1 GG) - "Berlicon Valley"

Grundfall: Ausschließliche Gesetzgebungskompetenz (Art. 71, 73 Abs. 1 GG) - "Berlicon Valley"

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der Berliner Senat will Berlin zum „Silicon Valley Deutschlands“ machen. Deshalb wird durch das Bitcoin-Einführungsgesetz (BEG) der Bitcoin als zusätzliches Zahlungsmittel auf dem Landesgebiet eingeführt.

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Einordnung des Falls

Grundfall: Ausschließliche Gesetzgebungskompetenz (Art. 71, 73 Abs. 1 GG) - "Berlicon Valley"

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das BEG ist formell verfassungswidrig, soweit dem Land Berlin die Gesetzgebungskompetenz (Art. 70-74 GG) für das BEG fehlt.

Ja, in der Tat!

Die Gesetzgebungskompetenz ist neben dem Gesetzgebungsverfahren eine zwingende Voraussetzung für die formelle Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes. War der Gesetzgeber nicht gesetzgebungsbefugt, ist das Gesetz insoweit formell verfassungswidrig und nichtig.
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2. Grundsätzlich haben die Länder die Gesetzgebungskompetenz inne (Art. 30 GG; Art. 70 Abs. 1 Hs. 1 GG).

Ja!

Die Länder haben grundsätzlich das Recht der Gesetzgebung (Art. 30 GG; Art. 70 Abs. 1 Hs. 1 GG). Fehlt es an einer geschriebenen oder ungeschriebenen Gesetzgebungskompetenz des Bundes, sind also die Länder zuständig (Art. 70 Abs. 1 Hs. 1 GG). Der Grundsatz der Länderzuständigkeit (Art. 30 GG; Art. 70 Abs. 1 Hs. 1 GG) ist Ausgangspunkt jeder Prüfung der Gesetzgebungskompetenzen. Wenn Du diesen Grundsatz nicht zum Einstieg erläuterst, wird Dir unterstellt, dass Du die Aufteilung der Staatsgewalt zwischen Bund und Ländern nicht verstehst.

3. Die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 71 GG sperrt die Gesetzgebungskompetenz der Länder.

Genau, so ist das!

Hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz, entfaltet Art. 71 GG eine grundsätzliche Sperrwirkung. Die Länder dürfen nur gesetzgeberisch tätig werden, wenn und soweit der Bund sie hierzu durch Gesetz ausdrücklich ermächtigt hat. Die Gesetzgebungskompetenz der Länder leitet sich dann von diesem Bundesgesetz ab.

4. Das BEG trifft Regelungen über das Währungswesen, für das der Bund gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 4 Var. 1 GG ausschließlich gesetzgebungsbefugt ist.

Ja, in der Tat!

Der Kompetenztitel für das Währungswesen beinhaltet die Bestimmung des gesetzlichen Zahlungsmittels. Der Bitcoin soll im Berliner Landesgebiet zu einem gesetzlichen Zahlungsmittel werden. Mit der Einführung des Bitcoin trifft Berlin also eine Bestimmung über ein gesetzliches Zahlungsmittel.

5. Wenn eine Kompetenztitel nach Art. 73 Abs. 1 GG vorliegt, ist immer nur der Bund zuständig.

Nein!

Auch die Länder können gesetzgebungsbefugt sein, wenn sie durch den Bund ausdrücklich durch Gesetz zur Gesetzgebung ermächtigt werden (Art. 71 GG).

6. Die Sperrwirkung des Art. 71 GG tritt nur ein, wenn der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz tatsächlich Gebrauch gemacht hat.

Nein, das ist nicht der Fall!

Für die Sperrwirkung ist es egal, ob der Bund von der Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat. Dies unterscheidet die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz: Da besteht eine Sperrwirkung nur, wenn und soweit der Bund von der Gesetzgebungskompetenz tatsächlich Gebrauch macht (Art. 72 Abs. 1 GG). Daher ist auch nicht entscheidend, dass die Gesetzgebungskompetenz für das Währungswesen auf die EU übergegangen ist.

7. Das Land Berlin hat die Gesetzgebungskompetenz für das BEG.

Nein, das trifft nicht zu!

Das BEG fällt unter den Kompetenztitel für das Währungswesen (Art. 73 Abs. 1 Nr. 4 Var. 1 GG). Somit ist eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes gegeben. Die Länder sind somit grundsätzlich gesperrt. Die Länder wurden auch nicht zur Gesetzgebung im Bereich des Währungswesens ausdrücklich ermächtigt (vgl. Art. 71 GG). Das BEG ist daher wegen der fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin formell verfassungswidrig.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

RAP

Raphaeljura

18.4.2023, 00:40:09

Die konkurrierende Gesetzgebung entfaltet Sperrwirkung gegenüber den Ländern. Was passiert wenn der Bund zunächst nicht gesetzgeberisch tätig wird, aber das Land schon, und nach einiger Zeit der Bund plötzlich doch tätig wird. Würde dann das Landesgesetz verfassungswidrig?

Paul König

Paul König

22.4.2023, 09:57:57

Hey @[Raphaeljura](207944), richtig, genau das passiert! Dann ist das Landesgesetz gemäß Art. 72 Abs. 1 GG formell verfassungswidrig. Beste Grüße - Paul (für das Jurafuchs-Team) @[

Nora Mommsen

](178057) @[Lukas Mengestu](136780)


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