Zivilrecht

Deliktsrecht

§ 833 BGB

Deliktische Haftung des Mithalter

Deliktische Haftung des Mithalter

3. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A und B leben als Paar seit 2010 zusammen bei A. A kauft 2011 im eigenen Namen die Bulldogge Bello. Beide kümmern sich um Bello, wobei nur A die Kosten für Arztbesuche oder Futter trägt. Als sich beide 2013 trennen und B auszieht, ist Bello jede zweite Woche bei der B. Als Bello die B beißt, verlangt sie von A Schadensersatz.

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Einordnung des Falls

Deliktische Haftung des Mithalter

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A ist Tierhalter.

Genau, so ist das!

Tierhalter ist diejenige Person, der das Bestimmungsrecht über das Tier zusteht und die aus eigenem Interesse für seine Kosten aufkommt und das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes trägt. A ist Eigentümer des Hundes. Stirbt Bello, trifft der wirtschaftliche Verlust nur ihn. A hat zumindest die Hälfte der Zeit das direkte Bestimmungsrecht über Bello und nur A kommt für die Unterhaltskosten auf.
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2. Ein Tier kann mehrere Halter haben.

Ja, in der Tat!

Halter muss nicht notwendig eine einzige Person sein. Ein Tier kann auch mehrere Halter haben (Mithalter), insbesondere wenn das Tier den Interessen eines jeden von ihnen dient. Mithalter haften dem Geschädigten als Gesamtschuldner (§ 840 BGB).

3. Auch im Verhältnis unter Mithaltern selbst können gegenseitige Ansprüche nach § 833 S. 1 BGB bestehen.

Nein!

Ansprüche der Mithalter untereinander fallen nicht in den Schutzbereich des § 833 S. BGB. Dies liegt am Grundgedanken der Haftung nach § 833 S. 1 BGB: Der Halter setzt durch die Tierhaltung in seinem Interesse Dritte einer besonderen Tiergefahr aus. Dritte müssen dieses Tierrisiko als erlaubtes Risiko dulden. Als Ausgleich dafür muss der Halter für Schädigungen der Duldenden einstehen. Durch § 833 S. 1 BGB wird somit nur der geschützt, dem die Entfaltung der Tiergefahr nicht ohne Entschädigung zugemutet werden kann. Wer selbst für die Entfaltung der Tiergefahr (mit-)verantwortlich ist, fällt daher nicht in den Schutzbereich. Der Schutz des § 833 S. 1 BGB umfasst somit grundsätzlich nur Dritte.

4. B ist Mithalterin.

Genau, so ist das!

Bei mehreren Personen ist zur Bejahung der Tierhaltereigenschaft insbesondere maßgeblich, ob das Tier im eigenen Haushalt oder Wirtschaftsbetrieb im eigenen Interesse auf Dauer verwendet wird. Gegen eine Mithaltereigenschaft der B spricht zwar, dass A den Hund zum Tierarzt bringt und für seine Kosten aufkommt. Für eine Mithaltereigenschaft der B spricht jedoch, dass der Hund sich seit dem Auszug der B weiterhin die Hälfte der Zeit bei B aufhält und B in dieser Zeit den Hund füttert und ausführt, somit für dessen leibliches Wohl sorgt. Außerdem kann B in dieser Zeit über den Umgang mit dem Hund bestimmen. B ist daher Mithalterin. Eine Haftung nach § 833 S. 1 BGB scheidet aus.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

IUS

iustus

3.7.2021, 20:49:22

Also ist die Haltereigenschaft frei von der Frage der Kosten, sondern nur eine Frage der Tiersorge?

IUS

iustus

3.7.2021, 20:50:05

Weil Hemmer meint, glaube ich, dass Halter auch die wirtschaftlichen Lasten vom Tier halten muss.

Tigerwitsch

Tigerwitsch

4.7.2021, 12:59:03

Die Begriff des Tierhalters orientiert sich u.a. auch an den wirtschaftlichen Kosten. Das RG - und früher auch der BGH - haben als Tierhalter denjenigen angesehen, der im eigenen Interesse durch Gewährung von Obdach und Unterhalt dauerhaft und nicht nur vorübergehend die Sorge für ein Tier übernommen hatte, insbesondere indem er es in seinen Wirtschafts- oder Haushaltsbetrieb einstellte (vgl. nur RG, U. v. 03.07.1902 - AZ.: Rep VI 127/02; Wagner, in: MüKO BGB, 8. Aufl. 2020, § 833 Rn. 32 m.w.N.). Der BGH ist jedoch von dieser Ansicht abgekehrt. Für die Haltereigenschaft sei nunmehr maßgeblich, „wem die Bestimmungsmacht über das Tier zusteh[e] und wer aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkomm[e]und das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes [trage].“ (BGH, U. v. 19.01.1

988

- AZ.: VI ZR 188/87). Das Aufkommen für den Unterhalt des Tieres ist ein gewichtiges Indiz, um die Tierhaltereigenschaft zu bejahen (OLG, U. v. 07.02.2018 - AZ.: 5 U 128/16). Ähnliches gilt für denjenigen, welcher die Kosten der Haftpflichtversicherung des Tieres übernommen hat (LG Osnabrück, U. v. 13.03.

199

9 - AZ.: 12 S 516/97). Zusammenfassend ist stets der

Einzelfall

zu berücksichtigen mit allen Umständen, incl. dem Willen der jeweiligen Person.

IUS

iustus

4.7.2021, 13:19:01

Danke für die ausführliche Antwort und auch Danke, dass man hier, wie im Rep, ein Forum hat für Fragen :)

Jonas Neubert

Jonas Neubert

27.1.2024, 12:06:22

Demnach im Gegensatz zum Fahrzeughalter nach §

7 StVG

bei welchen nur ein Halter vorliegen kann?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

28.1.2024, 18:24:43

Genauso ist es, Jonas Neubert! Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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