+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T möchte 5 von Os Gemälden zerstören. Dafür bricht sie in dessen Wohnung ein, wobei sie dadurch bereits unmittelbar ansetzt. Als T in der Wohnung ist, entscheidet sie sich, lieber nur eines der Gemälde zu zerstören. Sie hört jedoch ein lautes Geräusch und flieht, wobei sie denkt, dass sie die Gemälde noch hätte zerschneiden können.

Einordnung des Falls

Rücktritt unbeendeter Versuch - Grundlagen 4

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ts Versuch der Sachbeschädigung (§§ 303 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB) ist fehlgeschlagen.

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Nein, das trifft nicht zu!

Ein Versuch gilt dann als fehlgeschlagen, wenn der Täter glaubt, dass er den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann, ohne eine völlig neue Kausalkette in Gang zu setzen. T dachte, dass sie die Gemälde noch hätte zerschneiden können. T dachte gerade nicht, dass sie den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann.

2. Es liegt ein beendeter Versuch vor.

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Nein!

Ein Versuch gilt dann als beendet, wenn der Täter glaubt, dass er alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat. Dabei reicht es aus, dass der Täter es für möglich hält, dass er alles Erforderliche getan hat, aber auch, wenn er sich keine Gedanken macht, aber die Möglichkeit sieht. T hat noch kein Gemälde berührt. Sie ging daher nicht davon aus, dass eine Sachbeschädigung eintreten würde. Hier musst Du darauf achten, nicht unsauber zu arbeiten. Denn die Anforderungen an den Rücktritt hängen davon ab, ob ein unbeendeter oder beendeter Versuch vorliegt.

3. T hat die weitere Tatausführung aufgegeben, als sie sich entschieden hat, lieber nur eines der Gemälde zu zerstören.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Bei unbeendeten Versuchen ist es ausreichend, wenn der Täter die weitere Tatausführung aufgibt, da so die Gefahr für das Rechtsgut vollständig abgewendet werden kann (§ 24 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB). Dabei muss der Täter von der konkret angestrebten Tat vollständig Abstand nehmen. Ein vorübergehendes Innehalten ist nicht ausreichend. Wenn der Täter die konkrete Tathandlung abbricht, aber den Tatentschluss beibehält, kommt es darauf an, ob die geplante Ausführungshandlung mit der ursprünglichen Handlung tatidentisch ist. T möchte nur noch eines der Gemälde zerstören. Darin liegt zwar ein partielles Aufgeben, da T nur einen Teil der Tat vollenden möchte. Dies wirkt sich jedoch auf die Strafbarkeit nicht aus. Das partielle Aufgeben ist lediglich bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

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TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

30.5.2021, 08:24:22

Der Vollständigkeit halber fände ich in der letzten Erklärung noch einen Satz dazu gut, dass T durch das Fliehen die Tat endgültig aufgegeben hat :)

FML

FML

30.5.2021, 10:15:55

Stimmt wohl, dann sollte man da aber auch direkt die Freiwilligkeit ansprechen, sonst wirkt es unstimmig.

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

30.5.2021, 11:08:58

Das trifft dann allerdings auf viele der Rücktritts-Fälle in der App zu... jurafuchs zerlegt ja üblicherweise die Prüfung in einzelne Kapitel zu den einzelnen Merkmalen ;) Die Ergänzung zum Fliehen betrifft aber gerade das Aufgeben, das ja in diesem Kapitel thematisiert wird.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

31.5.2021, 09:40:10

@TeamRahad, gäbe es weiterführende Fragen würde ich Dir in der Tat zustimmen. Der vorliegende Fall beschäftigt sich indes nur mit dem Vorsatzwechsel, also dem Zeitpunkt, als T von der Zerstörung von 5 Gemälden zu der Zerstörung eines Gemäldes umschwingt. Zu diesem Zeitpunkt spielt das Fliehen und die Frage, ob hiermit die Tat endgültig aufgegeben werden soll nach mE eigentlich keine Rolle. Ob T von dem Versuch das eine Gemälde zu zerstören zurückgetreten ist, wird (noch) nicht thematisiert. Andernfalls müsste man den Sachverhalt ggfs. auch im Hinblick auf die Freiwilligkeit noch etwas untermauern. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

31.5.2021, 10:08:52

Ok, danke für die Info :)


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