Betrieblich veranlasste Tätigkeit I
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Gabelstaplerfahrerin G soll mit einem Gabelstapler Ware von einem Lastwagen abladen. Da sie bei der Einweisung in die Bedienung des Fahrzeugs nicht richtig zugehört hat, lässt sie dabei versehentlich eine Kiste mit Meissner Porzellan fallen. Diese stand im Eigentum von Arbeitgeberin A.
Einordnung des Falls
Betrieblich veranlasste Tätigkeit I
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A könnte gegen G einen Anspruch auf Schadensersatz haben (§§280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB).
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Ja!
2. Trifft A an dem Unfall ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB)?
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Nein, das ist nicht der Fall!
3. G kann sich auf eine Haftungsbeschränkung berufen, wenn die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs Anwendung finden.
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Ja, in der Tat!
4. G gehört zum geschützten Personenkreis.
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Ja!
5. Liegt eine betrieblich veranlasste Tätigkeit vor?
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Genau, so ist das!
6. G kann sich auf die Haftungsprivilegierung berufen.
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Ja, in der Tat!
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Ginda
16.11.2022, 22:53:38
Hallo! Ich finde die Lösung hier nicht überzeugend. G hat bei der Einweisung nicht zugehört, stellt dieses Verhalten wirklich eine „normale“ Fahrlässigkeit dar, sodass die Haftungsprivilegierung hier wirklich greift?
Lukas_Mengestu
17.11.2022, 14:15:11
Hallo Ginda, die Grenze zwischen "normaler" Fahrlässigkeit und "grober" Fahrlässigkeit sind in der Tat fließend. Wir haben den Sachverhalt nun noch ein wenig angepasst, um noch klarer zu machen, dass es hier nicht darum geht, dass G "seine Sorgfaltspflicht in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und das unbeachtet gelassen hat, was in der konkreten Situation für jedermann erkennbar gewesen ist". Ich hoffe, damit wird es nun klarer :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Sophix58
29.7.2023, 19:53:45
Da ich bisher unterschiedliche Sachen diesbezüglich gelesen habe, wollte ich nochmal fragen, ob die Grundsätze zum innerbetrieblichen Schadensausgleich auch dann anwendbar sind, wenn der Arbeitnehmer bereits durch eine gesetzliche Versicherung schadlos gehalten wird (Bsp. Berufshaftpflicht)? Muss das auch geprüft werden?
Lukas_Mengestu
31.7.2023, 18:01:14
Hallo Sophix58, die Frage nach der Versicherung hat allenfalls für die Quotenbildung Relevanz, da bei leichtester Fahrlässigkeit der Arbeitgeber bzw. bei Vorsatz der Arbeitnehmer jeweils voll haften. Dabei ist zu differenzieren: (1) Eine (freiwillige) private Haftpflichtversicherung dient dazu, dass der Arbeitnehmer sich selbst schützt und nicht davor, den Arbeitgeber besserzustellen. Diese ist bei der Quotenbildung insofern regelmäßig nicht zu berücksichtigen. (2) Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung vereinbart und der Arbeitgeber hierfür auch eine zusätzliche Vergütung entrichtet, hat er sich an der Risikoabdeckung beteiligt (besonders relevant in diesem Zusammenhang sind die sog. Directors-and-Officers-Versicherungen für Manager/leitende Angestellte, sog. D&O-Versicherung). Dies ist dann auch bei der Quotenbildung zu beachten. (3) Gleiches gilt auch bei einer gesetzlich vorgeschriebenen Haftpflichtversicherung (zB KfZ-Haftpflicht). Denn die gesetzgeberische Wertung überlagert in diesem Fall die Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung. Sehr lesenswert ist hierzu die MRT-Entscheidung des BAG (BAG, Urt. v. 28. 10. 2010 − 8 AZR 418/09 (NJW 2011, 1096) = https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/8-azr-418-09/) bzw. auch BeckOGK/Maties, 1.6.2023, BGB § 611a Rn. 1786. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team