Öffentliches Recht

Verwaltungsrecht AT

Ermessen und Verhältnismäßigkeit

Ermessensfehlgebrauch (Fall 2: Abwägungsdefizit)

Ermessensfehlgebrauch (Fall 2: Abwägungsdefizit)

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Hs Haus steht im Widerspruch zum Öffentlichen Baurecht. H erklärt der Behörde B wahrheitsgemäß, dass er den Zustand zeitnah beheben könne und dieser kein Sicherheitsrisiko für andere Grundstücke bedeute. Zudem stünde sein Haus schon über 15 Jahre. B erlässt eine Abrissverfügung, ohne sich mit Hs Argumenten zu beschäftigen.

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Einordnung des Falls

Ermessensfehlgebrauch (Fall 2: Abwägungsdefizit)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach den landesrechtlichen Bauordnungen kann die Behörde eine Abrissverfügung erlassen, wenn die bauliche Anlage dem Öffentlichen Baurecht widerspricht.

Ja!

Die zuständige Behörde kann den Abriss einer baulichen Anlage anordnen, wenn diese dem Öffentlichen Baurecht widerspricht (vgl. z.B. § 79 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 4 NBauO, § 82 Abs. 1 S. 1 BauO NRW, § 65 Abs. 1 S. 1 LBO). Die Vorschriften räumen der Behörde ein Ermessen ein („kann“). B kann die Abrissverfügung grundsätzlich erlassen, wenn Hs Haus gegen Vorschriften des öffentlichen Baurechts verstößt.
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2. Der Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage liegt vor. B handelte jedoch ermessensfehlerhaft.

Genau, so ist das!

Der Tatbestand setzt voraus, dass eine bauliche Anlage im Widerspruch zum öffentlichen Baurecht besteht. Auf Rechtsfolgenseite muss die Entscheidung ermessensfehlerfrei ergangen sein. Ein Ermessensfehlgebrauch in Form eines Abwägungsdefizits liegt vor, wenn die Behörde nicht alle Umstände des Falls in die Entscheidungsfindung einbezogen hat, die nach Lage der Dinge und Maß der gesetzlichen Vorgaben zu berücksichtigen waren. Gerade im Lichte von Art. 14 Abs. 1 GG müssen bei baurechtlichen Verfügungen alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, insbesondere bei einer so tiefgreifenden Maßnahme wie die Abrissverfügung. Die Behörde muss berücksichtigen, wie gravierend der Verstoß gegen das Baurecht ist und Grundsätze des Bestandsschutzes beachten. B hat die Umstände von Hs Einzelfall nicht beachtet. Es liegt ein Abwägungsdefizit vor.

3. Zugleich ist die Maßnahme auch noch unverhältnismäßig.

Ja, in der Tat!

Bei einem Abwägungsdefizit kommt es nur darauf, dass die Behörde nicht alle Umstände beachtet hat. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit kommt es dahingehend darauf an, was die Behörde inhaltlich entschieden hat. Die Behörde kann also rechtmäßig abwägen und trotzdem unverhältnismäßig handeln. Genauso kann sie nicht alle Umstände des Einzelfalls beachten und im Ergebnis trotzdem verhältnismäßig handeln. Die Behörde kann aber eben auch beide Fehler gleichzeitig gemacht haben. Wenn Hs Haus schon 15 Jahre steht und der Zustand seines Hauses keine angrenzenden Grundstücke gefährdet, ist die Abrissverfügung unangemessen, d.h. unverhältnismäßig.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

MLENA

MLena

30.10.2023, 17:13:15

Weshalb liegt hier kein

Ermessensnichtgebrauch

vor? :)

HAN

hannabuma

30.1.2024, 21:55:22

Ein

Ermessensnichtgebrauch

liegt nur vor, wenn die

Behörde

kein Ermessen ausübt, weil sie davon ausgeht, dass ihr bei der Entscheidung kein Ermessen zusteht. In diesem Fall gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die

Behörde

nicht von ihrem Ermessen wusste. Vielmehr weiß die

Behörde

von ihrem Ermessen und übt dieses auch aus, sie wägt jedoch die entgegenstehenden Interessen falsch ab.

Skywalker

Skywalker

5.10.2024, 14:47:38

Um hier die

Unverhältnismäßigkeit

feststellen zu können müssten die Vorgebrachten Umstände des Betroffenen hier erstmal tatsächlich vorliegen. Das geht so meiner Meinung nach nicht eindeutig aus dem Sachverhalt hervor.

LELEE

Leo Lee

6.10.2024, 10:44:44

Hallo Skywalker vielen Dank für den wichtigen Hinweis! In der Tat hast du insofern Recht, dass hier die Prüfung der Vhmk lediglich auf den Ausführungen/Behauptungen des Hs beruht. Deshalb haben wir den Text nun entsprechend angepasst um den Zusatz, dass diese Aussagen auch tatsächlich der Wahrheit entsprechen, um künftige Missverständnisse zu vermeiden. Wir möchten uns bei dir vielmals dafür bedanken, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren und freuen uns auf weitere Feedbacks von dir :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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