Ermessensreduzierung auf Null
17. Februar 2025
7 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die Polizistin P beobachtet einen homophoben Angriff auf der Pride-Parade, der in körperliche Gewalt ausartet. Weil P eigentlich lieber Mittagspause machen möchte, überlegt sie, ob sie überhaupt zum einschreiten verpflichtet ist.
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Einordnung des Falls
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Grundsätzlich sehen die gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen ein Entschließungs- und Auswahlermessen der Behörden vor.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Polizei steht es immer frei, ihr Entschließungsermessen dahingehend auszuüben, nicht tätig zu werden.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Hier liegt ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null vor. P muss eingreifen.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Fabian
15.10.2023, 18:28:47
Warum ergibt sich die Ermessesreduktion auf Null vorliegend aus der
Schutzpflichtendimension der Grundrechte? Die Schutzpflicht richtet sich doch lediglich an den Gesetzgeber. Müsste sich die Ermessensreduktion daher nicht vielmehr aus dem Rechtsstaatsprinzip ( effektiver staatlicher Rechtsgüterschutz als Gegenstück zum staatlichen Gewaltmonopol) ergeben ?
MLena
30.10.2023, 16:32:25
Hallo Fabian :) Die Schutzpflicht richtet sich nicht nur an den Gesetzgeber. Gerade im Polizeirecht ist es ja ein wichtiger Bestandteil, bei einer
Gefahr für die öffentliche Sicherheitund Ordnung schützend einzugreifen, in unserem Beispiel, um eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit zu verhindern. Die Schutzpflicht richtet sich daher vielmehr an den Staat allgemein, der eben auch durch die Polizei handelt.
Dogu
8.6.2024, 14:21:34
@[Fabian](26461) Art. 1 III Var. 2 GG.
Yoda
25.1.2025, 18:37:51
Also ich habe in den Lektionen davor gelernt, dass Ermessensausfall, -fehlgebrauch, und - überschreitung zu prüfen sind. Jetzt gibt es noch
Entschließungsermessenund
Auswahlermessenim Gefahrenabwehrrrecht. Prüfe ich dann Fehlgebrauch und Überschreitung unter dem
Auswahlermessen?
Bastian P.
4.2.2025, 23:22:05
Ich habe es so verstanden: Es gibt grundsätzlich
Auswahlermessenund
Entschließungsermessen. Bei dem
Entschließungsermessenkann die Behörde entscheiden, OB sie tätig wird. Bei dem
Auswahlermessenhingegen, WIE sie tätig wird (verschiedene Rechtsfolgen stehen zur „Auswahl“). Die Fallgruppen (
Ermessensmissbrauch,
Ermessensreduzierung auf Nulletc.) sind also auf beide anwendbar. Bei dem
EntschließungsermessenzB: die Behördenmitarbeiterin ordnet keinen Verkehrsunterricht iSd § 48 StVO an, weil sie den Betroffenen mag (
Ermessensmissbrauch). Bei dem
AuswahlermessenzB: die Polizistin erschießt den Dieb, weil sie denkt, dazu verpflichtet zu sein in der konkreten Situation (
Ermessensnichtgebrauch). Ich hoffe ich konnte helfen.