Vermieterpfandrecht am Fahrzeug des Mieters

21. November 2024

4,7(10.840 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V hat aus einem Mietvertrag offene Mietforderungen gegen die S-GmbH. V macht ein Vermieterpfandrecht am Geschäftsfahrzeug von S geltend. S parkt das Fahrzeug regelmäßig auf dem Mietgrundstück. Als V das Pfandrecht geltend macht, ist S mit dem Fahrzeug unterwegs.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Vermieterpfandrecht am Fahrzeug des Mieters

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Vermieterpfandrecht ist ein Pfandrecht im Sinne der §§ 1204ff. BGB ("Pfandrecht an beweglichen Sachen").

Nein, das ist nicht der Fall!

Es gibt verschiedene Arten von Pfandrechten. Die §§ 1204ff. BGB behandeln Pfandrechte, die durch vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien begründet werden. Bei dem Vermieterpfandrecht aus § 562 BGB handelt es sich um ein gesetzliches Pfandrecht. Darauf finden die §§ 1204ff. BGB nur über die Verweisungsnorm des § 1257 BGB Anwendung. Weiteres wichtiges Beispiel eines gesetzlichen Pfandrechts: Das Werkunternehmerpfandrecht (§ 647 BGB).
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Das Fahrzeug des S ist unpfändbar (§ 562 Abs. 1 S. 2 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

BGH: Zwar seien bei Personen, die aus ihrer körperlichen oder geistigen Arbeit oder sonstigen persönlichen Leistung ihren Erwerb ziehen, die zur Fortsetzung dieser Erwerbstätigkeit erforderlichen Gegenstände unpfändbar (§ 811 Abs. 1 Nr.1 lit. b ZPO). Dieser Pfändungsschutz beziehe sich jedoch nur auf persönlich zu erbringende Arbeitsleistungen, nicht hingegen auf den durch eine Kapitalgesellschaft unter Einsatz von Erwerbsgehilfen zu erzielenden Gewinn (RdNr. 9). Damit ist vorliegend ein Vermieterpfandrecht entstanden.

3. Das Vermieterpfandrecht des V erlischt eigentlich in dem Moment, indem S das Fahrzeug vom Grundstück fährt. V hat jedoch widersprochen (§ 562a S. 1 Alt. 2 BGB), so dass das Pfandrecht bestehen bleibt.

Nein!

Das Pfandrecht des Vermieters erlischt mit der Entfernung der Sachen von dem Grundstück, außer wenn dies ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters erfolgt (§ 562a S. 1 Alt. 2 BGB). BGH: V habe der Ausfahrt nicht widersprechen können, weil die Ausfahrt den gewöhnlichen Lebensverhältnissen (§ 562a S. 2 BGB) entsprach. Davon sei bei Gewerbemietverhältnissen insbesondere die Verwendung von Gegenständigen des regelmäßigen Geschäftsbetriebes umfasst (RdNr. 15).

4. Geschäftsfahrzeuge unterliegen dem Vermieterpfandrecht.

Genau, so ist das!

BGH: Das Vermieterpfandrecht umfasse auch die auf dem Mietgrundstück abgestellten Kraftfahrzeuge. Diese seien "eingebracht" im Sinne des § 562 BGB (ggf. qua Verweis nach § 578 Abs. 1 BGB), weil sie regelmäßig willentlich und wissentlich auf das Mietgrundstück verbracht würden. Bei Sachen, die regelmäßig nur vorübergehend eingebracht werden, sei zu unterscheiden, ob der vorübergehende Verbleib der bestimmungsgemäßen Nutzung entspreche. Ein Fahrzeug, das auf dem vermieteten Grundstück geparkt werde, sei eingebracht, weil die regelmäßige vorübergehende Einstellung zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehöre (RdNr. 11).

5. Jede Ausfahrt und Rückkehr des Fahrzeugs hat zur Folge, dass das Pfandrecht mit der Ausfahrt erlischt und bei Rückkehr neu entsteht.

Ja, in der Tat!

Die Frage war lange umstritten. Teilweise wurde mit einmaliger Einbringung ein dauerhaftes Vermieterpfandrecht bejaht, weil der Mieter sonst den Schutz des § 562 BGB aushöhlen könne. BGH: "Entfernung der Sache" (§ 562a BGB unterscheide nicht zwischen vorübergehender oder dauerhafter Entfernung. Auch systematische Erwägungen sprächen für ein, immer neu entstehendes, sogenanntes revolvierendes Vermieterpfandrecht. Eine dem § 1122 Abs. 1 BGB entsprechende Bestimmung, wonach die Enthaftung bei nur vorübergehender Entfernung ausgeschlossen sei, finde sich zum Vermieterpfandrecht nicht. Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sei am besten gedient, wenn "Entfernung" ausschließlich räumlich, nicht zeitlich angeknüpft werde. Die Lösung sei zudem praktikabler und entspräche den sachenrechtlichen Zuordnungserfordernissen besser (RdNr. 20ff.).
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Jana-Kristin

Jana-Kristin

9.7.2020, 10:15:40

Das ist das sog. „revolvierende

Vermieterpfandrecht

“. Dies könnte man noch in der Lösung aufnehmen.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

11.7.2020, 09:19:54

Vielen Dank für die gute Anregung! Haben wir ergänzt!


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen