Zivilrechtliche Nebengebiete

Erbrecht

Gewillkürte Erbfolge

Anfechtung von Testamenten – Übergehen eines Pflichtteilberechtigten 1 (Fall)

Anfechtung von Testamenten – Übergehen eines Pflichtteilberechtigten 1 (Fall)

4. Juli 2025

10 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der alleinstehende E hatte zu Studienzeiten seinen Freund S als Alleinerben in seinem Testament eingesetzt. Nach dem Erbfall stellt sich heraus, dass E der Vater von K ist. Als E das Testament errichtete, war K noch nicht auf der Welt. K, der von E nichts wissen wollte, hat mittlerweile selbst eine erwachsene Tochter T.

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Einordnung des Falls

Anfechtung von Testamenten – Übergehen eines Pflichtteilberechtigten 1 (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Liegt ein Anfechtungsgrund vor?

Ja!

Gemäß § 2079 S. 1 BGB kann eine letztwillige Verfügung angefochten werden, wenn ein zur Zeit des Erbfalls vorhandener Pflichtteilsberechtigter im Testament übergangen wurde und der Erblasser bei der Errichtung des Testaments von dessen Vorhandensein keine Kenntnis hatte oder der Pflichtteilsberechtigte erst nach der Errichtung geboren oder pflichtteilsberechtigt wurde. Da E zu Lebzeiten keine Kenntnis von seinem Sohn K hatte, liegt der Anfechtungsgrund des § 2079 S. 1 BGB vor. Gemäß § 2079 S. 2 BGB wird dann die Vermutung aufgestellt, dass der Erblasser bei Kenntnis vom Vorhandensein des Pflichtteilberechtigten anders verfügt hätte. Die Beweislast trägt daher in diesem Fall ausnahmsweise der Anfechtungsgegner und nicht der Anfechtende.
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2. Ist T anfechtungsberechtigt?

Nein, das ist nicht der Fall!

Gemäß § 2080 Abs. 1 BGB ist derjenige zur Anfechtung berechtigt, dem die Aufhebung der letztwilligen Verfügung unmittelbar zustattenkommt. Nach der Spezialregelung des § 2080 Abs. 3 BGB steht das Anfechtungsrecht im Fall des § 2079 BGB nur dem Pflichtteilsberechtigten zu. Pflichtteilsberechtigt im Sinne des § 2080 Abs. 3 BGB ist allein K. T ist dagegen derzeit nicht anfechtungsberechtigt. Sie könnte allerdings das Anfechtungsrecht des K erben, wenn dieser nach Tod des E ebenfalls verstirbt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Natze

Natze

19.8.2023, 23:36:35

Vielleicht wäre eine Klarstellung innerhalb vom SV hilfreich, dass E nichts von Ks Existenz wusste. "K der von E nichts wissen wollte..." erweckt den Anschein, dass E von Ks Existenz zumindest zu einem Zeitpunkt Kenntnis erlangt hat und auf ihn zugegangen ist.

Dogu

Dogu

22.12.2023, 12:12:09

K hat doch bei der Aufstellung des Testaments noch gar nicht gelebt. Also ist die Kenntnis denklogisch ausgeschlossen.

M.E

m.e.l.a.n.i.e

8.11.2024, 01:26:29

Ich finde die Aufgabenstellung auch etwas unübersichtlich. Einmal fehlt hier ein Komma: „K, (Komma) der von E nichts wissen wollte, hat mittlerweile selbst eine erwachsene Tochter T.“ Und vielleicht könnte man so formulieren: „Nach dem Erbfall stellt sich heraus, dass E einen Sohn K hat.“ (So, wie es jetzt formuliert ist, klingt es so, als sei K schon aus einem vorherigen Satz des SV bekannt - mich hat es jedenfalls verwirrt.) Und dann frage ich mich, wofür die Information „der von E nichts wissen wollte“ im SV steht. Wenn er von E nichts wissen will, will er vielleicht auch sein Erbe gar nicht. Wieso sollte er dann anfechten wollen? - Diese Info macht den SV für mich unverständlich. Falls ich da was übersehe, freue ich mich über einen Hinweis! Liebe Grüße!

BEN

benjaminmeister

15.6.2025, 09:52:12

MMn. fehlt hier zumindest die Diskussion, ob die Anfechtung gem. § 2079 S. 2 ausgeschlossen ist/kein Anfechtungsgrund vorliegt, weil der E auch bei Kenntnis der Sachlage die Verfügung nicht anders getroffen haben würde. Mit dem

Beweislast

argument wird nur wieder die Diskussion verkürzt: Der von der Anfechtung Betroffene wird hier nämlich zumindest probieren einzuwenden, dass E keine andere Bestimmung getroffen hätte, weil K von der Existenz des E (ich nehme an als konkret kontaktierbare Person und nicht bloß als "ich habe einen Vater") wusste und trotzdem keinen Kontakt aufgenommen hat. Das ist auch wirklich nicht fernliegend, weil auch wenn viele der Blutverwandtschaft heute noch hohen Wert zukommen lassen, ja doch meistens Menschen bedacht werden, zu denen man ein engeres Verhältnis hat. MMn. sollte man hier entweder die Diskussion aufnehmen oder den Sachverhalt verkürzen und entfernen, dass K von E vor dessen Tod wusste aber keinen Kontakt aufgenommen hat. Ist außerdem die Formulierung so wirklich richtig: "Da E zu Lebzeiten keine Kenntnis von seinem Sohn K hatte, liegt der Anfechtungsgrund des § 2079 S. 1 BGB vor."? In § 2079 S. 1 ist die Rede von "Vorhandensein bei Errichtung nicht bekannt" oder "bei Errichtung noch nicht geboren" oder "bei Errichtung noch nicht pflichteilsberechtigt war". Das Abstellen auf die Kenntnis zu Lebzeiten finde ich unpassend, weil selbst wenn E irgendwann nach Errichtung noch bei Lebzeiten Kenntnis von K gehabt hätte (Abweichend vom Fall), dies für § 2079 S. 1 nicht unbedingt schädlich gewesen sein muss, denn es wäre immer die Variante "bei Errichtung noch nicht geboren" einschlägig, solange die Anfechtung nicht durch § 2079 S. 2 ausgeschlossen wäre. Hinsichtlich § 2079 S. 2 könnte man dann wieder wie folgt argumentieren: a) Weil über Jahre keine ändernde Verfügung getroffen wurde und E auch ggü. Zeugen geäußert hat, dass er K nicht einsetzen wird, schließt § 2079 S. 2 die Anfechtung aus b) E hat über Jahre nicht Testament angepasst, steht regelmäßig in Kontakt mit K und hat die Verfügungen im Testament nur vergessen -> hier würde § 2079 S. 2 die Anfechtung nicht ausschließen.


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