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Im Drittkaufvertrag wird keine Vorsorge für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts getroffen, ggf. Schadensersatzanspruch?

Im Drittkaufvertrag wird keine Vorsorge für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts getroffen, ggf. Schadensersatzanspruch?

24. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Künstlerin K und Kunstliebhaberin L vereinbaren ein Vorkaufsrecht für ein Kunstwerk der K. K schließt eine Woche später einen Kaufvertrag mit D über dieses Kunstwerk für €1.000 und übergibt es ihm. D liebt das Kunstwerk und will es nie wieder hergeben. L übt sodann ihr Vorkaufsrecht aus.

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Einordnung des Falls

Im Drittkaufvertrag wird keine Vorsorge für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts getroffen, ggf. Schadensersatzanspruch?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. D ist nicht Eigentümer des Kunstwerks, da die Übereignung der K aufgrund der Ausübung des Vorkaufsrechts durch L unwirksam ist.

Nein, das ist nicht der Fall!

§ 463 BGB begründet ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht. Wie alle schuldrechtlichen Schuldverhältnisse wirkt es nur relativ zwischen den Vertragsparteien also dem Eigentümer und dem Vorkaufsberechtigten. Eine Verfügungsbeschränkung ergibt sich daraus nicht (§ 137 BGB). Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht ändert nichts daran, dass K an D verfügen konnte und dieser Eigentümer geworden ist.
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2. L tritt mit Ausübung des Vorkaufsrechts an die Stelle des D in den Kaufvertrag ein.

Nein, das trifft nicht zu!

Bei der Ausübung des schuldrechtlichen Vorkaufsrechts kommt ein Kaufvertrag zwischen dem Verpflichteten und dem Berechtigten zu den Bedingungen des Drittkaufvertrags zustande (§ 464 Abs. 2 BGB). Wird im Drittkaufvertrag keine Vorsorge für den Fall der Vorkaufsrechtsausübung getroffen, tritt dieser Vertrag selbstständig neben den Kaufvertrag zwischen dem Vorkaufsverpflichteten und dem Dritten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch L bewirkt lediglich, dass zwischen K und L ein Vertrag zu den Bedingungen des Drittvertrags, also für € 1.000 zustande kommt. Der Vertrag zwischen K und D bleibt mangels Vereinbarung für diesen Fall bestehen.

3. L kann von D Herausgabe des Kunstwerkes verlangen.

Nein!

§ 463 BGB begründet ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht. Wie alle schuldrechtlichen Schuldverhältnisse wirkt es nur relativ zwischen den Vertragsparteien also dem Eigentümer und dem Vorkaufsberechtigten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts beeinflusst daher nicht die Rechtsstellung des Dritten, es sei denn es wurde zB. eine auflösende Bedingung im Vertrag für den Fall der Vorkaufsrechtsausübung vereinbart. D ist rechtmäßig Eigentümer des Kunstwerks geworden. Rechtsgrund für die Verfügung ist der, mangels anderweitiger Vereinbarung weiter bestehende, Kaufvertrag zwischen D und K. L hat daher keine Ansprüche gegen D.

4. L hat gegen K einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 280 Abs. 1, 283 BGB.

Genau, so ist das!

Bei der Ausübung des schuldrechtlichen Vorkaufsrechts kommt ein Kaufvertrag zwischen dem Verpflichteten und dem Berechtigten zu den Bedingungen des Drittkaufvertrags zustande. Wird im Drittkaufvertrag keine Vorsorge für den Fall der Vorkaufsrechtsausübung getroffen, tritt dieser Vertrag selbstständig neben den Kaufvertrag zwischen dem Vorkaufsverpflichteten und dem Dritten. Kann der Verpflichtete nur einen Vertrag erfüllen, hat der jeweilige andere Vertragspartner einen Schadensersatzanspruch. L hat gegen K einen Anspruch auf Übereignung des Kunstwerks gegen Zahlung von €1.000. Da K an D übereignet hat und dieser auch nicht zur Rückübereignung bereit ist, ist ihr die Übereignung verschuldet unmöglich nach § 275 Abs. 1 BGB. L steht somit ein Schadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, 283 BGB zu.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

REA🇺🇦

RealOmnimodo 🇺🇦

26.2.2023, 18:41:08

Reicht das für die Unmöglichkeit aus? Ich dachte, dass der Käufer unter keinen Umständen zur

Rückübereignung

bereit sein darf?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.3.2023, 13:25:32

Hallo RealOmnimodo, sehr guter Hinweis! In der Tat liegt die

subjektive Unmöglichkeit

nicht vor, sofern ein Rückerwerb möglich ist (vgl. https://applink.jurafuchs.de/mA35zditOxb). Wir haben den Sachverhalt insoweit noch etwas präzisiert. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

paulmachtexamen

paulmachtexamen

10.6.2024, 21:32:18

Was ich jetzt noch nicht so ganz verstehe ist, wo der Unterschied zwischen einem Vorkauf nach 463 ff. und einem Vorvertrag, der gesetzlich nicht geregelt ist, liegt. Wann sollte man einen Vorkauf und wann einen Vorvertrag abschließen. Schadensersatzansprüche sind ja sicherlich auch bei einem Vorvertrag möglich.

Jakob G.

Jakob G.

15.10.2024, 00:42:41

Ein Vorvertrag (Vorhand) umfasst die Angebotspflicht schon bei Absicht des Vertragsschlusses mit der dritten Person. Ein Vorkauf setzt konstitutiv einen wirksamen Kaufvertrag mit der dritten Person voraus. (BeckOGK/Daum, 1.7.2024, BGB § 463 Rn. 26, 27) Eine Sonderform des Vorvertrags stellt die Vorhand dar. Bei ihr verpflichtet sich der eine Partner dazu, dem anderen einen Gegenstand – zuerst – zum Kauf anzubieten, falls er dessen Verkauf beabsichtigt; zum Teil wird dies auch als

Andienung

spflicht bezeichnet. Im Gegensatz zum Vorkaufsrecht bedarf es hier nicht des wirksamen Abschlusses eines Erstkaufvertrags, sondern die Angebotspflicht entsteht bereits mit der Verkaufsabsicht. Man kann die Vorhand deshalb als – durch die konkrete Verkaufsabsicht – aufschiebend bedingten Vorvertrag bezeichnen.


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