Zivilrecht
Kreditsicherungsrecht
Rückgriff des Sicherungsgebers
Rückgriff bei Aufgabe einer parallelen Sicherheit
Rückgriff bei Aufgabe einer parallelen Sicherheit
2. April 2025
6 Kommentare
4,6 ★ (6.776 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Bekannter B und die Mutter des S (M) bürgen für S' Forderung gegenüber G. Es kommt zum Zahlungsausfall. Da G nicht S' Familienfrieden gefährden will, entlässt er M aus der Bürgschaft und nimmt nur B in Anspruch. B zahlt.
Diesen Fall lösen 78,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Rückgriff bei Aufgabe einer parallelen Sicherheit
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Mitbürgen steht untereinander grundsätzlich ein Regressanspruch zu (§ 774 Abs. 2 BGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Kann B von M einen anteiligen Ausgleich verlangen, obwohl G die M aus ihrer Bürgschaftsverpflichtung entlassen hat?
Nein, das trifft nicht zu!
3. Ist der Bürge also im Hinblick auf die Aufgabe paralleler Sicherheiten durch den Gläubiger gänzlich schutzlos?
Nein!
4. Indem G die M aus ihrer Bürgschaftsverpflichtung entlässt, wird auch B in Höhe der Hälfte der Bürgschaftsverpflichtung frei.
Genau, so ist das!
5. B kann von G den überbezahlten Betrag nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion) verlangen.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juraddicted
27.9.2024, 14:03:06
Kann mir jemand bitte bei diesem Beispiel anhand von 100 EUR helfen? B und M waren hälftig verpflichtet zu bezahlen, also 50 EUR/ Person. B hat 100 EUR an G gezahlt und hätte eigentlich das Recht, 50 EUR von M zurück zu verlangen. Diese ist aber befreit. Somit hat B einen Anspruch iHv 50 EUR „Rückzahlung“ ggü G (812)? Er "erspart" sich nichts, sondern haftet aber auch nur in der Höhe, für die er einstehen wollte. Vielen Dank :)

Jakob G.
19.10.2024, 18:02:43
Hab den Text aus der letzten Frage etwas modifiziert und geordnet. :) B und M waren mangels anderweitiger Vereinbarung hälftig zur Zahlung an G verpflichtet (vgl. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB). 1.
Etwas erlangtG hat durch Leistung des B
Geld[100 EUR] erlangt. 2. Durch Leistung Bewusste zweckgerichtete Mehrung des Vermögens des G.
Tilgungsbestimmung-> Bürgschaft. 3. Ohne Rechtsgrund Rechtsgrund dafür war vordergründig die Bürgschaft. Allerdings ist B durch die Aufgabe der Sicherung durch G in der Höhe von der Bürgschaftsverpflichtung frei geworden, in der B gegenüber M ein Regressanspruch zugestanden hätte (§ 776 BGB). In Höhe dieses Werts hat B somit
rechtsgrundlosgeleistet. Diesen Betrag kann er von G herausverlangen.

Juraddicted
25.10.2024, 11:54:57
Super, vielen lieben Dank :)
marv5330
12.3.2025, 17:16:58
Soweit wir gelernt haben und auch nach MüKo BGB § 776, Rn. 5 kommt § 776 nicht zur Anwendung, „wenn die Aufgabe eines Rechts durch den Gläubiger das zwischen den Sicherungsgebern bestehende Ausgleichsverhältnis nicht berührt“. Bei der nachträglichen Befreiung eines Mitbürgen wirkt sich diese Befreiung nach BGH NJW 2000, 1034 [1035] aber gerade nicht auf das Ausgleichsverhältnis zu den übrigen Mitbürgen aus, da insoweit gem. § 769 die Grundsätze über die Ausgleichspflicht unter Gesamtschuldnern gelten würden. Diese Ausgleichspflicht entsteht dabei nach BGHZ 114, 117 [122] schon bei Begründung des Gesamtschuldverhältnisses und nicht erst mit der Leistung eines Gesamtschuldners an den Gläubiger. Die Rechte und Pflichten aus der Gesamtschuld treten danach als ein selbstständiges Schuldverhältnis neben die Bürgschaftsverträge. Diese so entstandenen Rechte der übrigen Mitbürgen können nicht vom Gläubiger nachträglich durch die Haftungsbefreiung eines Mitbürgen zum Erlöschen gebracht werden, da es sich bei der Haftungsbefreiung sonst um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter handeln würde (so Habersack in MüKo § 776, Rn. 5). Vielmehr bleibe der Regressanspruch zwischen den Mitbürgen von der nachträglichen Haftungsbefreiung unberührt und der in Anspruch genommene, verbleibende Bürge, muss sich die Hälfte weiterhin bei dem entlassenen Bürgen holen. Eine andere Lösung könnte sich nur aus einer individuellen Vereinbarung zwischen den Bürgen ergeben, die aber hier nicht ersichtlich ist. Vielleicht übersehe ich auch etwas, aber die Lösung hier scheint mir aktuell nicht damit vereinbar. Über eine kurze Erklärung würde ich mich freuen :) @Sebastian Schmitt