Zivilrecht

Kreditsicherungsrecht

Rückgriff des Sicherungsgebers

„Fahrlässige“ Verschlechterung der Sicherheit

„Fahrlässige“ Verschlechterung der Sicherheit

20. Mai 2025

7 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B bürgt für die Schuld des S gegenüber G. Zusätzlich übereignet M dem G zur Sicherheit Maschinen aus seinem Betrieb. Es kommt zum Zahlungsausfall. G unterlässt es fahrlässig, die Maschinen rechtzeitig zu verwerten. Später sind sie nur noch die Hälfte wert. ‌

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Einordnung des Falls

„Fahrlässige“ Verschlechterung der Sicherheit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bs Bürgenschuld verringert sich um den Wert, den die Maschinen verloren haben, weil G diese Sicherheit nicht rechtzeitig verwertet hat (§ 776 S. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Hat der Gläubiger eine mit der Hauptforderung verbundene Sicherheit vorsätzlich aufgegeben und wurde dadurch der Rückgriff des Bürgen vereitelt, erlischt der Bürgschaftsanspruch kraft Gesetzes in Höhe, in welcher der Bürge aus dem aufgegebenen Recht hätte Rückgriff nehmen können.§ 776 BGB greift auch, wenn der Gläubiger den Wert der Sicherheit gemindert hat. Allerdings greift § 776 BGB nur bei einem vorsätzlichen, nicht bei einem fahrlässigen Verschlechtern der Sicherheit. Eine fahrlässige Verschlechterung der Sicherheit durch den Gläubiger berührt die Bürgenverpflichtung nicht. G hat lediglich fahrlässig gehandelt und B deshalb kein Leistungsverweigerungsrecht. Wir erinnern uns: Zahlt der Bürge, geht die Hauptforderung samt Sicherheiten auf ihn über (§ 774 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Bürge kann sich aus den Sicherheiten befriedigen. Sind diese weniger wert, ist das natürlich schlecht für den Bürgen.
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2. Zahlt B, ist G verpflichtet ihr das Sicherungseigentum zu übertragen, damit sie sich hieraus befriedigen kann.

Ja, in der Tat!

Bei nicht-akzessorischen Rechten wie dem Sicherungseigentum ist bei Fehlen einer entgegenstehenden ausdrücklichen Regelung der Sicherungsvertrag in die Richtung auszulegen, dass der Gläubiger die parallel zur Hauptforderung bestehenden Sicherheiten auf den Bürgen überträgt. Der Bürge erhält also nicht automatisch Eigentum (das Sicherungsrecht). Der Gläubiger ist vielmehr lediglich schuldrechtlich verpflichtet, das (Sicherungs-)Eigentum zu übertragen. Zahlt B, geht die Hauptforderung auf sie über. Auch hat sie einen Anspruch auf Übertragung des Sicherungseigentums. Aus diesem kann sie sich befriedigen. Einen Anspruch auf Ersatz aufgrund des verminderten Werts hat sie nicht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DAV

David.

26.6.2023, 20:02:14

Sofern aber der Gläubiger das

Sicherungseigentum

hier

schuld

haft nicht überträgt, bestünde doch ein Anspruch aus § 280 I aufgrund der Wertminderung oder? Wie wäre dann das

Schuld

verhältnis zu bezeichnen?

CR7

CR7

28.8.2023, 15:07:00

Bitte auch hier um Aufklärung

WO

Wolli

28.5.2024, 13:24:22

Das

Schuld

verhältnis ist einfach die

Sicherheitsabrede

zwischen B und G.

iPhone von Jannik

iPhone von Jannik

21.3.2025, 18:42:44

Nach BeckOK zu 776 BGB treffen über diesen Paragraphen hinaus den Gläubiger grds. keine Rücksichtnahmepflichten gegenüber dem Bürgen, sodass ein Anspruch aus 280ff. mMn mangels Pflichtverletzung abzulehnen wäre.

L.G

L.Goldstyn

28.7.2024, 20:24:47

Ich verstehe nicht, warum man hier überhaupt zur Anwendung von § 776 BGB kommt. Das

Sicherungseigentum

stellt gerade kein akzessorisches Sicherungsrecht dar. Somit liegt weder „ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes

Pfandrecht

oder das Recht gegen einen Mitbürgen" iSv § 776 BGB vor, noch hätte der Bürge „aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 BGB [...] Ersatz verlangen können“. Die Lösung scheint mir hier § 776 BGB auf nicht-akzessorische Sicherungsrechte, die nach

Vertragsauslegung

übertragen werden müssen, analog anzuwenden.

Jakob G.

Jakob G.

19.10.2024, 17:49:16

Dass § 776 BGB analog angewendet wird, ist zutreffend. Verbesserungsbedürftig ist allerdings, dass dieser Schritt in der Lösung nicht näher erklärt wird. Aber auch folgerichtig, wenn der

Sicherungsvertrag

im Zweifel so auszulegen ist, dass für nicht-akzessorische Sicherheiten die

schuld

rechtliche Pflicht darin besteht, diese nach Zahlung durch Bürg*in abzutreten/zu übereignen. Dies bildet ja den § 774 BGB nach, auf den verwiesen wird, sodass zwanglos eine vergleichbare Interessenlage angenommen werden darf. Was das Sicherungsbedürfnis de*r zahlenden, ungesicherten und der nicht zahlenden, aber Sicherungsgeber*in angeht, besteht ferner eine Regelungslücke. Diese ist jedenfalls insofern planwidrig, als die Institute der Sicherungsabtretung und

Sicherungsübereignung

bei Schaffung des § 774 BGB nicht bekannt

ware

n. (MüKoBGB/Habersack, 9. Aufl. 2024, BGB § 776 Rn. 2) "Die Vorschrift ist einer entsprechenden Anwendung zugunsten sonstiger Sicherungsgeber und Inter

zedent

en zugänglich, und zwar unabhängig davon, ob auf der anderen Seite des Ausgleichsverhältnisses ein Bürge beteiligt ist. Voraussetzung ist freilich, dass sich die in § 776 geregelte Verhaltenspflicht in die gesetzliche und vertragliche Ausgestaltung des jeweiligen

Rechtsverhältnis

ses einfügt."

TI

Tinki

26.3.2025, 08:40:34

dann würde der Bürge aber in der Höhe frei gem. § 776 analog, in der er sich aus dem

Sicherungseigentum

hätte befriedigen können, richtig?


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