Referendariat

Die ZVR-Klausur

Vollstreckungserinnerung, § 766 ZPO

Verbot der Überpfändung (§ 803 Abs. 1 S. 2 ZPO)

Verbot der Überpfändung (§ 803 Abs. 1 S. 2 ZPO)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G weist Gerichtsvollzieher Z an, einen titulierten Anspruch in Höhe von €1.000 gegen die S zu vollstrecken. Der einzige Vermögenswert, den S hat, ist ein Porsche im Wert von €100.000. Z pfändet den Porsche. S will gegen die Pfändung vorgehen.

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Einordnung des Falls

Verbot der Überpfändung (§ 803 Abs. 1 S. 2 ZPO)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zulässiger Rechtsbehelf gegen die Pfändung ist die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO).

Ja, in der Tat!

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) lauten: (1) Statthaftigkeit, (2) Erinnerungsbefugnis, (3) Zuständigkeit des Gerichts, (4) Form, (5) Rechtsschutzbedürfnis. Die Vollstreckungserinnerung ist statthaft (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO), wenn der Erinnerungsführer gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Vollstreckungsorgans mit der Rüge der Verletzung formellen Rechts vorgeht. Z pfändet einen Porsche im Wert von €100.000 bei einem titulierten Anspruch in Höhe von €1.000. In Betracht kommt daher ein Verstoß gegen das Verbot der Überpfändung (§ 803 Abs. 1 S. 2 ZPO). Die Erinnerung ist statthaft (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO).
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2. Die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) ist begründet, wenn Z gegen das Verbot der Überpfändung (§ 803 Abs. 1 S. 2 ZPO) verstoßen hat.

Ja!

Die Vollstreckungserinnerung ist begründet (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO), wenn die angegriffene Vollstreckungsmaßnahme nicht zulässig war. Die Pfändung darf nicht weiter ausgedehnt werden, als es zur Befriedigung des Gläubigers erforderlich ist (§ 803 Abs. 1 S. 2 ZPO). Verstößt das Vollstreckungsorgan, hier also Z, gegen dieses Verbot, ist die Vollstreckungsmaßnahme rechtswidrig und die dagegen gerichtete Erinnerung begründet.

3. Z hat gegen das Verbot der Überpfändung (§ 803 Abs. 1 S. 2 ZPO) verstoßen, weil der Porsche viel mehr Wert hat als die Forderung.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Zwangsvollstreckung soll den Gläubiger befriedigen und die Kosten der Vollstreckung decken. Der Schuldner soll aber nicht stärker in Anspruch genommen werden als nötig. Hat der Schuldner aber nur einen Vermögensgegenstand, greift das Verbot der Überpfändung auch bei großem Wertunterschied nach herrschender Meinung nicht ein. Der einzige Vermögenswert, den S hat, ist ein Porsche im Wert von €100.000. Daher greift das Verbot der Überpfändung nicht. Die Pfändung war also rechtmäßig. Von dem Versteigerungserlös werden G befriedigt und die Kosten gedeckt. Den Überschuss erhält S.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Isabell

Isabell

13.9.2020, 11:44:53

Gilt das auch, wenn der einzige Vermögenswert das Haus ist, in dem der Schuldner wohnt?

FUCH

Fuchs567

4.11.2020, 10:42:36

In dem Fall wäre § 803 gar nicht anwendbar, da es sich bei dem Haus nicht um bewegliches Vermögen handelt.

Isabell

Isabell

4.11.2020, 11:57:28

Oh stimmt.

PAT

Patrick4219

3.7.2024, 09:32:25

Hallo Zusammen, ich habe mich gerade gefragt mit welcher Argumentation das Verbot der

Überpfändung

vorliegend keine Anwendung findet. Meine Vermutung ist, dass es sonst dem Schuldner immer möglich wäre die Zwangsvollstreckung dadurch zu verhindern, dass er sein Vermögen in der Gestalt verschiebt, dass nur noch ein teurer Gegenstand im Vermögen vorhanden ist. Zudem würde hier auch ein "Leben über den persönlichen Verhältnissen" privilegiert. Was sagt ihr dazu? Würde euch die Argumentation überzeugen?

LUC1502

luc1502

23.8.2024, 13:42:59

Hi @[Patrick4219](231635). Man könnte auch noch anführen, dass es der Schuldner ist, der die Zwangsvollstreckung "provoziert", indem dieser den G nicht befriedigt. Und der Vollstreckungsgläubiger muss ja irgendwie an seine "Kohle" kommen und wenn dazu nur ein einziger (werthaltiger und pfändbarer) Gegenstand zur Verfügung steht, dann muss eben dieser dran "glauben". Der Schuldner hätte es ja auch in der Hand, durch Erwerbstätigkeit oÄ. das nötige Geld beizuschaffen und dann den G zu befriedigen.

EN

Entenpulli

3.10.2024, 11:16:05

@[Patrick4219](231635) Ja klingt mMn einleuchtend. Zudem kann man auch noch sagen, dass Sinn und Zweck der Norm nur die Überbelastung des Schuldners ist, er den Übererlös ohnehin ausgezahlt bekommt und er somit nicht mehr belastet wird, als in seiner konkreten Situation möglich und nötig.

Rechthaber

Rechthaber

17.7.2024, 16:26:50

Wieso spricht ihr nicht noch den

811 ZPO

an. Kann ein Luxusauto unter den § 811 I Nr. 1 b fallen, obwohl es entgegen 811 I Nr. 1a nicht der bescheidenen Haushaltsführung dient, wenn er den Wagen dafür nutzt, um zur Arbeit zu kommen und ihm kein anderweitiger Ersatzwagen zur Verfügung steht. Dann wäre immerhin an eine Austauschpfändug zu denken gem 811a ZPO, oder ?

MAR

Marvin

29.8.2024, 18:55:29

Ich glaube weil der Sachverhalt keine Angaben dazu enthält müssen auch § 811 und die Austauschpfändung nicht angesprochen werden. Das Thema trotzdem anzusprechen dürfte dann vermutlich unter „Sachverhaltsquetsche“ fallen. Häufig sind die Sachverhalte ja anders gestaltet, als es möglicherweise der Realität entspricht.

EN

Entenpulli

3.10.2024, 11:18:52

Sehe ich wie Marvin. Vielmehr könnte man eher davon ausgehen, dass der Schuldner gerade keine Arbeit hat, da ansonsten sein Anspruch gegen den Arbeitgeber einen weiteren Vermögenswert darstellen würde. Ohne irgendwelche Angaben hierzu kann man nicht davon ausgehen, dass er zwar eine Arbeitsstelle hat, dabei aber nicht mehr verdient, als vom Pfändungsschutz umfasst.


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