Prüfungsstruktur der Standardmaßnahmen (Grundfall)

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Drogendealer D aus Münster wurde mehrmals auf dem Bremer Platz beim Drogendealen erwischt. Als Polizist P ihn dort erblickt, erteilt er ihm nach einer Anhörung ein Aufenthaltsverbot für den Bremer Platz für drei Monate. Wutentbrannt verlässt D den Bremer Platz.

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Einordnung des Falls

Prüfungsstruktur der Standardmaßnahmen (Grundfall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Standardmaßnahme ist rechtmäßig, wenn sie auf einer tauglichen Ermächtigungsgrundlage beruht und die Maßnahme formell und materiell rechtmäßig ist.

Genau, so ist das!

Die Prüfung einer Standardmaßnahme gleicht im Grundgerüst der Prüfung der Generalklausel. Zunächst ist die richtige Ermächtigungsgrundlage zu identifizieren. Danach ist die formelle und materielle Rechtmäßigkeit zu prüfen. Sowohl bei der formellen als auch materielle Rechtmäßigkeit kann es zu Modifikationen im Unterschied zur Generalklausel kommen.
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2. Zu Beginn der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Standardmaßnahme muss eine taugliche Ermächtigungsgrundlage identifiziert werden.

Ja, in der Tat!

Die Prüfung beginnt mit der Identifizierung der richtigen Rechtsgrundlage. Als Faustregel gilt: Je typischer und häufiger das polizeiliche Handeln, desto wahrscheinlich ist, dass eine Standardermächtigung vorliegt. Der Rückgriff auf die Generalklausel ist dann verwehrt. Als Ermächtigungsgrundlage kommt (§ 34 Abs. 2 PolG NRW) (Aufenthaltsverbot) in Betracht. D wurde für einen längeren Zeitraum (drei Monate) eines konkreten Platzes (Bremer Platz) verwiesen. Es liegt ein Aufenthaltsverbot vor. Ist eine Standardermächtigung einschlägig, solltest Du keinesfalls noch die Generalklausel als Rechtsgrundlage prüfen. Kommen hingegen mehrere Standardmaßnahmen in Betracht, solltest Du alle (an-)prüfen. Es folgt eine Abgrenzung der einzelnen Standardmaßnahmen, um die richtige Rechtsgrundlage zu identifizieren. Hier solltest Du Aufenthaltsverbot (§ 34 Abs. 2 PolG NRW) und Platzverweis (§ 34 Abs. 1 PolG NRW) voneinander abgrenzen.

3. Die Standardmaßnahme muss formell rechtmäßig sein

Ja!

Die Rechtmäßigkeit jeder Standardmaßnahme setzt neben der tauglichen Ermächtigungsgrundlage voraus, dass die Maßnahme formell rechtmäßig ist. Dafür sind Zuständigkeits-, Verfahrens- und Formvorschriften einzuhalten. Beim Verfahren ist neben der Anhörung (§ 28 Abs. 1 VwVfG NRW) zu beachten, dass manche Standardermächtigungen besondere Verfahrensvorschriften definieren. Beispielsweise erfordert die Ingewahrsamnahme nach (§ 35 PolG NRW) gemäß (§ 36 PolG NRW) die Wahrung des Richtervorbehaltes.

4. Der Adressat ist immer vor der Standardmaßnahme anzuhören.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Anhörung ist bei belastenden Verwaltungsakten erforderlich ( § 28 Abs. 1 VwVfG NRW ). Stellt die Standardmaßnahme einen Verwaltungsakt dar, ist stets an die Entbehrlichkeit der Anhörung wegen Gefahr in Verzug zu denken ( § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW ). Die umstrittene Frage nach der Rechtsnatur von Standardmaßnahmen kann im Rahmen der Anhörung aufkommen. Diese setzt einen belastenden Verwaltungsakt voraus ( § 28 Abs. 1 VwVfG NRW ). Die Entscheidung, ob ein Realakt oder Verwaltungsakt vorliegt, kannst Du allerdings offen lassen, wenn die Anhörung ohnehin wegen Gefahr in Verzug entbehrlich ist ( § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW ).

5. Im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit müssen zunächst die Tatbestandsvoraussetzungen geprüft werden.

Ja, in der Tat!

Zu Beginn der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung müssen die Tatbestandsvoraussetzungen der Standardmaßnahme geprüft werden. Häufig modifizieren oder erweitern die Standardermächtigungen die Tatbestandsvoraussetzungen der Generalklausel. Gemäß § 34 Abs. 2 PolG NRW kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person in einem bestimmten Ort eine Straftat begehen wird. Im Ausgangsfall hat D schon mehrmals am Bremer Platz mit Drogen gedealt. Diese Tatsache erlaubt den Rückschluss, dass D dies erneut dort tun wird. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Aufenthaltsverbots liegen vor. Du musst die einzelnen Tatbestandsmerkmale der Standardmaßnahmen nicht auswendig lernen! Eine saubere Arbeit am Gesetzestext und die gründliche Anwendung der Auslegungsmethoden sind in der Regel ausreichend. Diejenigen Fälle, in denen Du die Begrifflichkeit kennen musst, erläutern wir Dir hier im Kurs.

6. Bei der Auswahl des richtigen Adressaten kann immer auf die allgemeinen Regeln der polizeilichen Verantwortlichkeit (§§ 4 bis 6 PolG NRW) zurückgegriffen werden.

Nein!

Auch Standardmaßnahmen sind an den richtigen Adressaten zu richten. Häufig bestimmten die Standardmaßnahmen den Adressaten selbst. Ist dies nicht der Fall, kann auf die allgemeinen Regeln der polizeilichen Verantwortlichkeit (Stichwort Störerbegriff) gemäß §§ 4 ff. PolG NRW zurückgegriffen werden. Ein Aufenthaltsverbot kann zulasten der Person erlassen werden, welche droht, die Straftat zu begehen (§ 34 Abs. 2 PolG NRW). Somit ist D im Ausgangsfall tauglicher Adressat.

7. Auf Rechtsfolgenseite steht der Polizei ein unbeschränktes Entschließungs- und Auswahlermessen zu.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ist der Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage erfüllt, ist auf Rechtsfolgenseite in aller Regel Ermessen eröffnet. Hier ist zu prüfen, ob die Polizei die richtige Rechtsfolge getroffen hat. Die Maßnahme ist auf Ermessenfehler nach der Ermessensfehlerlehre zu überprüfen. Es muss differenziert werden zwischen Entschließungsermessen (Frage, ob gehandelt werden soll) und Auswahlermessen (Frage, welche Maßnahme zu ergreifen ist). Das Auswahlermessen ist bei Standardmaßnahmen auf die speziellen Handlungsbefugnisse der jeweiligen Standardmaßnahme beschränkt. Hier wird in der Regel ein Schwerpunkt der Klausur liegen. Die Ermessensfehlerlehre öffnet das Tor zu einer umfangreichen Grundrechts- und Verhältnismäßigkeitsprüfung.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SI

SimSim0405

12.10.2023, 22:08:31

Irgendwie bitter, dass ihr beim Drogendealer schwarze Haare und Bart abgebildet habt… Außerdem merkt man bei diesen „Randthemen“ bei Jurafuchs, wie unvorsichtig hier gearbeitet wurde. Die Normen sind teilweise nicht verlinkt, die Links vollständig rein kopiert und Rechtschreibfehler. Enttäuscht.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

13.10.2023, 11:14:38

Hallo SimSim0405, danke für deine Rückmeldung. Wir haben den Anspruch die Fälle möglichst divers abzubilden und möglichst viele Konstellationen abzudecken. Dies ist nur eine von einer Vielzahl unterschiedlichen Gestaltungen in unserer App. Bezüglich der Links lässt sich erklären, dass bei landesrechtlichen Normen wir diese händisch verlinken müssen im Backend und in diesem Fall scheint es an einer Stelle zu einem Fehler im Code gekommen zu sein. Wie an allen anderen Stellen im Fall auch tritt der Link eigentlich nicht in Erscheinung. Wir haben die Aufgabe diesbezüglich nochmal überarbeitet und auch sonstige Rechtschreibfehler kontrolliert. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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