Zivilrecht

Sachenrecht

Arten des Besitzes

Soziales Abhängigkeitsverhältnis mit Weisungsgebundenheit (Besitzdienerschaft, § 855 BGB)

Soziales Abhängigkeitsverhältnis mit Weisungsgebundenheit (Besitzdienerschaft, § 855 BGB)

14. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A stellt seinen LKW auf seinem Betriebsgelände ab. A hat den B als Bewacher eingestellt. B überwacht den gesamten Parkplatz.

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Einordnung des Falls

Soziales Abhängigkeitsverhältnis mit Weisungsgebundenheit (Besitzdienerschaft, § 855 BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem B den LKW bewacht, erwirbt er unmittelbaren Besitz am LKW (§ 854 Abs. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Besitz (§ 854 Abs. 1 BGB) ist die (1) von einem Besitzwillen getragene (2) tatsächliche Sachherrschaft einer Person über eine Sache. Wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis ausübt, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat, ist Besitzdiener855 BGB).Hier ist B als Angestellter den Weisungen des A unterworfen. Besitzer im Rechtssinne ist allein A.
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2. Indem B den LKW bewacht, wird er Besitzdiener an dem LKW für A (§ 855 BGB).

Ja!

Besitzdiener ist, wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis ausübt, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat (§ 855 BGB). Die Person muss im Rahmen eines nach außen erkennbaren, sozialen Abhängigkeitsverhältnisses die tatsächliche Gewalt über die Sache ausüben. Typischer Besitzdiener ist der angestellte Arbeitnehmer.B ist als Bewacher bei A angestellt. In der Regel übt derjenige die tatsächliche Gewalt über ein Kfz aus, der den Schlüssel hat. Hier hat der B allerdings auch ohne Schlüssel tatsächliche Sachherrschaft über die Fahrzeuge auf dem privaten Firmenparkplatz.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JUM

Jumshidul

27.12.2019, 15:11:02

Wieso sollte B die

tat

sächliche Sachherschaft über den LKW haben? Die Voraussetzungen für eine

besitzdienerschaft

sind hier offensichtlich gegeben. Er kann die Sachherschaft nicht ausüben weil er den Schlüssel nicht hat. Meiner Ansicht nach wäre es anders bei einem Handy, weil man hier die Herrschaft ausüben kann. Bei einem LKW geht das jedoch nicht.

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

14.1.2020, 16:32:01

Jumshidul, danke für die Anmerkung. Besitz (§ 854 Abs. 1 BGB) ist die (1) von einem Besitzwillen getragene (2)

tat

sächliche Sachherrschaft einer Person über eine Sache. In wessen

tat

sächlicher Herrschaftsgewalt sich die Sache befindet, hängt maßgeblich von der Verkehrsanschauung ab. Für die Besitzverhältnisse an einem Kraftfahrzeug kommt es IN DER REGEL darauf an, wer die

tat

sächliche Sachherrschaft über die Fahrzeugschlüssel ausübt. Anders dürfte dies unseres Erachtens sein, wenn das Fahrzeug sich auf einem privaten, abgeschlossenen Firmengeländer befindet, das der B überwacht. Dann hat er

tat

sächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Fahrzeug. Überzeugt Dich das?

Henk

Henk

8.3.2020, 08:32:04

Also der Bewacher hat die

tat

sächliche Einwirkungsmöglichkeit, weil selbst derjenige der den Schlüssel hat, nicht auf den LKW einwirken kann, wenn B ihm den Zutritt nicht gewährt? Und warum hat B dann eigenen Herrschaftswillen, wenn er doch

Besitzdiener

ist?

JUM

Jumshidul

8.3.2020, 16:12:43

B hatte in dem Fall seinen Besitzwillen gebrochen zur Frage der Einwirkung musst dir den anderen Beitrag von mir anschauen @Henk

JUM

Jumshidul

14.1.2020, 18:48:30

Nein um ehrlich zu sein nicht. Die

Tat

sächliche Sachherschaft erfordert die Möglichkeit einer Physischen Einwirkung, und ein räumliches Verhältnis voraus.(vgl. MÜKO BGB 854 RN. 23) Vorliegend hat B ohne Zweifel ein räumliches Verhältnis zum PKW aber es besteht keinerlei Möglichkeit zur physischen Einwirkung, weswegen es zu verneinen ist. Nach deiner Ansicht würden die räumlichen Verhältnisse für eine physische Einwirkung ausreichen. Würde man deiner Ansicht folgen müsste man eine physische Einwirkungsmöglichkeit auch bei Sachen die in einem Privaten, abgetrennten Bereich sind die Einwirkungsmöglichkeit bejahen. Es muss eine Abgrenzung zu einer rechtlich unbeachtlichen Einwirkungsmöglichkeit erfolgen.

AMA

Amastris

12.4.2024, 12:45:53

Ich bin gerade etwas verwirrt. Stelle ich meinen PKW an der Straße ab bleibe ich Besitzer, denn ich kann ja jederzeit zurückk

ehre

n und losfahren. Stelle ich ihn auf ein abgegrenztes überwachtes und dann wohl auch privates Grundstück verliere ich dann den Besitz? Ein Sicherheitsmitarbeiter könnte zwar auf das Fahrzeug einwirken aber hat keinen Schlüssel. Zudem hat er im Normalfall keinen Besitzwillen an meinem Auto (außer er findet es wahnsinnig toll) wenn er den Parkplatz lediglich überwacht. Wäre er dann überhaupt

Besitzdiener

mir gegenüber?

🦊LEXD

🦊LEXDEROGANS

15.1.2020, 11:40:35

Wie wäre ein Fall zu lösen bei dem ein Pkw auf einem ganz abgelegenen fremden Grundstück abgestellt wird, die Schlüssel aber mitgenommen werden. Erwirbt der Grundstückseigentümer Besitz am Pkw?

JSAUE

Jonas Sauer

1.2.2020, 22:21:51

Grundsätzlich ist derjenige Inhaber des unmittelbaren Besitzes, der den Autoschlüssel hat und weiß, wo das Autosteht. Das bedeutet der mutmaßliche Halter erwirbt unmittelbaren Besitz an der Parklücke, nicht aber der Parkplatzinhaber am Auto. Etwas anderes gilt nur, wenn das Auto abgeschleppt wird.

Amelie

Amelie

18.4.2023, 23:05:20

Ich verstehe nicht ganz warum B hier jetzt

tat

. Sachherrschaft und nicht nur

tat

s. Gewalt hat? Sind diese jetzt doch das gleiche? Wenn ja, dann könnte B ja mit Besitzwillen Besitzer werden, was ein

Besitzdiener

ja nicht werden soll (kein rechtlicher Besitz)… könnte mir das bitte jemand erklären? :)

DO

Dominic

22.7.2023, 20:19:04

Der Gesetzeswortlaut (§ 854 I BGB) setzt Erlangung der

tat

sächlichen Gewalt über die Sache voraus. Gewalt über die Sache ist das gleiche wie Sachgewalt. Und auch Sachgewalt und Sachherrschaft meint dasselbe. Du musst die Voraussetzungen des § 854 I gedanklich um ein weiteres ungeschriebenes negatives

Tat

bestandsmerkmal erweitern. Es darf keine

Besitzdienerschaft

vorliegen. Solange sich der B aber an die Weisungen des A hält, ist er

Besitzdiener

. Wenn er das nicht mehr macht, dann kann er den Besitz erwerben und ist dann nicht mehr

Besitzdiener

. So z.B. wenn B hier heimlich und gegen den Willen des A einen der LKW an einen gutgläubigen Dritten veräußern will. Hinweis: Sollte er dies tun, wäre dem A aber die Sache abhandengekommen i.S.d § 935.


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