Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Versuch und Rücktritt
Rücktritt beim erfolgsqualifizierter Versuch
Rücktritt beim erfolgsqualifizierter Versuch
26. August 2025
6 Kommentare
4,7 ★ (11.802 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

A bedroht O mit einer Pistole, um Os Geldbeutel zu bekommen. Um den Druck zu erhöhen, entsichert A die Waffe. Dabei löst sich ungewollt ein Schuss und O verstirbt. A bereut das Ganze und flieht, ohne etwas wegzunehmen.
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Einordnung des Falls
Rücktritt beim erfolgsqualifizierter Versuch
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Es liegt nach der Rechtsprechung ein erfolgsqualifizierter Versuch (§§ 249 Abs. 1, 251, 22, 23 Abs. 1 StGB) vor.
Genau, so ist das!
2. A ist nach dem BGH vom Raub mit Todesfolge zurückgetreten.
Ja, in der Tat!
3. Die Vorinstanz hatte hier einen Rücktritt abgelehnt, da der Täter nichts zur Verhinderung des Erfolgseintrittes getan habe.
Ja!
4. A ist daher straffrei.
Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
okalinkk
16.6.2025, 22:52:12
Kann mir jemand sagen, weshalb hier nicht ein Fehlschlag vorliegt? Das Opfer ist doch nun tot. Somit ist die Sache gewahrsamslos. Wie kann der Täter dann noch die Tat vollenden? Er kann doch keinen fremden Gewahrsam mehr brechen?
benjaminmeister
14.7.2025, 19:06:54
Wahrscheinlich wird man nicht festgestellt haben können, dass das Opfer sofort verstorben ist (nicht jeder Schuss führt ja zum sofortigen Tod). Im Zweifel muss man dann wohl für die Sicht des Täters davon ausgehen, dass das Opfer noch weitergelebt hat und die
Wegnahmeweiterhin aus Tätersicht möglich war (erweitert ja die Rücktrittsmöglichkeiten). Der BGH hat übrigens nicht den Rücktritt bejaht, sondern nur gesagt, dass der Rücktritt jetzt nochmal geprüft werden muss: "d) Die Annahme eines strafbefreienden Rücktritts setzt allerdings freiwilliges Handeln voraus. Dies läge nicht vor, wenn die Angeklagten infolge eines durch den Schuß und seine Folge ausgelösten Schocks zur Vollendung des Raubes psychisch unfähig geworden wären. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat, schlösse ein so begründeter emotionaler Zwang die Freiwilligkeit eines Rücktritts aus (vgl. BGH GA 1977, 75, 76; BGH bei Holtz MDR 1986, 271; BGH NStZ 1994, 428; Dreher/Tröndle aaO § 24 Rdn. 6 m.w.Nachw.). Die von der Jugendkammer getroffenen Feststellungen lassen einen freiwilligen Rücktritt aller Angeklagten möglich erscheinen, ergeben dies jedoch nicht zwingend. Der Senat kann die insoweit erforderliche, vom hierzu berufenen Tatrichter aber auf der Grundlage seines unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkts nicht vorgenommene Würdigung der Feststellungen nicht durch eigene Erwägungen ersetzen. Dies gilt hinsichtlich beider Revisionsführer. Zwar wirkt der Rücktritt eines Mittäters nicht ohne weiteres zugunsten der anderen; es kann hierfür jedoch genügen, wenn die Mittäter nach unbeendetem Versuch einvernehmlich nicht mehr weiterhandeln, obwohl sie es jeweils könnten (BGH NStZ 1989, 317; Dreher/Tröndle aaO § 24 Rdn. 15; Eser aaO § 24 Rdn. 112; Lackner/Kühl aaO § 24 Rdn. 25). Die Sache bedarf daher einer erneuten tatrichterlichen Entscheidung." Im JF-Sachverhalt wird zwar angegeben, dass der Täter Reue hat, das reicht aber mMn nicht aus, um daraus zwangsläufig ein (noch) autonomes Motiv=Freiwilligkeit zu bejahen. Auch der dann plötzlich psychisch unfähige Täter wird die Tat ja regelmäßig (besonders) bereuen. Ich fände es besser, wenn man den Sachverhalt in der Aufgabe noch weiter konkretisiert (Wann konnte Tod des Opfers sicher festgestellt werden? Ist Täter psychisch noch fähig die Tat zu vollenden?). Mein Bauchgefühl würde bei so einem Sachverhalt (bei dem eig keine Schüsse auf Menschen abgegeben werden sollte) eher dahin gehen, dass man die Freiwilligkeit ablehnt, weil der Schockmoment regelmäßig enorm hoch sein dürfte und auch die Entdeckungswahrscheinlichkeit regelmäßig ansteigt. Edit: Rengier, BT I, § 9 Rn. 40 stellt in seinem vergleichbaren Beispielsfall die Freiwilligkeit übrigens auch explizit fest (ohne es nur mit "bereut" anzudeuten).
okalinkk
16.6.2025, 23:05:35
Wenn der Täter das Opfer zuvor mit dem Leben bedroht hätte und zu ihm gesagt hätte „gib die Sache her, sonst erschiesse ich dich“, dann läge mMn nach Rspr eine räuberische Erpressung vor - äusseres Erscheinungsbild WEGGABE. Wenn nun das Opfer vor Schock an einem Herzinfarkt stirbt und der Täter nun davon absieht, die
Geldbörse mitzunehmen, läge dann bzgl des Rücktritts vom erfolgsqualifizierten Versuch ein Fehlschlag vor? Schliesslich hätte das Opfer die Sache ja hergeben müssen. Dies kann es aber nicht mehr, da es tot ist. Ich hätte hier dann einen Fehlschlag angenommen? Wie seht ihr das?
hardymary
3.8.2025, 11:32:13
: wahrscheinlich muss man annehmen, dass das Opfer zumindest für paar Sekunden noch gelebt hat und somit die Sache noch hätte weggeben können, der Täter aber davon abgesehen hat und zurückgetreten ist. Außerdem sagt ja die Rspr. ja sogar, dass jedes Tun, Dulden und Unterlassen für die räuberische Erpressung ausreichend ist und es eben gerade nicht einer willentlichen
Vermögensverfügungbedarf.