Öffentliches Recht

VwGO

Feststellungsklage

Keine Subsidiarität bei Feststellungsklagen gegen einen Hoheitsträger?

Keine Subsidiarität bei Feststellungsklagen gegen einen Hoheitsträger?

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A hat Entschädigungszahlungen nach § 56 Abs. 1 IfSG beantragt. Nachdem ihr Antrag abgelehnt wurde, möchte sie feststellen lassen, dass sie einen Anspruch auf die Entschädigungszahlungen gegen die zuständige Behörde B hat.

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Einordnung des Falls

Keine Subsidiarität bei Feststellungsklagen gegen einen Hoheitsträger?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bei der Frage, ob A einen Anspruch auf Entschädigungszahlungen gegen B hat, handelt es sich um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis.

Genau, so ist das!

Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 VwGO ist die rechtliche Beziehung, die sich aus einem hinreichend konkreten Sachverhalt aufgrund einer (diesen Sachverhalt betreffenden) öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergibt. Nach einhelliger Meinung werden öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse durch öffentlich-rechtliche subjektive Rechte begründet. Die Frage, ob A einen Anspruch (= subjektives Recht) gegen B auf Zahlung hat, dreht sich darum, ob zwischen A und B ein Rechtsverhältnis besteht.
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2. Statthaft könnte auch die Verpflichtungsklage sein. Grundsätzlich würde eine Feststellungsklage hier wegen § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO ausscheiden.

Ja, in der Tat!

Die Verpflichtungsklage ist statthaft, wenn der Kläger den Erlass eines Verwaltungsakt begehrt. Der Kläger kann die Feststellungsklage nicht erheben, soweit er seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (§ 43 Abs. 2 S. 1 VwGO). Die Feststellungsklage ist gegenüber diesen Klagearten subsidiär. Die Verpflichtungsklage ist eine Leistungsklage. A begehrt letztendlich die tatsächliche Auszahlung der Entschädigungssumme. Dies setzt jedoch voraus, dass ihr entsprechender Antrag vorher genehmigt wird (= Erlass eines Verwaltungsakts). Denn erst aufgrund des Zahlungsbescheids entsteht auch der tatsächliche Anspruch auf Auszahlung des Geldes. A begehrt den Erlass eines Verwaltungsakts.

3. Der Subsidiaritätsgrundsatz greift unstrittig auch dann, wenn sich die Feststellungsklage gegen einen Hoheitsträger richtet.

Nein!

Nach Auffassung des BVerwG gilt § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO generell nicht, wenn sich die Feststellungsklage gegen einen Träger öffentlicher Gewalt richtet, wobei auch hier die Regel gelte, dass die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der eigentlich einschlägigen Klageart (insbesondere die Klagefrist) nicht unterlaufen werden dürfe. Begründet wird diese Auffassung damit, dass bei einem Träger öffentlicher Gewalt davon ausgegangen werden könne, dass er sich ein bloßes (nicht vollstreckbares) Feststellungsurteil befolgen würde ("Ehrenmanntheorie"). Nach dieser Auffassung könnte A hier die Feststellungsklage erheben, obwohl auch die Verpflichtungsklage statthaft ist.

4. Auch die Literatur spricht sich dafür aus, von der Anwendung von § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO bei Klagen gegen Hoheitsträger abzusehen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Große Teile der Literatur widersprechen der restriktiven Auffassung des BVerwG. Argumentiert wird zum einen damit, dass es genügend Praxisfälle gäbe, in denen sich die öffentliche Hand nicht an ein Feststellungsurteil gehalten hat. Weiterhin steht der Ansicht des BVerwG der eindeutige Wortlaut von § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO entgegen. Die besseren Argumente sprechen für die Ansicht der Literatur. Die Feststellungsklage ist im vorliegenden Fall subsidiär zur Verpflichtungsklage. Zudem ist eine Verpflichtungsklage für A rechtsschutzintensiver, sodass sie diese erheben sollte.
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