Aufkündigung des Tatentschlusses vor Versuchsbeginn
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
M2 besorgt Waffen und plant minutiös einen Banküberfall, den er mit M1 begehen will. Da ihm auf dem Weg Bedenken kommen, unternimmt er erfolglos einen verbalen Versuch M1 umzustimmen. M1 erbeutet daher ohne M2 durch besonders schwere räuberische Erpressung Bargeld, wovon M2 einen Anteil bekommt.
Einordnung des Falls
Aufkündigung des Tatentschlusses vor Versuchsbeginn
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. M1 hat sich wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung (§§ 253, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) strafbar gemacht.
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Ja!
2. Nach der weiten Tatherrschaftslehre (h.L.) und der gemäßigt subjektiven Theorie (Rspr.) kann auch eine Mitwirkung im Vorbereitungsstadium Mittäterschaft begründen.
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Genau, so ist das!
3. Nach einer Ansicht in der Lit. hat M2 den ursprünglichen gemeinsamen Tatentschluss wieder aufgehoben, indem er sich vor Versuchsbeginn von der Tat distanzierte.
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Ja, in der Tat!
4. Auch nach Ansicht der Rspr. hat M2 den ursprünglichen gemeinsamen Tatentschluss wieder aufgehoben, indem er sich vor Versuchsbeginn von der Tat distanzierte.
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Nein!
5. Da auch die sonstigen Voraussetzungen vorliegen, hat M2 sich wegen mittäterschaftlicher besonders schwerer räuberischer Erpressung (§§ 253, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1, 25 Abs. 2 StGB) strafbar gemacht.
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Genau, so ist das!
Fundstellen
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in dubio pro alev
17.10.2022, 19:23:16
Ich sehe eine Aufkündigung, Ablehnung der Mittäterschaft und anschließende Prüfung als Anstifter… wobei die Beute mich davon nicht überzeugt..
Lena88
27.11.2022, 16:53:13
Ich würde grundsätzlich begrüßen, wenn ggf. ein Hinweis eingefügt würde, dass/wenn eine andere Ansicht gut vertretbar wäre - hier scheint mir z.B. die andere Ansicht, nämlich dass mit der expliziten Aufkündigung der gemeinsame Tatvorsatz entfällt, zumindest nicht völlig abwegig…

Nora Mommsen
28.11.2022, 10:37:12
Hallo Lena88, willkommen im Jurafuchs-Forum! Danke für deine Anmerkung. Werden in den Aufgaben unterschiedliche Ansichten dargestellt, sind diese - insbesondere wenn es sich um eine herrschende Literaturansicht handelt - auch vertretbar. In einer Klausur kommt es dann darauf an, dass man die andere Ansicht (in diesem Fall Rechtsprechung) gut begründet ablehnt und mit guter Argumentation der bevorzugten Ansicht folgt. Ist eine Ansicht zwar "Standardwissen" aber in der Klausur eigentlich nicht mehr vertretbar, wird dies kenntlich gemacht. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Christopher
30.3.2023, 09:01:59
Hallo ich verstehe das Argument mit dem Umkehrschluss aus § 24 II 2 StGB nicht so. Da steht doch freiwillig und ernsthaft bemühen und dann ist der Beteiligte straflos. Hier macht doch M2 genau das oder?
<isa_hh>
30.3.2023, 11:49:33
mE trägt M2 dennoch das Vollendungsrisiko. M1 hat sich ja gerade der Tatmittel bedient, die M2 in Vorbereitung der Tat besorgt hatte. Die Tat wird also gerade wegen seines Tatbeitrags verwirklicht und nicht unabhängig, wie § 24 Abs. 2 S. 2 verlangt.

Makschuu
5.8.2023, 11:11:07
Ich kann das Argument auch nicht ganz nachvollziehen. Wäre toll, wenn das jemand nochmal genauer ausführen könnte. Vielen Dank im voraus :)
Shilaw
18.8.2023, 17:05:07
Die Idee ist folgende: Spielen die Tatbeiträge des M2 keine Rolle mehr für die Tatausführung, dann würde § 24 II 2 Anwendung finden, der M2 müsste also bloß freiwillig und ernsthaft darum kämpfen, dass auch M1 von der Tatausführung ablässt. Dann würde dies noch vor Versuchsbeginn dazu führen, dass M2 kein Mittäter wird. Spielen hingegen die Tatbeiträge des M2 eine solche gewichtige Rolle, dass sie noch in der Tatausführung des M1 weiter wirken, dann reichen die Voraussetzungen des § 24 II 2 gerade nicht aus, sondern stattdessen müsste M2 seine Tatbeiträge in der Vorbereitungsphase so „annullieren“, dass sie keine Wirkung innerhalb der Tatausführung des M1 mehr zeigen, um von der mittäterschaftlich geplanten Tat abzurücken