Täter hat keinen Anspruch auf die Sache

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

D bricht in Zueignungsabsicht den Gewahrsam des E an dessen Smartphone. D weiß, dass ihm kein Aneignungsrecht und kein fälliger schuldrechtlicher Anspruch auf Übereignung des Smartphones zusteht.

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Einordnung des Falls

Täter hat keinen Anspruch auf die Sache

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Rechtswidrigkeit der erstrebten Zueignung ist auf der Ebene der Rechtswidrigkeit als allgemeines Deliktsmerkmal zu prüfen.

Nein!

Nach herrschender Meinung handelt es sich bei der Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Zueignung, welche in § 242 Abs. 1 StGB explizit erwähnt wird, um ein normatives Tatbestandsmerkmal. Diese ist also bereits auf Tatbestandsebene zu prüfen.
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2. Dabei kommt es zunächst darauf an, ob die beabsichtigte Zueignung objektiv rechtswidrig ist.

Genau, so ist das!

Nur bei objektiver Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Zueignung kommt eine Vollendung des Tatbestandes des § 242 Abs. 1 StGB in Frage. Bei subjektiv vorgestellter Rechtswidrigkeit kommt somit allenfalls eine Strafbarkeit wegen (untauglichen) Versuchs in Betracht.

3. Da D weder ein gesetzliches Aneignungsrecht noch ein Anspruch auf Übereignung (§ 929 Abs. 1 BGB) zusteht, ist die angestrebte Zueignung rechtswidrig.

Ja, in der Tat!

Rechtswidrig ist eine beabsichtigte Zueignung, wenn sie im Widerspruch zur materiellen Eigentumsordnung steht. D hat kein gesetzliches Aneignungsrecht und keinen Anspruch auf Übereignung. Die beabsichtigte Zueignung steht somit im Widerspruch zur materiellen Eigentumsordnung, was sie rechtswidrig macht.

4. Ob D bezüglich der Rechtswidrigkeit Vorsatz hat oder nicht, ist für seine Strafbarkeit unerheblich.

Nein!

Als (normatives) objektives Tatbestandsmerkmal muss sich nach der allgemeinen Regel des § 15 StGB auch der Vorsatz hierauf beziehen. Nach herrschender Meinung ist das Fehlen des Vorsatzes nach den Regeln über den Tatbestandsirrtum (§ 16 S. 1 StGB) zu behandeln. Bei fehlendem Vorsatz wäre D also straflos. Vorliegend handelt D jedoch wegen seines ausgeprägten kognitiven Vorsatzelements jedenfalls mit direktem Vorsatz (dolus directus 2. Grades).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juraluchs

Juraluchs

19.10.2022, 20:59:52

Hey, woher stammt die Formulierung mit dem "Widerspruch zur materiellen Eigentumsordnung"? Das klingt für mich etwas unrund, da es doch um schuldrechtliche Beziehungen geht. LG

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

26.10.2022, 19:06:48

Hallo Juraluchs, das Unbehagen kann ich durchaus nachvollziehen. Zivilrechtlich klingt es in der Tat unschön, wenn man den Begriff Eigentum, das bekanntlich nur an "Sachen" bestehen kann (vgl.

§ 903 BGB

) und schuldrechtliche Forderungen in einen Topf wirft und daraus die "EIgentumsordnung" macht. Nichtsdestotrotz ist dies in Rechtsprechung und Kommentarliteratur durchaus verbreitet (vgl. BGH, NJW 1962, 971; BeckOK StGB/Wittig, 54. Ed. 1.8.2022, § 242 RdNr. 40). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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