Öffentliches Recht
Völkerrecht
Friedenssicherung und Kriegsrecht
Intervention auf Einladung (Bürgerkrieg)
Intervention auf Einladung (Bürgerkrieg)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
G's brutaler Diktator lässt Wahlen fälschen. Daraufhin erhebt sich G’s Volk zu einer bewaffneten Rebellion und kontrolliert schnell 70% von G's Territorium. G’s Diktator ruft den Diktator von H zur Hilfe, um die Rebellion militärisch niederzuschlagen. H bombardiert die Rebellen.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Intervention auf Einladung (Bürgerkrieg)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine verbotene Gewaltanwendung eines Staates auf dem Territorium eines anderen Staates liegt auch dann vor, wenn diese auf Einladung des betroffenen Staates erfolgt.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. An der Befugnis des Diktators von G, militärische Unterstützung gegen die Rebellion bei H anzufragen, bestehen erhebliche Zweifel.
Ja!
3. Das Bombardement der Rebellen von G auf dem Territorium von G durch H zur Unterstützung von G's Diktator verstößt gegen das Gewaltverbot.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Raphaeljura
17.9.2023, 02:43:57
woher kommt denn die Definition, dass nur demokratisch legitimierte Regierungen andere Staaten zu militärischen Aktionen einladen dürfen? Und wenn das so ist, wie wird dann demokratisch legitimiert definiert? Und die Herleitung erscheint einem doch zweifelhaft, wenn viele UN-Mitgliedsstaaten nicht demokratisch legitimiert sind.
Eric
11.10.2023, 11:48:56
Da hast du etwas falsch verstanden. Entscheidend ist, dass die Regierung im Sinne der Staatsgewalt (government) zur Intervention einlädt, mit anderen Worten die legitime Regierung Wann aber werden andere Staaten zur Intervention eingeladen? Regelmäßig, wenn die (bis dato) amtierende Regierung einen Verlust an Staatsgewalt erfährt. Solange das einladende Organ ein Mindestmaß an Staatsgewalt über das Staatsgebiet (effective control) ausübt, wird man von der legitimen Regierung im Sinne der Intervention by invitation sprechen können. Nicht mehr einladungsberechtigt sind damit puppet regimes, Exilregierungen u.ä. Hierfür ist dann auch zunächst irrelevant, ob die Regierung mit nach nationalem Recht vorgesehenen Mitteln die Macht ergriffen hat, mit anderen Worten es sich um die legale Regierung handelt. Diese Überlegung ergibt sich aus der Souveränität (domaine réservé), die auch durch das
Interventionsverbot(principle of non-intervention) geschützt wird. Handelt es sich beim einladenden Organ allerdings um eine demokratisch gewählte, im Sinne des nationalen Rechts auch legale Regierung, geht die Staatenpraxis wohl mittlerweile soweit, dass Anforderungen an effective control (siehe oben) heruntergeschraubt werden: „Today, invitations by freely and fairly elected governments carry a presumption of legal authority. Governments which have been freely and fairly elected under international supervision, or which are universally recognized as having been freely and fairly elected, can arguably preserve their status for the purpose of inviting foreign troops even after having lost almost all effective control.“ (Nolte, Intervention by Invitiation. In: MPEPIL, Rn. 17.) Einer legalen demokratischen Regierung kommt also eine widerlegbare
Vermutungzugute hinsichtlich der effective control und damit ihrer Einladungsberechtigung zu Interventionen. Grundsätzlich eine Praxis, die konsequent zu Ende gedacht, auch nicht gegen das principle of non-intervention verstößt – immerhin wird die ursprüngliche Staatsgewalt und damit einladungsberechtigte Regierung geschützt.