Zivilrecht

Sachenrecht

Arten des Besitzes

Weisungsunterworfenheit aus tatsächlichen Gründen – Besitzdiener nach § 855 BGB

Weisungsunterworfenheit aus tatsächlichen Gründen – Besitzdiener nach § 855 BGB

6. Februar 2025

17 Kommentare

4,7(27.514 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E hebt einen großen Geldbetrag von der Bank ab. Sein Freund F erklärt sich aus Gefälligkeit bereit, die Geldscheine in seiner Tasche bis zur Wohnung des E zu tragen.

Diesen Fall lösen 76,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Weisungsunterworfenheit aus tatsächlichen Gründen – Besitzdiener nach § 855 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem F das jurafuchs.de/jqn12g6/erlangtes-etwas-bei-einem-darlehen-der-eigenen-bank" class="underline">Geld für E einsteckt, wird er zum Besitzdiener (§ 855 BGB) des E an dem jurafuchs.de/jqn12g6/erlangtes-etwas-bei-einem-darlehen-der-eigenen-bank" class="underline">Geld.

Genau, so ist das!

Besitzdiener ist, wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis ausübt, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat (§ 855 BGB). Ein "ähnliches Verhältnis" kann auch ein tatsächliches Verhältnis sein, wie hier ein Gefälligkeitsverhältnis in Form von freundschaftlicher Mithilfe.OLG Stuttgart: Bei Gefälligkeitshandlungen reiche es aus, wenn der Besitzdiener nur insoweit weisungsgebunden ist, als der Besitzherr jederzeit auf die Sache Zugriff nehmen kann (RdNr. 4).F hat E bis zur Wohnung mit den Geldscheinen in seiner Tasche ständig begleitet. E konnte jederzeit auf das jurafuchs.de/jqn12g6/erlangtes-etwas-bei-einem-darlehen-der-eigenen-bank" class="underline">Geld zugreifen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. F hat Besitz (§ 854 BGB) an dem jurafuchs.de/jqn12g6/erlangtes-etwas-bei-einem-darlehen-der-eigenen-bank" class="underline">Geld erlangt.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Besitzdiener ist kein Besitzer im rechtlichen Sinne. Er hat keine selbständige Besitzposition. Er ist als verlängerter Arm des eigentlichen Besitzers anzusehen.Allein der Weisungsberechtigte (hier: E) ist Besitzer (§ 854 BGB).
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Praetor

Praetor

18.1.2020, 16:44:04

Genau genommen sollte es

Geld

scheine heißen,

Geld

ist keine körperliche Sache.

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

22.1.2020, 11:07:32

Hi Praetor, Grüneberg (Palandt, § 245 RdNr. 3) sieht das anders: "

Geld

im gegenständlichen Sinn (Bar

geld

) sind Münzen und Banknoten." Dass es hier um

Geld

scheine geht, ergibt sich uE aus dem Kontext und der Illustration. Wir haben aber - um Missverständnisse zu vermeiden - dennoch den Sachverhalt angepasst.

Henk

Henk

8.3.2020, 08:13:50

Definiert Grüneberg nicht eher: Bar

geld

=

Geld

(Gattung) im gegenständlichen Sinne (Artunterschied) Und fügt eine abschließende Enumeration an:

Geld

= Münzen und Banknoten. ? Dann müsste man ja jedenfalls schreiben: E gibt (impliziert wohl schon gegenständlichen) F

Geld

im gegenständlichen Sinne? Wenn man es so sieht:

Geld

= Bar

geld

(=Def. Im gegenständlichen Sinne) Dann würde ich dies für verfehlt halten. Wir definieren Begriffe im juristischen Sinne bzw. In einem System innerhalb des Rechts (zB. BGB AT). Wir können zwar Begriffe aus anderen Gebieten (zB Soziologie) ins Recht transferieren, aber im gegenständlichen Sinne zu definieren impliziert, dass man auch im nichtkörperlichen Sinne definieren kann und dann bringt die Def. nichts, weil man nicht weiß welche Def. gemeint ist

ZAV

Zavviny

19.9.2020, 15:56:13

fragwürdige Rspr. d. OLG Stuttgart. Wieder einmal wird das

Gefälligkeitsverhältnis

. Ein Verwahrungsvertrag und damit

mittelbarer Besitz

liegen m.E. nach näher. M.E. zwingend als strittig zu kennzeichnen.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

21.9.2020, 10:26:48

Hallo Zavviny, danke für deine Anmerkung. In unserem Sachverhalt steht "aus

Gefälligkeit

". damit hat F keinen

Rechtsbindungswille

n und es liegt kein Vertragsverhältnis vor. In der Praxis lässt sich das natürlich nicht so einfach bestimmen, aber bei Fällen im 1. Examen (und bei uns) muss das was im Sachverhalt steht als gegeben angenommen werden.

UNBE

UnbekannterNutzer

18.11.2020, 20:59:21

Soviel ich weiß, kommt es bei der Abgrenzung zwischen

Gefälligkeit

und Vertrag aber auf eine objektive Betrachtung an. Somit ist es für das Ergebnis irrelevant aus welchen Beweggründen (subjektiv) F das

Geld

verwahrt, oder übersehe ich da was?

Vulpes

Vulpes

3.1.2021, 13:17:55

Wenn es sich allerdings um einen

Gefälligkeitsvertrag

iS einrs Auftrags handelt besteht ein Rechtsverhältnis kraft dessen der F dem E den Besitz mittelt. Der Rechtsbimdungswille ist somit entscheidend dafür, ob F

Besitzdiener

oder

Besitzmittler

ist. @Eigentum verpflichtet: Schliesst der Hinweis "aus

Gefälligkeit

" den grunds. auch einen

Gefälligkeitsvertrag

(Auftrag) aus?

Fahrradfischlein

Fahrradfischlein

9.2.2021, 19:47:02

Also ich finde den Sachverhalt hier eindeutig und bin der Meinung, dass ein Verwahrungsvertrag aufgrund der Angaben ausscheidet. Natürlich könnte man einen solchen hier konstruieren, würde dann aber sowohl an der Lebenswirklichkeit als auch am Sachverhalt vorbeiargumentieren. Man darf nicht vergessen dass Gerichte über tatsächliche Lebensvorgänge entscheiden.

Sophix58

Sophix58

11.1.2024, 12:29:03

Huhu, ich hätte hierzu eine kleine Verständnisfrage: ist es bei

Gefälligkeitsverhältnisse

n dann egal, ob ein soziales Abhängigkeitsverhältnis besteht oder nicht? Ich dachte nämlich, dass es für das "ähnliche Verhältnis" iSd. § 855 BGB gerade darauf ankommt.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

3.12.2024, 09:03:00

Hallo @[Sophix58](22547), die "soziale Abhängigkeit" ist tatsächlich ein häufig genanntes Kriterium, um bloße

Besitzdienerschaft

iSv § 855 BGB zu begründen. Man muss damit aber etwas vorsichtig sein, worauf im Schrifttum auch häufig hingeweisen wird (neben dem unten genannten BeckOGK zB von MüKoBGB/Schäfer, 9. Aufl 2023, § 855 Rn 5). Zum einen ist der Begriff natürlich ohnehin sprachlich unscharf und taucht im Wortlaut des § 855 BGB überhaupt nicht auf. Zum anderen gibt es sozial Abängige, die trotzdem nicht

Besitzdiener

sind, vor allem aber auch sozial nicht Abhängige, die trotzdem

Besitzdiener

sind - letzteres insbesondere bei den hier in Frage stehenden

Gefälligkeiten

(in diese Richtung die unserem Fall zugrunde liegende Entscheidung des OLG Stuttgart, Beschl v 12.2.2009 - 10 U 3/09, BeckRS 2009, 9

239

; näher auch BeckOGK-BGB/Götz, Stand 1.10.2024, § 855 Rn 12). Aus diesem Grund schlagen einige vor, das Problem statt über die Frage der sozialen Abhängigkeit besser davon ausgehend zu lösen, ob der Berechtigte/"Besitzherr" jederzeit Zugriff auf die Sache hat, bestimmen kann, was damit passieren soll. Ist das der Fall, handele es sich um bloße

Besitzdienerschaft

(Details bei BeckOGK-BGB/Götz, Stand 1.10.2024, § 855 Rn 13 ff). Viele Grüße, Sebastian - für das

Jurafuchs

-Team

NI

Niklas

12.4.2024, 16:50:47

Dass der E den F bis zur Wohnung begleitet geht aus dem Sachverhalt nicht hervor. Das sollte eventuell ergänzt werden.

Paulah

Paulah

13.4.2024, 11:59:14

Das steht am Ende des zweiten Satzes.

LELEE

Leo Lee

13.4.2024, 17:01:29

Hallo Niklas, vielen Dank für dein Feedback! Wie Paulah zutreffend anmerkt soll das Ende des zweiten Satzes klarstellen, dass der F (mit dem

Geld

in der Tasche) den E bis zur Wohnung begleitet. Wir haben auch im Erklärungstext etwas präzisiert, damit keine Missverständnisse bei dessen Lektüre entstehen können! Wir möchten uns vielmals bei dir bedanken dafür, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren und freuen uns auf weitere Feedbacks von dir :)! Liebe Grüße – für das

Jurafuchs

team – Leo

jhelmi

jhelmi

6.1.2025, 14:31:06

https://

openjur

.de/u/351130.html


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen