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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Arbeitnehmerin A, die häufig krankheitsbedingt fehlt, ist zuletzt wegen Bandscheibenvorfalls krankgeschrieben. Ihr Chef C bezweifelt dies trotz Vorliegens einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und lässt A zur Überprüfung ihrer Arbeitsunfähigkeit von Privatdetektiv observieren. Dabei werden Videoaufnahmen erstellt.

Einordnung des Falls

Eindringen in Privatsphäre des Arbeitnehmers

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht findet zwischen den Arbeitsvertragsparteien keinerlei Berücksichtigung, da es lediglich ein Abwehrrecht des Bürgers gegen den Staat ist.

Nein, das ist nicht der Fall!

Zwar dient der Grundrechtsschutz in erster Linie als Abwehrrecht des Bürgers gegen den Staat. Jedoch entfaltet er auch Drittwirkung in privatrechtlichen Rechtsbeziehungen. Folglich sind die Grundrechte mittelbar auch im Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zu beachten.

2. Durch die Videoaufnahmen hat C in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der A eingegriffen.

Ja, in der Tat!

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) umfasst neben dem Recht am gesprochenen Wort auch das Recht am eigenen Bild. Mithin gehört zum Selbstbestimmungsrecht eines Menschen, selbst darüber entscheiden zu können, ob Bildaufnahmen von ihm gemacht werden und inwieweit diese verwendet werden dürfen. Zudem garantiert das Recht auf informationelle Selbstbestimmung die Befugnis, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden. Indem A heimlich durch den von C beauftragten Privatdetektiv überwacht und gefilmt wurde, wurde sie in ihrem Recht am eigenen Bild sowie im Recht auf informationelle Selbstbestimmung erheblich verletzt, wobei gerade die Heimlichkeit die Stärke des Eingriffs noch intensiviert.

3. Aufgrund einer solch schweren Persönlichkeitsverletzung ist die Überwachung eines Arbeitnehmers durch einen Privatdetektiv stets rechtswidrig.

Nein!

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird nicht schrankenlos gewährleistet. Ein Eingriff kann durch Wahrnehmung schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein. Dabei bestimmt sich das zulässige Maß eines Eingriffs nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Die Videoüberwachung muss geeignet, erforderlich und angemessen sein, um den angestrebten Erfolg zu erreichen. Im Rahmen der Angemessenheit fordert das BAG, dass (1) Tatsachen vorliegen müssen, die objektiv den Verdacht einer Straftat begründen und (2) die Observation ein verhältnismäßiges Mittel zur Aufdeckung dieser Straftat ist, der Arbeitgeber also alle weniger einschneidenden Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft hat und die verdeckte Videoüberwachung das einzig verbleibende Mittel ist.

4. Erfolgten die heimlichen Videoaufnahmen von A rechtswidrig?

Genau, so ist das!

Die heimliche Beobachtung und Fertigung der Videoaufnahmen stellt einen besonders intensiven Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar, der nur gerechtfertigt werden kann, wenn (1) Tatsachen vorliegen, die objektiv den Verdacht einer Straftat oder schwerwiegenden arbeitsrechtlichen Pflichtverletzung begründen und es (2) ein verhältnismäßiges Mittel ist. Eine verdeckte Ermittlung „ins Blaue hinein“, ob sich der Arbeitnehmer möglicherweise pflichtwidrig verhalte, ist unzulässig. Hier liegt ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Dieser kommt ein hoher Beweiswert, der erst erschüttert ist, wenn begründete Zweifel an Richtigkeit der Bescheinigung bestehen. Hier fehlt es an solchen Zweifeln. Mangels konkreten Verdachts des Betruges durch Vortäuschen der Arbeitsunfähigkeit, sind Videoaufnahmen von A rechtswidrig.

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