Verstoß gegen Pflicht zur Löschung gespeicherter Daten


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Kioskbesitzer K installiert eine zulässige offene Videoüberwachung in Verkaufsraum, um sein Eigentum vor Straftaten zu schützen. Die Auswertung der erhobenen Videodaten findet erst nach Monaten statt. Dabei entdeckt K, dass Verkäuferin V an zwei Tagen eingenommenes Geld nicht in Kasse legte. K kündigt V fristlos.

Einordnung des Falls

Verstoß gegen Pflicht zur Löschung gespeicherter Daten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Videodateien müssen nach den Bestimmungen des BDSG spätestens nach 48 Stunden gelöscht werden. Unterliegen Aufnahmen, die nicht rechtzeitig gelöscht wurden, stets einem Verwertungsverbot?

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Nein, das ist nicht der Fall!

Nach dem Grundsatz der Datensparsamkeit müssen Videoaufnahmen unverzüglich nach Erhebung der Daten ausgewertet und spätestens nach 48 Stunden gelöscht werden. BAG: Allerdings führe ein Verstoß gegen die datenschutzrechtliche Löschungsverpflichtung nicht immer zu einem Verwertungsverbot. Es sei vielmehr eine umfassende einzelfallbezogene Interessenabwägung zwischen dem Arbeitgeberinteresse am Schutz seines Eigentums und dem Arbeitnehmerinteresse am Schutz seiner Persönlichkeitsrechte vorzunehmen.

2. Es liegt hier eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des V vor, sodass die Videodaten im Kündigungsschutzprozess nicht verwertbar sind.

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Nein, das trifft nicht zu!

Sofern die Verarbeitung und Nutzung der Daten durch den Kioskbesitzer datenschutzrechtlich zulässig war, liegt keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) vor. Hier handelte es sich um eine rechtmäßige offene Videoüberwachung, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht des V nicht verletzt. Die Speicherung von Aufnahmen aus rechtmäßiger offener Videoüberwachung, die vorsätzliche Handlungen eines Arbeitnehmers zulasten des Eigentums des Arbeitgebers zeigen, werden nicht durch bloßen Zeitablauf unverhältnismäßig. Der Arbeitgeber darf die Daten demnach solange noch verwerten, wie die Ahndung der Pflichtverletzung arbeitsrechtlich möglich ist. Denn ein rechtmäßig gefilmter Vorsatztäter ist nicht schutzwürdig („Datenschutz ist kein Tatenschutz“), und er wird dies auch nicht durch reinen Zeitablauf. Es besteht demnach kein Beweisverwertungsverbot.

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