Androhung von Folter („Fall Daschner“)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
G wird festgenommen, weil er den elfjährigen J entführt hat. Polizeipräsident D vermutet J in Lebensgefahr. Er will deshalb dringend den Aufenthaltsort des J ermitteln. D droht dem G mit Zufügung von Schmerzen, sollte G den Aufenthaltsort des J nicht preisgeben.
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Einordnung des Falls
Androhung von Folter („Fall Daschner“)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. D ist verpflichtet, die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) des G zu achten.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ist Gs Menschenwürde durch die Androhung der Zufügung von Schmerzen betroffen?
Ja!
3. Aufgrund der vermuteten Lebensgefahr des J, ist ein Eingriff in die Menschenwürde des G gerechtfertigt.
Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
MaxRaspody
30.7.2023, 16:09:44
Wie verhält es sich, mit Maßnahmen, bei denen -ggf sogar Unschuldige- nur geringere Schmerzen unter kontrollierten Bedingungen zugefügt werden? Wenn man hier den absoluten Schutz bejaht, müsste man mE Abnahme von Blut (gegen den Willen des Opfers) als Verletzung des Art 1 I Werten. Schließlich dient diese Maßnahme einzig und allein dazu, den Menschen als Wissensspeicher auszulesen und zwar sogar, um ihn zu belasten. Wenn die Möglichkeit bestuende das Blut schmerzlos abzunehmen, so würde der Staat dies zwar vorziehen, gleiches gilt jedoch auch für unseren Rapper. Koennte man sein Gehirn (nur die Info nach dem Kind) etwa mithilfe eines Scans schmerzfrei auswerten, würde der Staat dies tun.
Jakob
24.8.2023, 20:54:05
Gute Frage.
Snow
2.10.2023, 17:02:41
Heutzutage sieht es eh völlig anders aus. Du kannst Kinder einsperren, Leute isoliert sterben lassen und ein ganzes Volk der Freiheit berauben, um rechnerisch diese „Infektionsherde“ wie Vieh zu managen. Dieser Fall dürfte also überholt sein.
Dodo
9.1.2024, 17:53:04
Das Problem sehe ich auch ganz oft bei der Ausgestaltung von neuen StPO Normen mit der Begründung “Effektivität des Rechtsstaates” (bei eigentlichen aber nicht erwähnten Eingriffen in die Menschenwürde)
Sassun
16.9.2024, 17:21:46
Die Frage ist bisher leider unbeantwortet. Grds. gilt ja Freiheitsrechte vor Gleichheitsrechten und dann vermutl. auch vor Justizgrundrechten zu prüfen. Würde Art. 104 I 2 GG dann im Wege der Spezialität Art. 1 I GG verdrängen oder läge ein Fall von Idealkonkurrenz vor? Art. 1 I GG hätte immerhin die Besonderheit, dass er nahezu unmöglich zu rechtfertigen ist.