„Zweitbescheid“
16. Juni 2025
10 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
X wird per Bescheid verpflichtet, seinen Schwarzbau abzureißen. X unternimmt nichts, der Bescheid wird bestandskräftig. Danach bittet X die Behörde, den Sachverhalt erneut zu prüfen. Diese prüft und schickt X ein Schreiben mit demselben Wortlaut wie der ursprüngliche Bescheid.
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Einordnung des Falls
„Zweitbescheid“
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das nach erneuter Prüfung erteilte Schreiben der Behörde mit demselben Wortlaut wie der ursprüngliche Bescheid ist eine „hoheitliche Maßnahme“ einer „Behörde“ (§ 35 S. 1 VwVfG).
Ja, in der Tat!
2. Das nach erneuter Prüfung erteilte Schreiben der Behörde mit demselben Wortlaut wie der ursprüngliche Bescheid beinhaltet eine „Regelung (§ 35 S. 1 VwVfG).
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Flohm
3.8.2023, 10:59:35
Ich verstehe immer noch nicht warum hier eine Regelung vorliegt? Außerdem: wann reicht eine Regelung für einen VA und wann brauche ich eine Regelung in der Sache? Ich finde das Kapitel leider sehr verwirrend….
Juratiopharm
14.8.2023, 14:08:57
Eine Regelung liegt vor, weil die
Behördeden Sachverhalt geprüft und eine Abrissverfügung erlassen hat. Dass sie dies vorher auch schon einmal gemacht hat, ist dafür unbedeutend. Etwas anderes gilt nur, wenn sie nicht prüft, sondern sich nur auf die vorherige Entscheidung beruft. Auch in letzterem Fall liegt aber ein Verwaltungsakt vor: Die
Behördeentscheidet sich nämlich grade gegen eine erneute Prüfung und somit gegen ein Wiederaufgreifen iSv §
51 VwVfG.

A-MUC
31.8.2023, 17:53:01
Eine Regelung liegt vor, wenn das Handeln der
Behördeauf die Setzung einer unmittelbaren Rechtsfolge ausgerichtet ist. Die
Behördehat (nach der erneuten Prüfung & in dem zweiten Schreiben) kommuniziert: “Hey, Du musst Deinen Schwarzbau abreißen!!” Das ist eine unmittelbare Rechtsfolge. Und daher liegt eine Regelung vor. Verständlich?
Nilson2503
27.9.2023, 19:37:24
Mich würde der praktische Bezug sehr interessieren. Wie wird in der Praxis gesehen, ob die
Behördeerneut prüft? Sie wird in aller Regel doch einfach den Bescheid erneut im selben Wortlaut erlassen, oder wird sie tatsächlich auf die erneute Prüfung hinweisen?
Dogu
31.10.2023, 13:43:53
@[Nilson2503](175300) Im Normalfall wird die
Behördedas in der Begründung erwähnen (der VA enthält ja nicht nur den Tenor).
WayanMajere
13.6.2025, 16:03:36
Wenn eine
Behördeeine erneute Prüfung ablehnt, dann wird sie das sehr deutlich sagen. Wenn sie hingegen die selbe Begründung noch einmal schickt, dann kann man davon ausgehen, dass der Beamte sich das Ganze noch einmal angeschaut hat. (Ganz praktisch aus meiner Erfahrung als Polizeibeamter.)
Dogu
2.8.2024, 11:24:15
Angenommen, der Adressat wendet sich mit Erfolg gegen den
Zweitbescheid. Das vermag aber am bestandskräftigen ersten VA nichts zu ändern. Hätte er insoweit überhaupt ein
Rechtsschutzbedürfnis? Sein Erfolg in der Sache ist ja von vornherein ausgeschlossen.

Sassun
28.10.2024, 10:14:49
Das hatte ich mich auch gefragt und laut BeckOK VwVfG/Falkenbach, 64. Ed. 1.7.2024, VwVfG § 51 Rn. 26-28.1, der wiederum primär auf den Rspr.-Kommentar Kopp/Ramsauer verweist gilt: "Ein negativer
Zweitbescheidersetzt den ursprünglichen Verwaltungsakt unabhängig davon, ob er als inhaltsgleiche Neuregelung formuliert ist oder die Aufhebung des Erstbescheids abgelehnt wird" "Ein ausdrückliches Aufheben des ursprünglichen Verwaltungsakts ist nicht zwingend erforderlich, da der
Zweitbescheidden Verwaltungsakt entweder ersetzt oder aber ändert" Für mich klingt es in der Kommentarliteratur so, als könnte damit die Bestandskraft des ursprünglichen VA umgangen werden. Da dieses Ergebnis aber schwerer mit dem Rechtsgefühl vereinbar ist, würde ich Jurafuchs um eine Stellungnahme bitten :)

BGB OK
23.1.2025, 18:09:26
Hey @[Sassun](247789), ich denke, dass hier das Ermessen der
Behördeentscheiden ist. Leitet diese ein neues Verfahren ein und bestimmt, dass der Sachverhalt einer erneuten Prüfung würdig ist, darf sie sich daran auch messen lassen. Zudem gilt ja auch bei Gesetzen lex posterior derogat legi priori, der Grundgedanke lässt sich auf Verwaltungsakte gut übertragen, denke ich.
Aleton
1.6.2025, 12:29:41
Also ich kann mich erinnern, soweit es eine
wiederholende Verfügungist, ersetzt diese nicht den Erstbescheid. Wenn es sich aber um einen
Zweitbescheidhandelt, der die gleichen Regelungen wie den ersten hat, so ersetzt dieser den ersten bestandskräftige VA. Dieser wird somit hinfällig bzw. seine Bestandskraft wird umgangen. Sonst würde die Sache mit dem
zweitbescheidgar keinen Sinn machen, wenn man gegen diesen vorgehen kann, aber am Ende trotzdem der Erstbescheid wirksam bleibt. Aber es kommt dabei drauf an
was man für eine Klage im Rahmen des
Zweitbescheids erhebt. Bei einer Anfechtungsklage wäre das Verhältnis zwischen den Erst- und
Zweitbescheidrelevant. Bei einer
Verpflichtungsklagegerichtet auf §
51 VwVfGwäre es ja irrelevant, weil die
Behördeja neu darüber entscheidet. Also ich bin mir nicht sicher. Aber so hab ich das mal im Rep verstanden. Wäre nice, wenn jemand kurz sagen könnte ob ich damit richtig liege oder auf dem Holzweg bin. XD