Gesetzeswiederholender Verwaltungsakt

6. Februar 2025

15 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

O veranstaltet eine Versammlung unter freiem Himmel im Bundesland N. Das Bundesversammlungsgesetz ist anwendbar. Die Versammlungsbehörde teilt O schriftlich mit: „Bei der Versammlung ist es verboten, Uniformen zu tragen (§ 3 Abs. 1 VersG). Es gilt das Vermummungsverbot (§ 17a Abs. 2 VersG).“ O fragt sich, ob aus der Mitteilung für ihn Pflichten folgen.

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Einordnung des Falls

Gesetzeswiederholender Verwaltungsakt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die schriftliche Mitteilung der Versammlungsbehörde ist eine „hoheitliche Maßnahme“ einer „Behörde“ (§ 35 S. 1 VwVfG).

Ja!

Eine hoheitliche Maßnahme ist jedes einseitige öffentlich-rechtliche Handeln im Über-/ Unterordnungs-Verhältnis. Keine hoheitliche Maßnahme ist der öffentlich-rechtliche Vertrag oder privatrechtliches Verwaltungshandeln.Die schriftliche Mitteilung ist eine einseitige Maßnahme auf Grundlage des Versammlungsrechts. Eine hoheitliche Maßnahme liegt vor. Ist dies der Fall, ist auch die Voraussetzung „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ erfüllt. Die handelnde Versammlungsbehörde ist auch eine "Behörde (§ 1 Abs. 4 VwVfG).
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2. Die schriftliche Mitteilung enthält eine "Regelung" (§ 35 S. 1 VwVfG).

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Maßnahme besitzt Regelungscharakter, wenn sie darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen, d.h. unmittelbar Rechte und Pflichten des Betroffenen zu begründen, zu ändern, aufzuheben, festzustellen oder zu verneinen. Maßnahmen mit Regelungscharakter sind abzugrenzen von schlichtem Verwaltungshandeln, Auskünften und anderen Maßnahmen, die keine Rechtsfolge setzen.Die Mitteilung begründet oder ändert keine Rechte oder Pflichten. Sie enthält lediglich einen deklaratorischen Hinweis auf gesetzliche Regelungen des Versammlungsrechts (vgl. §§ 3 Abs. 1, 17a Abs. 2 VersammlG). Ihr kommt allein Hinweischarakter zu. Es fehlt am Regelungscharakter. Ein Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 VwVfG) liegt nicht vor.Seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 hat der Bund für das Versammlungsrecht keine Gesetzgebungskompetenz mehr. Bis die Länder von ihrer Gesetzgebungskompetenz Gebrauch machen, gilt das Bundesrecht aber fort (Art. 125a Abs. 1 GG). Bislang haben unter anderem Bayern, Berlin, NRW, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Hessen und Schleswig-Holstein von ihrer Kompetenz Gebrauch gemacht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JO

Johnny

22.5.2020, 11:28:33

Ihre Lösung ist meiner Ansicht nach nicht bundesweit richtig, da zwischenzeitlich (Föderalismusreform) Bundesländer eigene Versammlungsgesetze erlassen haben und dort das Uniformierungsverbot teilweise weniger absolut gehandhabt wird als im BVersG. Das BayVersG beispielsweise verbietet das tragen von Uniformen nur, sofern dadurch 'einschüchternde Wirkung entsteht.'(Art 7 Nr.1). Hier wäre also ein generelles (also weitergehendes) Uniformierungsverbot durch die Behörde durchaus eine Regelung.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

9.4.2021, 09:18:38

Danke Jonny für den guten Hinweis! Wir haben den Fall nun etwas präzisiert. Beste Grüße, Lukas - für das

Jurafuchs

-Team

MAX

Max

8.4.2021, 09:32:27

Hallo, ich habe eine Verständnisfrage: Warum werden hier keine Pflichten festgestellt? Beste Grüße

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

9.4.2021, 09:25:03

Hallo Max, sehr gute Frage. Denn die Abgrenzung von Mitteilungen und feststellenden Verwaltungsakten ist nicht immer leicht. Da aber bei allen Versammlungen, die unter das BVersG fallen das Vermummungsverbot gilt und hier die Behörde lediglich das Gesetz wiederholt, liegt die Annahme einer bloßen Mitteilung und insofern keiner eigenständigen Regelung näher. Beste Grüße, Lukas - für das

Jurafuchs

-Team

Edward Hopper

Edward Hopper

4.9.2023, 22:29:10

Hat es denn nicht mindestens die Regelungswirkung dass die die Versammlung genehmigt ist? Also je Versammlungen müssen nicht genehmigt sondern angekündigt werden. Aber wenn die Behörde sagt bei der Versammlung nicht vermummen ist ja schon quasi wirksam angemeldet

EVA

evanici

9.9.2023, 19:57:11

Kann man dann alle

hoheitlich

en Maßnahmen ohne Regelungscharakter automatisch der Kategorie "

Realakt

" zuordnen? Also beispielsweise

deklaratorisch

e Hinweise auf gesetzliche Regelungen,

unmittelbarer Zwang

,

wiederholende Verfügung

en (sofern man davon ausgeht, dass die Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens ihrerseits kein VA ist)

Paulah

Paulah

10.9.2023, 08:56:51

ja, Handlungen ohne Rechtserfolg sind

schlichtes Verwaltungshandeln

=

Realakte
Rambo

Rambo

6.10.2023, 00:08:49

Hallo, auch Hessen hat ein eigenes Versammlungsgesetz (Versammlungsfreiheitsgesetz) beschlossen. Es ist seit 04.04.2023 gültig. LG

Nora Mommsen

Nora Mommsen

6.10.2023, 11:35:42

Hallo Rambo, danke für die Info! Es handelte sich sowieso um eine beispielhafte und damit unvollständige Aufzählung, wir haben diese aber nun ergänzt. Beste Grüße, Nora - für das

Jurafuchs

-Team

juramen

juramen

5.12.2023, 12:06:31

Wäre es ggf. möglich die Norm des Versammlungsgesetz schon in die Fallkonstellation einzubauen? Wenn man diese nämlich nicht kennt, könnte man annehmen, dass es ein Verbot für eben diese Veranstaltung wäre. In diesem Fall hätte die Mitteilung ja einen Regelungscharakter.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.12.2023, 14:42:51

Hallo juramen, das haben wir im Sachverhalt noch ergänzt. Beste Grüße, Lukas - für das

Jurafuchs

-Team

Timon

Timon

21.10.2024, 14:29:39

Warum heißt die Aufgabe/Fallgruppe hier gesetzeswiederholender VA, wenn aufgrund mangelnder Regelungswirkung überhaupt kein VA vorliegt oder wird das einfach so genannt?

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

23.10.2024, 10:24:56

Hallo @Timon, eine berechtigte Frage! Der sog "gesetzeswiederholende VA" ist in der allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Rspr eine anerkannte "Kategorie". Sie zeichnet sich dadurch aus, dass das Schreiben der Behörde nicht nur einen generellen Verweis auf gesetzliche Regelungen enthält, sondern gerade auf einen konkreten Fall bezogen ist und die Voraussetzungen für die spätere Vollstreckung schaffen soll (s zB VGH Mannheim, Urt v 2.8.2012, Az 1 S 618/12, BeckRS 2012, 54

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). In Abgrenzung dazu ist das in unserem Fall allerdings gerade nicht so. Ohne nähere Anhaltspunkte in der Sachverhaltsdarstellung handelt es sich lediglich um einen generellen Hinweis ohne Regelungscharakter und damit ohne Verwaltungsaktsqualität, wie in unserer Lösung beschrieben. Viele Grüße, Sebastian - für das

Jurafuchs

-Team


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