Glassplitter
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
O, der Geliebte der Frau des T, geht in Ts Pizzeria essen. T erkennt O und beschließt dessen Pizza mit einigen Glassplittern zu „würzen“. O erleidet schwere Verletzungen im Mundraum und der Speiseröhre.
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Einordnung des Falls
Glassplitter
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T die Glassplitter auf der Pizza des O verteilt hat, hat er den objektiven Tatbestand der einfachen Körperverletzung erfüllt (§ 223 Abs. 1 StGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Wenn T die Körperverletzung mittels "Beibringung eines anderen gesundheitsschädlichen Stoffes" vorgenommen hat, verwirklicht er auch den objektiven Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 StGB).
Genau, so ist das!
3. Glassplitter stellen einen "anderen gesundheitsschädlichen Stoff" (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 StGB) dar.
Ja, in der Tat!
4. T hat O die Glassplitter auch nach der h.M. "beigebracht" (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB).
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Paula97
17.5.2023, 12:28:49
Ist das hier nicht sogar ein Fall mittelbarer Täterschaft weil der O die Pizza mit den Glassstücken selber zu sich nimmt? Und ist das beim Einatmen von Gasen nicht auch der Fall?
Jonah
27.7.2023, 18:36:33
Sambajamba10
25.1.2024, 18:35:17
Die hl löst diese Fälle tatsächlich so ("Werkzeug gegen sich selbst"). Die Rechtsprechung geht ohne nähere Begründung von einer zur mittelbaren Täterschaft vergleichbaren Situation aus (vgl. BGH NJW 1997, 3453)
Diaa
27.8.2023, 15:17:32
Irgendwie überzeugt die Formulierung "Der T habe bereits durch das Würzen der Pizza mit Glassplittern den obj. Tatbestand des § 223 I erfüllt" nicht so ganz. Klar war diese Handlung ursächlich, doch die Verletzung trat erst durch das Aufessen der Pizza durch den O. Also wurde ich hier doch eine
mittelbare Täterschaftannehmen, wie die anderen über mir das bereits festgestellt habe.
CR7
29.7.2024, 13:43:04
So sehe ich es auch
Juraddicted
16.9.2024, 17:25:45
Wann sind Grunddelikt und Qualifikation bei einem „Werkzeug gegen sich selbst“ (wie hier?) vollendet, bzw beendet? (am Beispiel von §§ 223,224, aber gerne auch generell) vielen Dank 😊
Amelie7
30.10.2024, 14:39:22
Ein
gesundheitsschädlicher Stoffliegt also vor, wenn die Sache von alleine seine Wirkung entfaltet, wenn der Stoff erst durch die "Bewegung" eines Menschen die Wirkung entfaltet dann nur ein gefährliches Werkzeug? Wie liegt es beispielsweise, wenn jemand Glassplitter auf eine Person streut und diese erst Verletzungen verursachen, wenn der Täter die Glassplitter durch Druck/Bewegung dazu bringt?
Leo Lee
3.11.2024, 09:40:06
Hallo Amelie7, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Du liegt völlig richtig mit deinem Gefühl. In der Tat könnte man als Faustformel nehmen, dass die Glassplitter dann gesundheitsschädlichen Stoff darstellen, wenn das Opfer sie schluckt und insofern diese Splitter von "alleine" ihre Wirkung entfalten. Wirkt hingegen von außen die Kraft, würde man eher das gef. Werkzeug bejahen. In deinem Beispielsfall wird die Verletzung ultimativ dadurch verursacht, indem wieder von außen die Kraft wirkt. Man kann diese Situation insofern mit derjenigen vergleichen, in der der Täter mit einem Messer erstmal "ansetzt" und dann drückt, weshalb eher von einem gefährlichen Werkzeug auszugehen wäre. Allerdings ist eine a.A. ebenso vertretbar, denn am Ende wird ohnehin irgendeine Nummer des 224 erfüllt, weshalb die Frage offenbleiben kann. Am elegantesten ist es, wenn du erstmal darstellst, dass beide Nrn. in Betracht kommen und dann sagst, dass es dahinstehen kann, da 224 jedenfalls erfüllt ist :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Amelie7
5.11.2024, 11:42:00
Interessant, danke! Würde man dann im Ergebnis nur § 224 schreiben oder § 224 Nr. 1/2 "oder/alternativ".. ?