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T betreibt durch plakative Anschreiben (sog. Mailings) Spendenwerbung. Darin behauptet T, eine Spende könne die Krebsforschung fördern. T macht in den Mailings keine konkreten Angaben darüber, welcher Anteil der Spenden tatsächlich in die Krebsforschung fließe. Tatsächlich fließen 20% in die Krebsforschung, 80% werden zu Werbezwecken genutzt oder als sonstige Verwaltungskosten verbucht. O spendet €100 in der Erwartung, das Geld komme der Krebsforschung zu Gute.

Einordnung des Falls

Betrug durch Spendenwerbung- und beschaffung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat den O ausdrücklich über die Höhe der Werbungs- und Verwaltungskosten getäuscht (§ 263 Abs. 1 StGB).

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Nein!

Täuschungshandlung ist die ausdrückliche oder konkludente intellektuelle Einwirkung auf das Vorstellungsbild eines anderen mit dem Ziel bewusster Irreführung. Ausdrückliche Angaben über die Höhe der Werbe- und Verwaltungskosten sind von T in den Spendenbriefen nicht getroffen worden, weshalb eine ausdrückliche Täuschung des O ausscheidet.

2. T hat den O konkludent über die Höhe der Werbungs- und Verwaltungskosten getäuscht (§ 263 Abs. 1 StGB).

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Nein, das ist nicht der Fall!

Eine konkludente Täuschung liegt in einem irreführenden Verhalten, das nach der Verkehrsanschauung als stillschweigende Erklärung zu verstehen ist, der ein gewisser Erklärungswert beizumessen ist. Einerseits könnte argumentiert werden, dass durch das Mailing bei O der irrige Eindruck erweckt wurde, der weit überwiegende Teil der Spenden flöße der Krebsforschung zu, wobei tatsächlich nur ein geringer Anteil von 20% der Spenden der Krebsforschung zufloss. Auf der anderen Seite ist sich der objektive und verständige Spender jedoch bewusst, dass die Spendensammlung Kosten verursacht. Damit erscheint es überzeugend in dem Mailing keinen Erklärungswert über die Höhe der tatsächlichen Spenden sowie der Werbungs- und Verwaltungskosten zu erblicken. Mithin scheidet eine konkludente Täuschung aus.

3. T hat den O durch Unterlassen getäuscht (§ 263 Abs. 1 StGB).

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Nein, das trifft nicht zu!

Liegt eine aktive konkludente Täuschung nicht vor, ist an eine Täuschung durch Unterlassen zu denken. Der Betrug kann auch durch Unterlassen verwirklicht werden (vgl. § 13 StGB). Um mittels eines Unterlassens zu täuschen, hätte T eine strafbewehrte Aufklärungspflicht, die ihn aus einer Garantenstellung trifft, verletzen müssen. Dabei muss das Unterlassen der gebotenen Aufklärung einem Tun gleichstehen. Eine Garantenstellung kann sich aus Ingerenz, Gesetz, besonderem Vertrauensverhältnis oder Treu und Glauben ergeben. Eine entsprechende Aufklärungspflicht des T ergibt sich weder aus Gesetz, Vertrag noch aus Treu- und Glauben. Ferner fehlt es an einem besonderen Vertrauensverhältnis, welches Grundlage für eine Aufklärungspflicht sein könnte. Mithin hat T den O nicht durch Unterlassen getäuscht.

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