Betrug durch Spendenwerbung- und beschaffung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T betreibt durch plakative Anschreiben (sog. Mailings) Spendenwerbung. Darin behauptet T, eine Spende könne die Krebsforschung fördern. T macht in den Mailings keine konkreten Angaben darüber, welcher Anteil der Spenden tatsächlich in die Krebsforschung fließe. Tatsächlich fließen 20% in die Krebsforschung, 80% werden zu Werbezwecken genutzt oder als sonstige Verwaltungskosten verbucht. O spendet €100 in der Erwartung, das Geld komme der Krebsforschung zu Gute.
Einordnung des Falls
Betrug durch Spendenwerbung- und beschaffung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat den O ausdrücklich über die Höhe der Werbungs- und Verwaltungskosten getäuscht (§ 263 Abs. 1 StGB).
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Nein!
2. T hat den O konkludent über die Höhe der Werbungs- und Verwaltungskosten getäuscht (§ 263 Abs. 1 StGB).
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Nein, das ist nicht der Fall!
3. T hat den O durch Unterlassen getäuscht (§ 263 Abs. 1 StGB).
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Nein, das trifft nicht zu!
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🦊LEXDEROGANS
18.9.2020, 09:01:42
Wie sähe es wohl mit Treu und Glauben aus bei 1% Spenden und 99% „Verwaltungskosten“? 🤔

Eigentum verpflichtet 🏔️
7.2.2021, 23:23:20
Hallo Lexderogans, auch wenn man die Einheit der Rechtsordnung hochhält, wird es schwierig mit § 242 BGB eine Strafbarkeit herzuleiten. Sicherlich wäre es bei so einem groben Missverhältnis aber, mit guter Begründung und unter Erörterung der hier dargestellten Erwägungen, vertretbar einen Betrug anzunehmen. Man müsste dann in die Richtung argumentieren, dass die 1% nur planmäßig zur Strafbarkeitsvermeidung dienen.

Tigerwitsch
5.2.2021, 23:12:20
Welche Strafbarkeit liegt dann hier vor?

Vulpes
6.2.2021, 12:00:11
Ich glaube gar keine.

Eigentum verpflichtet 🏔️
7.2.2021, 23:24:01
So ist es, T hat sich hier nicht strafbar gemacht.
Blotgrim
14.11.2022, 19:31:18
Also ich kann verstehen dass der objektive Betrachter weiß dass durch Spenden auch kosten bestehen. Aber das bei einer 100€ Spende 80€ Kosten entstehen ist für mich jetzt schon abwegig. Gerade wenn man das hochskaliert auf z.B Spenden im Millionenbereich. Wäre hinter diesem Gedanken eine konkludente Täuschung ab einem bestimmten Betrag zumindest vertretbar? Lg

Nora Mommsen
15.11.2022, 11:44:39
Hallo Blotgrim, das Störgefühl kann ich durchaus nachvollziehen, zumal du direkt den wunden Punkt erwischt hast - gerade bei größeren Organisationen machen Abweichungen um wenige Prozentpunkte schon einen Unterschie. Gerichte haben sich bisher nicht auf eine Obergrenze festgelegt, sodass weniger die konkrete Zahl ausschlaggebend ist. Strafrechtlich relevant werden eher die Umstände der Spendenwerbung. Nur daraus kann sich letztlich auch die konkludente Täuschung herleiten. Denn wo keine diesbezügliche (konkludente) Erklärung vorhanden ist, kann nur durch einen anderen Verwaltungkostenanteil keine entstehen. Von daher ist es sehr einzelfallabhängig, wobei insbesondere die Werbung und Umstände der Spende berücksichtigt werden müssen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Diaa
29.8.2023, 18:54:11
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