Öffentliches Recht
VwGO
Normenkontrollverfahren
Fallgruppe 2: Überprüfung untergesetzlicher Normen, sofern Landesrecht dies vorsieht (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 VwGO)
Fallgruppe 2: Überprüfung untergesetzlicher Normen, sofern Landesrecht dies vorsieht (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 VwGO)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die niedersächsische Corona-Verordnung bestimmt, dass in öffentlichen Verkehrsmitteln eine medizinische Maske getragen werden muss. Gundula (G) fühlt sich dadurch unverhältnismäßig in ihrer Freiheit eingeschränkt. Sie klagt deswegen gegen die Verordnung.
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Einordnung des Falls
Fallgruppe 2: Überprüfung untergesetzlicher Normen, sofern Landesrecht dies vorsieht (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 VwGO)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. § 47 VwGO regelt zwei Fälle, in denen die Normenkontrolle statthaft ist.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Bei der Corona-Verordnung handelt es sich um ein formelles Gesetz.
Nein!
3. G wendet sich gegen eine untergesetzliche Regelung in Niedersachsen. Der Normkontrollantrag ist statthaft.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Claudia
26.11.2021, 11:06:25
Ich habe eine Verständnisfrage zur Antragsbefugnis: Muss ich iRd
47 VwGOlieber mit einer Verletzung eines Grundrechts argumentieren oder ist es hier (und im Verwaltungsrecht allgemein?) immer die konkretere Norm, die der Argumentation dient? Woher weiß ich wo im öffentlichen Recht, auf welche Normebene ich mich stützen muss? Bitte um Antwort, das wäre sehr hilfreich!! 🤗🤗
Lukas_Mengestu
26.11.2021, 14:15:15
Liebe Claudia, vielen Dank für Deine Frage! Der
Normenkontrollantragist begründet, wenn er sich gegen den richtigen Antragsgegner richtet und wenn die angegriffene Rechtsnorm gegen höherrangiges formelles oder materielles Recht verstößt. Im Hinblick auf das materielle Recht kommt es dabei zum einen darauf an, dass die
Ermächtigungsgrundlageformell und materiell verfassungskonform ist, als auch dass die Rechtsverordnung selbst mit höherrangigem Recht im Einklang steht. An dieser Stelle kommen nun die Grundrechte ins Spiel. Sofern die Verordnung hiergegen verstößt, kannst Du dies an dieser Stelle anbringen. Bei der Frage, wann Du im übrigen Verwaltungsrecht direkt mit den Grundrechten argumentieren kannst, hilft es sich noch einmal zu vergegenwärtigen, dass Grundrechte in erster Linie ABWEHRrechte gegen den Staat sind. Aus den Grundrechten folgt in der Regel insofern zumeist kein unmittelbarer Anspruch. (Wichtig: Hiervon gibt es natürlich zahlreiche Ausnahmen, zB kann sich aus dem Gleichbehandlungsgebot durchaus ein positiver Anspruch ableiten. Grundrechte vermitteln insoweit zum Teil auch Leistungs- und Mitwirkungsrechte.) Sofern Du Dich also gegen staatliche Maßnahmen verteidigst, kannst Du Dich insofern regelmäßig auf die Grundrechte berufen. So ist die Anfechtungsklage begründet, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Bei staatlichen Eingriffen sind eigentlich immer Grundrechte betroffen. Auch hier startest Du aber mit der Prüfung einer konkreten
Ermächtigungsgrundlagefür das staatliche Handeln. Relevant werden die Grundrechte dan im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung bzw. bei einer etwaigen Ermessensprüfung. Anders liegt die Lage, wenn Du positiv etwas vom Staat willst (Verpflichtungsklage). Der entsprechende Anspruch ergibt sich in der Regel aus einer konkreten Anspruchsorm und nicht unmittelbar aus den Grundrechten. Nur wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm erfüllt sind, kannst Du letztlich den Anspruch geltend machen. Hier kannst Du Dich also nur bedingt auf die Grundrechte berufen. Als GROBE Daumenregel kannst Du Dir für den ersten Zugang also merken, dass bei der Abwehr staatlichen Handelns direkt auf die Grundrechte abgestellt werden kann, während Du bei Ansprüchen diese immer konkret anbinden musst. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Gabs
28.2.2022, 15:39:05
Wäre die entsprechende Regelung für Baden-Württemberg § 4 AGVwGO?
Lukas_Mengestu
1.3.2022, 10:56:53
So ist es, Gabs. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Das_war_Kenny
2.7.2022, 12:34:52
Was wäre die bayrische Landesgesetzliche Regelung, die hinzuzitiert wird?
Nora Mommsen
19.7.2022, 13:57:09
Hallo Das_war_Kenny, in die Aufgabe hatte sich ein Tippfehler eingeschlichen. Richtige Norm wäre Art. 5 BayAGVwGO. Diese sieht die Kontrolle untergesetzlicher Landesnormen durch den Verwaltungsgerichtshof vor. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Afrim
28.11.2023, 21:52:04
Mittlerweile ist es der Art.4 AGVwGO (Jahr 2023)
Julsg
26.5.2023, 18:36:31
Berlin hat inzwischen eine entsprechende Norm erlassen: § 62a Justizgesetz Berlin
Diaa
1.8.2023, 12:18:37
Für Hessen ist es § 15 HessAGVwGO
Bubbles
29.9.2023, 17:31:59
Die Links zu niedersächsischen Normen gehen ins Leere
Faby
4.10.2024, 10:32:30
Immer noch defekt 😢
jeci
16.7.2024, 14:40:06
Hallo liebes Jurafuchsteam, es wäre total hilfreich, wenn ihr an solchen Stellen die Normen der entsprechenden Bundesländer einmal verlinken könntet. Danke! :)