Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2022
Rückforderung von Vorleistungen bei Schwarzgeldabrede (
Rückforderung von Vorleistungen bei Schwarzgeldabrede (
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B erledigt von 2018-2020 Gartenarbeiten für K, wobei B seine Arbeitszeit selbst bestimmt. Eine Vergütung vereinbarten K und B nicht. Anfang 2019 übergab K dem B ohne nähere Zweckbestimmung €50.000. Eine Rechnung wurde nicht ausgestellt und der Betrag nicht versteuert. 2020 verlangt K vor dem LG Rückzahlung der €50.000.
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Einordnung des Falls
Rückforderung von Vorleistungen bei Schwarzgeldabrede (
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 11 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Müsste zunächst der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet sein (§ 13 GVG)?
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Handelt es sich bei der Beziehung von K und B um ein Arbeitsverhältnis, sodass für ihre Streitigkeit abweichend das Arbeitsgericht zuständig ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbGG)?
Nein, das trifft nicht zu!
3. Könnte K ein Anspruch auf Rückforderung aus Leistungskondiktion zustehen (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB)?
Ja!
4. Hat B durch Leistung der K etwas erlangt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB)?
Genau, so ist das!
5. Wäre, sofern zwischen K und B ein Dienstvertrag vorgelegen hat, die Zahlung der €50.000 allerdings aufgrund eines Rechtsgrunds erfolgt?
Ja, in der Tat!
6. Können nur wirksame Verträge einen Rechtsgrund darstellen? Ist der Dienstvertrag jedoch gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 SchwarzArbG unwirksam?
Ja!
7. Liegt ein Rechtsgrund für die Leistung aber deshalb vor, weil bei nichtigen Verträgen ein Vergütungsanspruch gemäß §§ 677, 683 S. 1, 670 i.V.m. 1877 Abs. 3 BGB analog besteht?
Nein, das ist nicht der Fall!
8. Könnte allerdings der Anspruch gemäß § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen sein?
Ja, in der Tat!
9. Findet § 817 S. 2 BGB auf Rückforderungen im Kontext von Verstößen gegen § 1 Abs. 2 SchwarzArbG aber keine Anwendung?
Nein!
10. Schließt § 817 S. 2 BGB hier nicht nur die Rückforderung der für bereits erbrachte Arbeit gezahlten €16.200, sondern auch der restlichen €33.800 aus, für die K keinerlei Gegenleistung erhalten hat?
Genau, so ist das!
11. Steht K aber ein Anspruch aus Zweckverfehlungskondiktion zu (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB)?
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
J L
19.11.2022, 11:37:15
Man konnte die Frage trotzdem beantworten, aber dass die Zahlung aus zwei Teilen bestand, stand nicht im Fall und hat mich persönlich verwirrt.
Lukas_Mengestu
22.11.2022, 15:49:46
Hallo J L, im zugrunde liegenden Fall gab es letztlich nur eine Zahlung iHv 50.000€. Die "unterschiedlichen" Beträge ergeben sich vielmehr daraus, dass ein Teil dieser Zahlung bereits erarbeitet wurde (15.750) und der restliche Teil als Vorauszahlung angesehen wurde (34.250). Zumindest die Vorauszahlung für die es keine Gegenleistung gegeben hatte, sollte B wieder zurückgeben. Der BGH hat die hierauf gerichtete Klage indes abgewiesen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Nico
8.6.2023, 18:21:04
In der Konstellation bleibt der Schwarzarbeit Leistende ja aber bereichert, obwohl er nicht privilegiert werden soll, oder verstehe ich das falsch?
JonasRehder
10.11.2023, 16:48:35
Das stimmt, aber zugleich wird ja wie in der letzten Vertiefung ersichtlich wird, ein steuerrechtlicher Straftatbestand erfüllt, sodass der Dienstnehmer auch nicht unbedingt happy sein wird, wenn du auf die Billigkeit des Ergebnisses anspielst
Amelie
10.4.2024, 00:27:52
Hallo, ich hätte eine Verständnisfrage zu den “Zweck” Begriffen. Eine Leistung ist ja die bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Liegt diese also auch vor, wenn K dem B “ohne nähere Zweckbestimmung” das Geld gibt? Und wenn ja, liegt der Grund darin, dass “zweckgerichtet” hier einfach heißt “zur Erfüllung einer vermeintlichen Verbindlichkeit”? Und was genau ist der Unterschied zu dem “bezweckten Erfolg”/einer Zweckabrede in § 812 I 2 Alt. 2? Was genau ist dies? Danke im Voraus :)
LS2024
2.8.2024, 12:07:40
Könnte man hier noch den § 817 1 BGB prüfen?
Leo Lee
4.8.2024, 16:04:10
Hallo LS2024, vielen Dank für diese SEHR GUTE und wichtige Frage! In der Tat könnte man hier überlegen, 817 1 zu prüfen (eine form der Leistungskondiktion). Allerdings gibt es hier eine Besonderheit; da bei einem Sitten- oder Gesetzesverstoß aufgrund der
Rechtsgrundlosigkeit die „normale“ LK nach 812 greifen wird, bleibt für die Anwendung des 817 1 nur dann ein Raum, wenn bei einem EINSEITIGEN Sittenverstoß etwa (das ist der Fall bei 331 StGB) die Unwirksamkeitsnormen nicht greifen. Bei dem Schwarzarbeitsgesetz ist es allerdings so, dass selbst bei einseitigem Verstoß der Vertrag unwirksam ist, um die effektive Bekämpfung von Schwarzarbeit zu gewährleisten. D.h., hier hätten wir ohnehin schon den 812 – mal ungeachtet des 817 2 – der eingreift, weshalb 817 1 insofern nicht nötig wäre. Allerdings ist es nicht falsch, den 817 1 anzuprüfen; wir würden dir jedoch dann empfehlen, mit kurzer Begründung den TB abzulehnen. I.Ü. kann ich hierzu die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Schwab § 817 Rn. 4 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
LS2024
4.8.2024, 16:43:51
Super @[Leo Lee](213375), danke für deine Antwort :)
CR7
15.8.2024, 21:23:46
Hierzu könnte man das sehr examensrelevante Urteil BGH Urteil vom 15.05.2024 – Az. V ZR 115/22 noch aufarbeiten. Es geht um eine Schwarzgeldabrede beim Grundstückskauf und die Löschung eines Widerspruchs (§
894 BGBanalog)
Foxxy
31.8.2024, 11:45:35
Hallo CR7, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Foxxy, für das Jurafuchs-Team
Rechtsanwalt B. Trüger
8.10.2024, 13:18:09
Das Urteil müsste glaube ich von März sein, also den 15.03.2024 Dennoch wie du sagst sehr examensrelevant!